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WÜRZBURG
Mozartfest: Raus aus dem Kaisersaal, rein in den Club
Raus aus dem Konzertsaal, rein in den Club: Julian Prégardien und Thomas Dunford bei der Premiere der „Lounge Amadé“ des Mozartfests in der Odeon Lounge.
Foto: Patty Varasano | Raus aus dem Konzertsaal, rein in den Club: Julian Prégardien und Thomas Dunford bei der Premiere der „Lounge Amadé“ des Mozartfests in der Odeon Lounge.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:18 Uhr

Es gibt da diesen Design-Klassiker von Charles und Ray Eames, den Lounge Chair. Das ist ein sehr, sehr bequemer Clubsessel. Die „Lounge Amadé“, das neue Format des Mozartsfests, das am Sonntag in der Odeon Lounge Premiere hatte, ist nicht sehr bequem. Musikalisch nicht, was gut ist. Aber auch sonst nicht wirklich, zumindest nicht für diejenigen der 200 Besucher, die keines der spärlichen Sofas oder einen der vermutlich auch nicht sonderlich komfortablen Sitzwürfel ergattert haben.

Die Idee des Abends: Raus aus dem Konzertsaal, raus aus dem herkömmlichen Repertoire. Hin zum jüngeren Publikum, dem es im Kaisersaalmöglicherweise zu elitär und zu alt zugeht, so Intendantin Evelyn Meining.

Das klappt durchaus, neben ein paar Klassikfreunden, die neugierig auf die Abwechslung vom Konzertsaal sind, gibt es durchaus Mozartfest-Neulinge im Publikum – auf Meinings Frage, wer denn das Festival zuvor noch nie besucht habe, gehen einige Arme hoch.

Interessanterweise funktioniert das musikalische Konzept genau andersherum als andere Crossover-Projekte. Der Tenor Julian Prégardien, der Lautenist Thomas Dunford und der Musikwissenschaftler Hansjörg Ewert kleiden ihr Repertoire von Minnesang über Renaissance, Klassik und Pop nicht in neue, sondern in sozusagen alte Kleider. Nur zweimal steuert DJ Blitzer Elektronisches bei, einmal knackige Beats und einmal Loops und Sphärenklänge. Vorherrschend ist das höchst intime Miteinander von Stimme und Laute, das die Lieder von Schubert, Purcell oder Mozart (Kundige mögen auch noch einen Song von Genesis identifiziert haben) in eine homogene Klangwelt irgendwo an der Schwelle zum Barock taucht.

Julian Prégardien, der idealtypische Mozart-Tenor, der vom Fleck weg als Tamino auf die Bühne steigen könnte, und Thomas Dunford, der ebenso sensible wie selbstständige Gefährte an der Laute, machen genau des Gegenteil dessen, was die Discokugel über ihnen suggeriert. Glamour findet hier nicht im Äußerlichen statt, sondern in der Liebe zum Detail und in der Tiefe des Ausdrucks. Sollte diese Strategie der Ernsthaftigkeit und der künstlerischen Redlichkeit tatsächlich neues Publikum ansprechen (und die Anzeichen sprechen dafür), dann wäre das höchst ermutigend.

 
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