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Würzburg
Kosma Ranuer als Rigoletto: Alles andere als zweite Wahl
Der schwedische Bariton singt am Mainfranken Theater im Wechsel mit dem umjubelten Federico Longhi die Titelrolle der Verdi-Oper. Keine leichte Aufgabe, aber sie gelingt.
Der zynische Hofnarr wir zum Opfer seiner eigenen Gemeinheit: Kosma Ranuer als Rigoletto am Mainfranken Theater.
Foto: Thomas Obermeier | Der zynische Hofnarr wir zum Opfer seiner eigenen Gemeinheit: Kosma Ranuer als Rigoletto am Mainfranken Theater.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 07.04.2020 10:55 Uhr

Keine leichte Aufgabe: Kosma Ranuer, schwedischer Bariton im Ensemble des Mainfranken Theaters, singt den Rigoletto – und zwar als Zweitbesetzung für den umjubelten italienischen Kollegen Federico Longhi. Longhi ist ein idealer Rigoletto mit großer Erfahrung und gewaltiger Ausstrahlung.  Für Ranuer ist es ein Rollendebüt. So viel sei vorweg gesagt: Kosma Ranuer entledigt sich der Aufgabe mit Bravour.

Singt Longhi in Würzburg die Titelrolle der Verdi-Oper, übernimmt Ranuer die Partie des Monterone, ist Longhi abwesend, rückt Ranuer auf, und Daniel Fiolka singt den Monterone. Ranuer hatte schon als Gunther in der "Götterdämmerung" mehr als angedeutet, dass er über bemerkenswerte darstellerische Möglichkeiten verfügt. Und auch als wutentbrannter Monterone, dessen Fluch Rigoletto ins Mark trifft, hat er in Intendant Markus Trabuschs Inzenierung, die am 12. Oktober Premiere hatte, beeindruckt. 

Der Hofnarr und seine über alles geliebte Tochter Gilda: Kosma Ranuer und Akiho Tsujii.
Foto: Thomas Obermeier | Der Hofnarr und seine über alles geliebte Tochter Gilda: Kosma Ranuer und Akiho Tsujii.

Sängerisch ist Kosma Ranuer der höchst anspruchsvollen Rolle ganz und gar gewachsen. Sein frei schwingender Bariton – etwas leichter und heller als der von Longhi – ist von schöner Klarheit, seine Phrasierungen natürlich und plastisch. Dass er ein-, zweimal klanglich etwas ungünstig steht, leider auch zu Beginn seiner wichtigsten Szene "Cortigiani, vil razza dannata!", ist nicht seine Schuld.

Bei Trabusch ist Rigoletto von Anfang an ein gebrochener Mann

Nun bleibt die Inszenierung natürlich dieselbe, und doch entsteht durch den Wechsel in der Titelrolle eine leicht andere Konstellation. Kosma Ranuer ist ein weniger draufgängerischer, fast nachdenklicher Narr am Hofe des Herzogs von Mantua. Wo Longhi den offensiven Zyniker gibt, der seine Abneigung gegen die dekadente Partygesellschaft mit auftrumpfender Kaltschnäuzigkeit überspielt, umweht Ranuers Rigoletto eine Sensibilität, die die Schicksalschläge, die ihn ob seiner katastrophalen Fehlentscheidungen ereilen werden, umso vernichtender machen.

Auch das passt zu Trabuschs Deutung: Bei ihm ist Rigoletto von Anfang an ein gebrochener Mann, der seinen Job nur mit einer Selbstüberwindung ausübt, die ihre Kraft aus der Verachtung für die Opfer seiner derben Scherze bezieht. Kosma Ranuer ist ein von Anfang an verletzlicherer Hofnarr, für den Zuschauer – etwa der nahezu ausverkauften Vorstellung am Freitag – wird er so ein bisschen mehr zur Identifikationsfigur.

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Akiho Tsujii spielt und singt Rigolettos Tochter Gilda weiterhin hinreißend. Sie ist eine Meisterin der langen Bögen, man muss sich schon sehr konzentrieren, um mitzubekommen, dass auch sie überhaupt je Atem holen muss. Je nach Belieben liefert sie ihre lupenreinen Spitzentöne in jeder Farbe und jeder Dynamik ab und bleibt dabei die vermeintlich zerbrechliche, leicht zu beeindruckende junge Frau, die sich tragischerweise in den zwanghaft schürzenjägerischen Herzog verliebt. Es gibt ein paar Momente, in denen der Zuschauer – wieder besseres Wissen – geneigt ist, dem Herzog abzukaufen, dass er diese Gefühle tatsächlich erwidert. Dass Gilda für ihn vielleicht sogar die Rettung aus der Dauerspirale seiner Sexsucht sein könnte. 

Roberto Ortiz strahlt als extrem attraktiver Herzog immer mehr mühelose Meisterschaft aus

Allein, das Libretto will es anders, da hilft es nichts, das Roberto Ortiz als extrem attraktiver Herzog von Vorstellung zu Vorstellung mehr Sprezzatura (etwa: mühelose Meisterschaft) ausstrahlt. Es ist ein großer Genuss, den Widerstreit aus Überdruss und Trieb, ergänzt um das gelegentliche Aufflammen echter Emotion, zu erleben.

Gábor Hontvári, neuer Erster Kapellmeister, leitet engagiert und mit Übersicht ein seinerseits engagiertes Philharmonisches Orchester, allerdings scheint das Ensemble auf der Bühne straffere Übergänge, vielleicht auch straffere Tempi gewohnt zu sein, jedenfalls kommt der ein oder andere Anschluss aus dem Graben einen Hauch zu spät.

Weitere Vorstellungen: Kosma Ranuer singt die Titelrolle des Rigoletto am 6., 11. und 18. Dezember, Federico Longhi am 22. (15 Uhr) und 25. Dezember und 6. und 28. Februar. Beginn, wenn nicht anders angegeben, 19.30 Uhr. Karten: Tel. (09 31) 39 08-124 oder karten@mainfrankentheater.de

 
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