Das Mozartfest feierte heuer sein 100-jährigen Bestehen. Da passte es gut, dass beim Abschlusskonzert das Moka Efti Orchestra das Lebensgefühl jener Zeit opulent auf der Bühne im Vogel Convention Center präsentierte. Von "klingender Zeitgeschichte" sprach Intendantin Evelyn Meining.
Das 14-köpfige Ensemble um die Komponisten Nikko Weidemann und Mario Kamien sowie den Saxofonisten und Arrangeur Sebastian Borkowski fand sich primär zusammen, um die erfolgreiche Fernsehserie "Babylon Berlin" musikalisch zu produzieren – vom Titelsong "Zu Asche, zu Staub" bis zu den Tanznächten in der Serie stammt alle Musik aus ihrer Feder. Die Serie spielt im Berlin der Weimarer Republik, ist historisch inspiriert und das legendäre Tanzhaus und Café Moka Efti hat darin eine zentrale Rolle inne. 1926 gegründet, entwickelte es sich zu einem gigantischen Vergnügungskomplex, in dem die Besucher sich im Vergessen übten.
Lieder mit Schwere und Dramatik
Es waren nämlich nicht nur "die Goldenen 20er", sondern auch die ersten Jahre einer hart auf die Probe gestellten Demokratie, verbunden mit viel Elend für den Großteil der Bevölkerung. Die dennoch alles überlagernde Aufbruchsstimmung mit ihren zahlreichen Facetten möchte das Moka Efti Orchestra nicht etwa in möglichst historischer Korrektheit abbilden, sondern ins Heute übertragen: Tänze wie Ragtime, Charleston und Tango, Swing und Foxtrott spielen dabei ebenso eine Rolle wie Balladen und Instrumentals, die an High Energy Jazz oder gar Funk erinnern. Die Sängerin und Schauspielerin Severija Janušauskaite trägt mit ihrer unvergleichlich dunklen und rauchigen Stimme dazu bei, Schwere und Dramatik in die Lieder zu bringen.
Für die "kleine Big Band" war es das erste Konzert seit neun Monaten und die Freude, wieder spielen zu dürfen, setzte knisternde Energie frei. Knackige Synkopen und Lichteffekte ließen das Tanzhaus auferstehen und freche Melodien wie das Instrumental "Chip chip chap" oder der "Fatalist-Tango" zeugten von der Kreativität der Komponisten. Die Soli der Streicher waren schillernd und witzig, die der Trompeten, Posaunen und Klarinette ebenso. Ein fulminantes Schlagzeug-Solo bildete kurz vor Schluss einen letzten Höhepunkt des Konzertes.
Nachtmusik als Pfeifkonzert
Mit Hommagen an die Komponisten Lincke, Holländer, Brecht und Weill zog Berliner Musikgeschichte in den Konzertabend ein. Und sogar Mozart wurde eine kurze Einlage gewidmet: Als Pfeifkonzert war die "Kleine Nachtmusik" ein würdiges Präludium für ein Lincke-Stück. Der verruchteste Moment war wohl ein russischer Song mit der Sängerin Severija – hier kam Nachtclub-Feeling pur auf.