
Das Wort "Nachhaltigkeit" klingt neumodisch, ganz neu ist es aber nicht. Zum ersten Mal taucht es 1713 in Leipzig auf – in einem Schriftstück über Forstwirtschaft. Ein Hans Carl von Carlowitz definiert darin Grundsätze, wie man dauerhaft ausreichende Mengen Holz für den Bau von Silberminen zur Verfügung haben kann.
Zu erfahren ist diese historische Tatsache im neuen Programmbuch der Tauberphilharmonie Weikersheim für die Saison 2021/22. Elisa Heiligers, zuständig für Kommunikation, hat sie als Einstieg gewählt für ihren Beitrag unter der Überschrift "Von Silberminen zum modernen Konzerthaus". Sie skizziert darin, wie das fünfköpfige Team sich dem Thema "nachhaltige Kultur" angenähert und wie es daraus ein Zukunftskonzept entwickelt hat.
Museen sind durchaus ernstzunehmende CO2-Produzenten
Das Thema Nachhaltigkeit hat im Zusammenhang mit Kultur in der öffentlichen Diskussion bislang keine allzu große Rolle gespielt. Dabei sind etwa Museen wegen ihrer eigenen klimatischen Bedürfnisse, wegen der Transporte von Ausstellungsstücken und nicht zuletzt wegen der Anfahrtswege der Besucherinnen und Besucher durchaus ernstzunehmende CO2-Produzenten. Nicht umsonst hat Kulturstaatsministerin Monika Grütters inzwischen den Leitsatz "Museen müssen nachhaltiger werden" ausgegeben.

Aber auch andere Kultureinrichtungen und -institutionen fangen an, sich mit dem Thema Klimaschutz auseinanderzusetzen. So hat sich im März das "Würzburger Bündnis KlimaKultur" konstituiert, mit dem Ziel klimagerechte Kulturarbeit offensiver und vor allem gemeinsam und strategisch anzugehen.
Die Weikerskeimer haben den Lockdown genutzt, um so ehrlich wie möglich zu ermitteln, wieviel CO2-Ausstoß ihre Veranstaltungen generieren. Vor allem: In welchen Bereichen die meisten Emissionen anfallen. Das ist, wenig überraschend, der Bereich Mobilität mit 70 Prozent. Also An- und Abreisen von Publikum und Künstlerinnen und Künstlern. Mit 15 Prozent schlagen die Übernachtungen zu Buche, mit 10 Prozent das Catering und mit nur 5 Prozent Energie, Klima, Wasser und Abfall.
Das Programmbuch ist mineralölfrei gedruckt und CO2-neutral produziert
Der letzte Posten fällt so klein aus, weil das 2019 eröffnete Konzerthaus nach neuesten ökologischen Erkenntnissen gebaut ist: Die Lüftungs- und Heizungsanlage wird mit Erdwärme betrieben, der Große Saal ist mehrschichtig umhüllt. Was noch an Strom benötigt wird, kommt aus nachhaltigen Quellen.
Was macht die Tauberphilharmonie mit diesen Zahlen? Das Team hat die ökologischen Kosten für jedes Konzert der Spielzeit 2021/2022 berechnet und den Gesamtbetrag auf jeden Sitzplatz pro Konzert umgelegt. Bei jeder Eintrittskarte ist also nun im Preis ein CO2-Ausgleich einkalkuliert. Er deckt einerseits die Mehrkosten, die zum Beispiel das Programmbuch verursacht, das mineralölfrei gedruckt und CO2-neutral produziert ist. Nicht vermeidbare Emissionen werden schließlich mit Zuwendungen an die gemeinnützige Klimaschutzorganisation atmosfair kompensiert, die Ausgleichsmaßnahmen in Deutschland und in Entwicklungsländern fördert.

Intendant Johannes Mnich und sein Team fassen den Begriff Nachhaltigkeit aber noch weiter. Es gehe immer um einen direkten Bezug zur Region und eine echte Beziehung zum Publikum. So soll die neue Reihe "Nah dran" neue Konzerterlebnisse ermöglichen: Besucherinnen und Besucher sitzen nicht steif aufgereiht im Saal, sondern zwanglos an Zweier- und Dreiertischen.
Ähnliches gilt für die gastierenden Künstlerinnen und Künstler: "Wir wollen für sie nicht nur Durchlaufstation sein. Wir zeigen ihnen die Region, wir fragen sie nach ihrem Lieblingskuchen. Und den backen wir dann für sie." Dazu gibt es noch ein Glas Honig aus eigenen Bienenstöcken, die gestaltet sind wie kleine Tauberphilharmonien. "Wir nennen ihn Philharmonig", sagt Mnich.