
Die ganze Palette menschlicher Gefühle schwebte beim Liederabend, dem Sonderkonzert des Kissinger Sommers, durch den Max-Littmann-Saal des Regentenbaus in Bad Kissingen. Das Publikum verdankte der Sopranistin Diana Damrau und dem Harfenisten Xavier de Maistre wahre Gänsehaut-Momente. Es war, als würden die beiden Künstler Geschichten erzählen: Geschichten voller Magie und Melancholie, Trauer und Überschwang, von Liebe, Leidenschaft und drängender Not.
Die Worte musste man gar nicht verstehen. Man konnte erspüren, was da in Deutsch, Russisch oder Französisch in Melodie gefasst worden war. Fast atmosphärisch fügten sich Stimme und Instrument ineinander. Sensibel artikulierte die Sängerin, scheinbar schwerelos ließ sie sich von den sanften, doch mitreißenden Harfenklängen tragen. Es waren Lieder von Felix Mendelssohn, Sergei Rachmaninow, Alexander Vladimir Vlasov, Reynaldo Hahn und Francis Poulenc, die man hierzulande nicht allzu häufig hört.
Atemberaubend virtuos
Jedes Lied war ein spannendes Kleinod, das die Stimmführung des silberhellen, geschmeidigen Soprans von Diana Damrau zu Gehör brachte, die jede Pianissimo-Stelle ebenso mühelos wie ein Forte gestaltete. Und das in faszinierendem Einklang mit dem technisch meisterhaften Instrumentalisten Xavier de Maistre. In zwei Solostücken - „Le Rossignol“ (Nachtigall) und „Légende“ (von Henriette Renié) - trumpfte er mit bravourösen Läufen auf, berührte mit atemberaubender Virtuosität und zeigte, was mit seinem Instrument alles möglich ist.
Der Abend begann mit fünf Liedern von Felix Mendelssohn. In dem romantischen „Auf den Flügeln des Gesangs“ zeigte die Sängerin ihre emotionale Verbundenheit mit dem Text von Heinrich Heine, in dem die „Veilchen kichern und kosen“. Das Publikum erlebte in „Der Mond“ das innige Flehen eines aufgewühlten Herzens („..und sieh, dies ungestüme Herz wird stille“) und in Friedrich Schillers Text „Des Mädchens Klage“ („Das Herz ist gestorben. Die Welt ist leer“) die Dramatik des Liebeskummers.
Jubelnder Applaus des Publikums
Russische Melancholie und Schwermut zogen sich durch die Lieder von Sergei Rachmaninow und Alexander Vladimir Vlasov. Die Damrau malte, ohne jemals einen Blick auf ihre Noten zu werfen, farbige Szenen aus der Natur, füllte den Saal mit Klängen, die direkt aus der russischen Seele zu kommen schienen. Den Werken von Reynaldo Hahn mangelte es ebenfalls nicht an Empfindsamkeit, getragen von heiterer Leichtigkeit und der Sängerin auf den Leib geschrieben, die kokett juchzend ("Fêtes galantes“), mit geschlossenen Augen („Nocturne“) oder schwärmerisch und getragen („L’Énamourée) Fest-, Nacht- und Liebesgeschichten erzählte. Nach drei Zugaben verabschiedete sich ein charmantes, hochkarätiges Künstlerpaar unter dem jubelnden Applaus des Publikums.