Warum ist der Verführer Don Giovanni so erfolgreich? Sind es die dämonischen Kräfte, die ihm die Romantik angedichtet hat? Oder ist es Charme? Die Fähigkeit, den zu Verführenden zu suggerieren, dass sie bei ihm genau das bekommen, was sie sich im Innersten wünschen? Oder ist es schlicht die Musik Mozarts, die ja verführerischer kaum sein könnte?
Der südafrikanische Bariton William Berger hat sich für die Interpretation der Titelrolle in der konzertanten Mozartfest-Aufführung der Oper im Kaisersaal für die Musik entschieden. Was grundsätzlich richtig ist, zumal Berger schlank und prägnant artikuliert. Bei der Zeichnung seiner Figur allerdings gibt er so etwas wie einen selbstgefälligen Gute-Laune-Bär, ein möglicherweise einstmals charismatischer Verführer in seiner Spätphase, wenn man so will.
Das Solistenensemble ist ausnahmslos hochklassig
Mit "Così fan tutte" war dem Mozartfest im Vorjahr ein Coup gelungen: Die fulminante Aufführung "semi stage", also mit szenischen Einlagen, ließ schon nach wenigen Minuten das Fehlen einer Bühne vergessen. Diesmal beherrscht eine Phalanx von Notenpulten die Bühne. Deren Lampen, von den Sängern immer wieder nach unten gedreht, leuchten vor allem ins Publikum.
Das Solistenensemble steht über lange Strecken statisch aufgereiht und singt von Noten. Natürlich ist "Don Giovanni" personalintensiver und von der Handlung her deutlich komplizierter als "Così". Aber ein klein wenig mehr Freiheit müsste drin sein. Ein Großteil des sängerisch ausnahmslos hochklassigen Ensembles schafft es dennoch immer wieder, dramatische Spannung aufzubauen. Hanna Herfurtner (Zerlina) und Lorenzo de Cunzo (Masetto) etwa. Oder Erica Eloff (Donna Anna), Patrick Grahl (Don Ottavio), Andrew Nolen (Komtur) und Francesca Lombardi Mazzulli (Donna Elvira).
Die Paarung Don Giovanni und Leporello will nicht so recht zünden
Doch ausgerechnet die Paarung Don Giovanni und Leporello will nicht so recht zünden. Simon Robinson legt seinen Leporello als unbeholfenen Buffo an, und William Berger – siehe oben. Das wirkt zu eindimensional. Ein wenig mehr Aufsässigkeit beim Diener, ein wenig mehr Draufgängertum beim Verführer hätten da Abhilfe geschaffen.
Die Berliner Lautten Compagney unter der Leitung von Wolfgang Katschner ist vor allem in den dramatischen Passagen stark, die filigranen Teile leiden, bis sie in Reihe 1o ankommen, hin und wieder dann doch unter dem Nachhall. So gilt der stehende Applaus zum Schluss wohl vor allem einem musikalischen Gesamterlebnis, das nicht so sehr große Oper der Gefühle war, sondern ein Fest der schönen Stimmen und eine (weitere) Demonstration des Genies von Wolfgang Amadé Mozart.