
Am besten nähert man sich der Elbphilharmonie mit dem Schiff. Von einer Barkasse oder einer Elbfähre aus erscheint die Fassade der „Gläsernen Welle“ immer wieder anders, je nachdem, wie sich das Licht und der Himmel in den markant gebogenen Fensterflächen spiegeln: mal dunkel und bedrohlich, wenn graue Wolken über dem Hamburger Hafen aufziehen, mal glitzernd und golden, wenn sich die Sonnenstrahlen in den 1096 Glaselementen des 110 Meter hohen Gebäudes spiegeln. Das Konzerthaus – unten historischer Backstein, oben der moderne Glaswürfel – ist auf einer Landzunge am Eingang der HafenCity errichtet worden.
An diesem Mittwoch wird die Elbphilharmonie – schon jetzt das neue Wahrzeichen der Hansestadt – mit einem Konzert des NDR Elbphilharmonie Orchesters unter Leitung von Chefdirigent Thomas Hengelbrock eröffnet. Das spektakuläre Gebäude der Schweizer Architekten Herzog & de Meuron soll Hamburg in die Liga der zehn besten Konzerthäuser der Welt katapultieren.
Fast zehn Jahre Bauzeit und eine Kostenexplosion um das Zehnfache auf 789 Millionen Euro werden nun verdrängt vom Run auf die Karten und die Eröffnung, zu der sich Bundespräsident Joachim Gauck ebenso angesagt hat wie Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Zum dreiwöchigen Eröffnungsfestival hat sich das „Who is Who“ der Klassikszene angekündigt, von den Wiener Philharmonikern bis zum Chicago Symphony Orchestra, und auch die Experimental-Band Einstürzende Neubauten tritt auf. Fast alle Konzerte sind bereits ausverkauft. Bei den beiden Eröffnungskonzerten werden Stars wie Wiebke Lehmkuhl, Philippe Jaroussky und Bryn Terfel im neuen Musentempel singen.
Für Christoph Lieben-Seutter, seit 2007 Generalintendant der Elbphilharmonie, hat sich das Blatt zugunsten des Hauses gewendet: „Jahrelang war die Elbphilharmonie das Problemkind der Stadt und wir konnten uns vor schlechten Schlagzeilen gar nicht schützen. Jetzt, wo wir kurz vor der Vollendung sind, ist in der Stadt die Begeisterung wieder absolut zu spüren. Und die Kosten sind erstaunlicherweise schon jetzt kaum noch ein Thema“, meint der Österreicher, der zuvor das Konzerthaus in Wien geleitet hat. Schon dreimal, 2010, 2012 und jetzt 2017, hat der 52-Jährige die Eröffnung des Konzerthauses geplant. Der große Saal mit Platz für 2100 Besucher ist ähnlich wie die Konzerthäuser in Berlin und Paris nach dem sogenannten Weinberg-Prinzip gebaut, mit einer Bühne in der Mitte, die von terrassenförmigen Publikumsrängen umgeben ist – sehr hoch und sehr steil.
Aus Schallschutzgründen wurde der 12 500 Tonnen schwere Saal komplett vom restlichen Gebäude entkoppelt: Er ruht auf 362 Stahlfederpaketen – schließlich soll man während des Konzerts nicht das Tuten der „Queen Mary“ hören.
Für die Akustik ist der Japaner Yasuhisa Toyota verantwortlich, der weltweit als einer der besten seines Faches gilt. Für die Elbphilharmonie hat er die „Weiße Haut“ entworfen – 10 000 individuell zugeschnittene Gipsplatten, unterschiedlich in Form und Größe, Gewicht und Oberflächenstruktur, die die Innenverkleidung des großen Saals bilden. Sie sollen den Schall optimal reflektieren. An der Decke hängt ein riesiger Reflektor, der ebenfalls zum perfekten Raumklang beitragen soll.
Thomas Hengelbrock, der mit dem Orchester seit 2. September in der Elbphilharmonie probt, ist begeistert von den Möglichkeiten, die der Saal bietet. Man könne „vom leisesten Pianissimo bis zum stärksten Fortissimo alles wagen“. Zudem würden „alle Instrumentenfarben sehr naturgetreu abgebildet.“ Der Chefdirigent verspricht dem Publikum „ein ganz neues, faszinierendes und auch tief emotionales Musikhören.“
Das wollen derzeit sehr viele erleben. Für die Konzerte des dreiwöchigen „Elphi“-Eröffnungsfestivals haben sich mehr als 200 000 Menschen um 1000 Freikarten beworben – sogar Klassikfans aus der Antarktis wollten dabei sein. Fast alle Konzerte in der ersten Spielzeit bis Ende Juni sind bereits ausverkauft. Die Preise sind moderat: Karten sind ab zehn Euro erhältlich. Einige werden bei Ebay aber auch für mehr als 1000 Euro angeboten. dpa/hele