Nicht das Bildmotiv allein, nicht die Kunst des Bildhauers, nicht die Art der Gestaltung einer Keramik stehen bei der Provenienzforschung im Zentrum. Es ist die Herkunft eines Objekts und dessen Geschichte - die lückenlose Biografie. Um auf die wichtige Recherchearbeit, deren Methoden und Fragestellungen aufmerksam zu machen, gab es am Mittwoch in Würzburg den Tag der Provenienzforschung. Veranstaltet hat ihn der Arbeitskreis Provenienzforschung (Berlin). Jedes Jahr soll er nun am zweiten Mittwoch im April stattfinden.
Im Museum am Dom wurde dieser Forschungsbereich durch kurzweilige Präsentationen vorgestellt. Dazu hatte sich Michael Koller vom Kunstreferat der Diözese Würzburg mit Professor Guido Fackler zusammengetan, dem Leiter der Professur für Museologie an der Universität Würzburg.
Beutekunst in der Kunstsammlung der Diözese?
Christoph Deuter stellte die Depot des Museums beziehungsweise der Diözese vor. Insgesamt sind 11500 Positionen mit 130000 Objekten zu verwalten, umfassender zu inventarisieren und zu bewahren. Ein riesiger Fundus, der nicht mehr wahllos vergrößert werden soll. "Wir werden nicht mehr alles annehmen", so Deuter. Ausschlaggebend sei künftig, was in die christliche Sammlung passen würde.
So gesehen hätten heute die 340 Zeichnungen, Pastelle und Aquarelle des Malers Konstantin Bogajewski, der 1872 auf der Krim geboren wurde, wohl wenig Chancen. Wie seine Werke, auf der "heroische Landschaften" oder "stalinistische Utopien" dargestellt sind, in die Sammlung kamen, ist nicht geklärt, erläuterte der stellvertretende Kunstreferent und Diözesankonservator Wolfgang Schneider. Das Konvolut sei "ein Zufallsfund" im Generalvikariat gewesen. Die Nachforschungen dauern an, ob es sich tatsächlich um Beutekunst handelt. Ein Förderantrag sei gestellt, die Zusage des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste in Magdeburg stehe aber noch aus.
Bereits eine Zusage hat Nora Halfbrodt (Uni Würzburg) - seit einer Woche. Sie forscht zur Geschichte der Würzburger Kunsthandlung Seligsberger. Bei ihr steht im Fokus, was meist mit Provenienzforschung verbunden wird: NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter beziehungsweise geraubtes Eigentum.
Wie kamen die Objekte aus Zypern und Ägypten nach Würzburg?
Mehr die Geschichte der Objekte steht bei zwei anderen Bereichen im Blickpunkt. So erzählte Anna-Sophie Karl von ihrem Promotionsobjekt über zyprische Keramik im universitären Martin von Wagner Museum. Wie kamen die Objekte nach Würzburg? Wo wurden sie angekauft. Waren es Schenkungen? Gezielte Ankäufe? Was bestimmte das Sammlungsverhalten? Was waren die gesellschaftlichen Entwicklungen?
Ähnliche Fragestellungen versucht auch Eva Kurz vom Institut für Ägyptologie näher zu beleuchten. Sie arbeitet die ägyptische Sammlung des Martin von Wagner Museums auf. In ihrem Kurzvortrag stellte sie drei Keramiken aus Abusir vor, die einst als Schenkung der Deutschen Orient-Gesellschaft nach Würzburg kamen.
Diese Fallbeispiele zeigen, dass nicht immer juristische Fragen um Restitutionen, also um die Rückgabe an die einstigen Besitzer und Herkunftsländer für die Provenienzforschung entscheidend sind. Die einzelnen Sammlungen in den Ländern sollen vielmehr "in Kontakt kommen", so Professor Fackler und "auf Augenhöhe miteinander reden". Die Zusammenarbeit sei wichtig.
Am Sonntag, 14. April, lädt das Museum im Kulturspeicher zur Kuratorenführung durch die Ausstellung "Herkunft & Verdacht". Ab 11.15 Uhr erläutert die Provenienzforscherin Beatrix Piezonka die Herkunftsgeschichte von Objekten.