Was von diesem Abend in Erinnerung bleibt? Dass Luise Kinseher nach der Vorstellung im Foyer des Würzburger Bockshorns noch eine ganze Weile dicht umringt von Zuschauern war. Sich fotografieren ließ, Autogramme gab und Mama Bavarias Birnenbrand von der guten Luise aus dem bayerischen Wald feil bot. Dass es während der Vorstellung zum Schrecken der Kabarettistin mal ganz gewaltig krachte, weil sie nach der Pause das Mikro nicht recht angestöpselt hatte und schlecht verkabelt war. Und dass sie schon zu Beginn des Auftritts mit irritierendem Dröhnen und Pochen zu tun hatte. Weil nämlich – wie so oft samstags – ein paar junge Leute am Alten Hafen und direkt vor dem Kulturspeicherkeller mit Bässen, Beat und Berauschendem störend Party machten, bis die Polizei einschritt.
Als bayerische Übermutter unterwegs
Tja. Nun ist es so, dass Luise Kinseher, die 49-jährige Kabarettistin aus dem niederbayerischen Geiselhöring und durch ihre acht Fastenpredigten beim Starkbieranstich am Nockherberg bundesweit bekannt, mit neuem Programm gekommen war. Und dass bei einem neuen Programm ja eigentlich das neue Programm im Ganzen oder Ausschnitten in Erinnerung blieben sollte. Aber . . . nun ja. Es ist halt ein Programm, ihr siebtes. „Mamma Mia Bavaria“ heißt es, verspricht also Bewährtes, denn die Mutter der bajuwarischen Nation spielte Kinseher ja schon 2010 beim Singspiel das erste Mal – und danach derbleckte sie. Bis heuer.
Am Nockherberg „aufghört, weil's nix genutzt hot“
„Aufghört“ habe sie, „weil's nix genutzt hot“, begründet die Mamma Bavaria, dass sie die Politiker beim Starkbieranstich nicht mehr abkanzeln will. Mehr Zeit für ihre Kinder, also das (Kabarettpublikums-)Volk, habe sie haben wollen. „I hob ja noch nicht gewusst, dass es noch schlimmer wird“, legt Kinseher los und macht sich über den „Hubsi“ lustig, die „neue Nervensäge mit dem Beinamen Opfelsoft“. Aber, ha, da lacht die Mama Bavaria laut auf: „Des gönn' ich ihm, dem Söder.“ Und die Grünen bekommen bekommen auch eins mit. Das seien ja längst alles Spitzenverdiener und Angst vor der Energiewende hätten sie ja bloß nicht, weil sie wüssten: „Wenn's eng wird, kommt die Katharina Schulze ins Hamsterrad – mit der Energie kannst Du ganz Bayern beleuchten.“ SPD? „Zu der sag' ich nix, aus Rücksicht.“
Ingwer im Schweinsbraten ist fast schon Tradition
Aber das war's dann auch schon mit dem Schelten wie zu schönsten Predigerzeiten. Den Rest des Abends kümmert sich Mamma Bavaria um die Frage, warum das Essiggürkerl so unglücklich ist, zieht über die Zicke Europa her, prophezeit, dass der Ingwer im Schweinsbraten in Kürze bayerische Tradition wird, philosophiert über die Nähe der Kirche zu den Wirtshäusern, merkt an, dass Heimat in München „die Erinnerung an eine bezahlbare Drei-Zimmer-Wohnung“ bedeutet und dort in den Kitas „die Kinder schon Teppiche knüpfen, um ein bisserl dazuzuverdienen“. Dann unterhält sich Mamma Bavaria noch mit einem Paar aus Wasserburg in der ersten Reihe. Schmettert eine Oper. Und juchzt.
Was bleibt von diesem Abend und dem neuen Programm also in Erinnerung? Auf jeden Fall ein schöner Satz, auch wenn den bei der Zugabe die andere Kinseher-Figur, die abgehalftert-beschwipste „Famous Mary von Bavary“ sagt: „Weißwurst ist ein wunderbarer Tofu-Ersatz, wenn man kein Vegetarier ist.“