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Würzburg
Mozartfest-Ausstellung in Würzburg: Bilder eines unfassbaren Genies
Die Ausstellung zu 100 Jahren Mozartfest Würzburg im Kulturspeicher ist radikal uneinheitlich und scheinbar wild zusammengewürfelt. Und das ist genau ihre Stärke.
Max Slevogts riesiges Gemälde 'Das Champagnerlied (Der weiße d'Andrade)' von 1902 ist eines der Starstücke der Ausstellung (Ausschnitt). 
Foto: Staatsgalerie Stuttgart | Max Slevogts riesiges Gemälde "Das Champagnerlied (Der weiße d'Andrade)" von 1902 ist eines der Starstücke der Ausstellung (Ausschnitt). 
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 12.09.2022 15:21 Uhr
  • Worum geht's? Thema der Ausstellung zum 100-jährigen Bestehen des Mozartfests ist nicht die Geschichte des Festivals, sondern dessen Namensgeber. Sie zeigt, wie die Kunst sich seit fast 250 Jahren mit dem Komponisten und seinem Werk auseinandersetzt, sich von ihm inspirieren lässt, ihn aber auch verklärt.
  • Was ist zu sehen? Originalhandschriften, Gemälde, Zeichnungen, Drucke, Entwürfe für Bühnenbilder, Kostüme und Denkmäler, Skulpturen. Etwa 70 Objekte von 36 Leihgebern aus neun Ländern.
  • Für wen ist diese Ausstellung interessant? Für alle, die Mozart (noch) näher kennenlernen wollen. Nicht so sehr seine Biografie, sondern das, was die Nachwelt mit ihm angestellt hat. Die inhaltlich wie qualitativ unglaublich unterschiedlichen Kunstwerke ermöglichen, sich ein ganz eigenes Mozartbild zusammenzusetzen.
Mozart im Denkertempel: Wettbewerbsentwurf für ein Wiener Mozart-Denkmal
Foto: Dita Vollmond | Mozart im Denkertempel: Wettbewerbsentwurf für ein Wiener Mozart-Denkmal

Zwei Dinge ist diese Jubiläumsausstellung im Würzburger Kulturspeicher nicht: Sie befasst sich nicht mit der 100-jährigen Geschichte des Mozartfests. Die kann man auf dessen Homepage sehr schön auf einem digitalen Zeitstrahl nachvollziehen. Und sie hat der Versuchung widerstanden, die unzähligen Verballhornungen, Verzerrungen, Verniedlichungen und Verflachungen zu thematisieren, denen Figur wie Werk seit nunmehr fast 250 Jahren ausgesetzt sind, von der Nippesfigur bis hin zur Mozartkugel.

Es geht um Verklärung und Vergöttlichung – aber nicht nur

Stattdessen: Das Kuratorentrio Prof. Damian Dombrowski, Prof. Andrea Gottdang und Prof. Ulrich Konrad zeigt mit "Imagine Mozart – Mozartbilder", welch ungeheure Ausstrahlung Wolfgang Amadé Mozart auf die Welt und damit auch auf Künstlerinnen und Künstler hatte und hat.

Ende und Anfang eines Lebens: Henry Nelson O'Neil, 'Die letzten Stunden Mozarts' (um 1849, links) und Louis-Ernest Barrias, 'Mozart als Kind' (späte 1880er Jahre).
Foto: Dita Vollmond | Ende und Anfang eines Lebens: Henry Nelson O'Neil, "Die letzten Stunden Mozarts" (um 1849, links) und Louis-Ernest Barrias, "Mozart als Kind" (späte 1880er Jahre).

Dabei geht es schon auch um Verklärung und sogar Vergöttlichung, wie etwa beim Salzburger Mozartdenkmal von Ludwig Schwanthaler, das hier als Modell zu sehen ist: Mozart auf einer Art Feldherrnhügel, als wolle er gleich seine Dragoner in die Schlacht schicken, womöglich zu den Klängen der "Alla turca". Oder "Mozart am Spinett", umweht und Engeln, angehimmelt von der Göttin der Musik, auf einem fast schon bizarren Gemälde von Anton Romako aus dem Jahr 1877.

Aber die Ausstellung, die unter Pandemiebedingungen als Gemeinschaftsprojekt von Mozartfest, Martin von Wagner Museum und Kulturspeicher entstand, ist weit davon entfernt, sich als Kuriositätenkabinett zu verstehen. Indem gleichberechtigt etwa das einzige authentische Porträt Mozarts, gemalt von dessen Würzburger Schwager Joseph Lange, eine maximal verfremdete Hrdlicka-Bronze oder ein Stich mit den süßen, musizierenden Geschwistern Mozart gezeigt werden, tun sich ungeheure Spannungsfelder auf.

Mozart bunt: Bühnenbildentwurf für die 'Zauberflöte' nach Karel Appel, Amsterdam, 1995
Foto: Dita Vollmond | Mozart bunt: Bühnenbildentwurf für die "Zauberflöte" nach Karel Appel, Amsterdam, 1995

Die Ausstellung verzichtet auch darauf, womöglich gar zu erklären, worin Mozarts Genie bestanden, was seine Ausstrahlung begründet haben mag. Sie nimmt vielmehr all diejenigen ernst, die sich dieser Ausstrahlung aussetzten und es wagten, ihr Werk in deren Zusammenhang zu stellen. Und natürlich entstand dabei auch herausragende Kunst. Max Slevogts riesiges Gemälde "Das Champagnerlied (Der weiße d'Andrade)" etwa, das den Bariton Francisco d'Andrade als Don Giovanni zeigt. Und das, kurioserweise, eine Art Rückkoppelung ausübte: Die Champagner-Arie aus der Oper hat ihren – nachträglichen – Namen von diesem Bild. Im Libretto ist nur von Wein die Rede.

Viele der Ausgestellten haben sich ein Leben lang mit Musik befasst

Wie Slevogt haben sich viele der hier Ausgestellten lebenslang mit Musik beschäftigt: Oskar Kokoschka etwa, der mit einem Bildteppich zur "Zauberflöte" vertreten ist. Oder Paul Klee, dessen "Sängerin der komischen Oper" einen ganz eigenen Witz ausstrahlt. Oder Hannah Höch, deren Tuschezeichnungen wirken wie Klangverbildlichungen, wie man sie gelegentlich auch in Partituren zeitgenössischer Musik sieht. Oder Raoul Dufy, in dessen Gemälden mehr als einmal der Name "Mozart" als Signet für Musik schlechthin auftaucht.

"Imagine Mozart" ist eine Fundgrube, die in all ihrer radikalen Uneinheitlichkeit etwas faszinierend Rundes, Harmonisches ausstrahlt. Vielleicht gibt es ja doch so etwas wie den universellen Geist Mozarts.

"Imagine Mozart – Mozartbilder": Ausstellung zu 100 Jahren Mozartfest Würzburg, bis  11. Juli. Zur Ausstellung erscheinen ein Katalog (Deutscher Kunstverlag, 29 Euro) und eine App für Apple und Android: "Mozart & more".
Öffnungszeiten: Di. 13-18 Uhr, Mi. 11-18 Uhr, Do. 11-19 Uhr, Fr.-So. 11-18 Uhr.
Derzeit nur mit Anmeldung: Tel. (0931) 32225-14 oder kasse.kulturspeicher@stadt.wuerzburg.de  - auch vor Ort ist eine Anmeldung noch möglich, allerdings müsste man warten, wenn kein Zeitfenster mehr frei sein sollte.

 
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