
Da hat man sich gerade erst so pflichtbewusst den Fachbegriff „Homeoffice“ angewöhnt, schon stellt sich heraus: Auch dieses Wort ist bloß wieder nur so eine alberne deutsche Marotte, ganz ähnlich wie das „Handy“. Wenigstens wissen wir jetzt, warum der Londoner Geschäftspartner bei Videokonferenzen immer so irritiert schien, wenn wir von unserem neuen Arbeitsplatz erzählten. Aha, der Kollege aus dem Schwarzwald sitzt also ab heute im Innenministerium? Donnerwetter!
Wer in Großbritannien pandemiebedingt von zu Hause arbeitet, der arbeitet eben von zu Hause. „From home“, sagt der Brite. Eigentlich ganz einfach.
Unsere neueste Wortkreation dagegen fügt sich in eine ganze Reihe unrühmlicher Versuche ein, auf Deutsch irgendwie Englisch zu klingen und damit international. „Scheinanglizismen“ nennt das der Fachmann. Man staunt bisweilen, welche Begriffe sich noch auf dieser Liste finden lassen. Im Folgenden eine kleine Auswahl:
Bodybag

Was sich bei uns so mancher zum Wandern um den Körper schnallt, nennt sich im Ausland „Messenger Bag“. Das hört sich auch deshalb vernünftig an, weil dieses Behältnis vor allem für Kurierdienste geeignet ist. Wer sich in einem US-amerikanischen oder britischen Sportartikelladen hingegen nach einem möglichst günstigen Bodybag erkundigt, darf sich nicht wundern, wenn bald die Polizei vor der Tür steht. Denn zu welchem Zweck braucht man schon einen Leichensack?
Public Viewing

Statt zu Tausenden dicht gedrängt vor Videoleinwänden, haben wir den Kickern bei der diesjährigen Fußball-Europameisterschaft ja meist am heimischen Fernseher zugejubelt – sofern es was zu jubeln gab. Vielleicht war das auch besser so, denkt man doch bei „Public Viewing“ andernorts vor allem an eine öffentliche Leichenschau. Daran ändert auch ein Sprachwissenschaftler nichts, der vor Jahren behauptete, diese Bedeutungsvariante sei nur eine von vielen. Das stimmt zwar in der Theorie. Wie die Praxis aussieht, lässt sich allerdings inzwischen sehr leicht ermitteln – auf englischsprachigen Suchmaschinen. Siehe da: Die allermeisten Treffer gelten tatsächlich Trauerfeiern.
Oldtimer

So ein schönes, britisches Wort! Beim Aussprechen hört man geradezu den Rolls-Royce der Queen heranknattern. Und doch, auch hier handelt es sich wieder um eine deutsche Erfindung. Denn im Englischen hat so ein Oldtimer zwei Beine statt vier Räder, man versteht darunter Herrschaften gesetzteren Alters, vor allem Veteranen. Nun ist es natürlich so: Was mit dem Label „Made in Germany“ erfunden wird, findet früher oder später auch den Weg über die Grenze. Und so taucht in manchem englischen Nachschlagewerk inzwischen der Eintrag auf: „Anderes Wort für ‚Vintage Car’.“
Showmaster

Deutscher geht’s nimmer, selbst die Unterhaltungskunst bedarf hierzulande eines Meisterbriefs. Wo kämen wir auch hin, wenn sich einfach irgendwer vors Publikum stellt und Witze reißt, so ganz ohne Tüv-Abnahme und staatlich anerkannten Abschluss? Im angelsächsischen Sprachraum ist man deutlich entspannter: Es genügt, einfach nur „Host“ zu sein – ein Gastgeber also.
Beamer

Ein schönes Beispiel für die Bedeutung des sogenannten generischen Maskulinums in unserer Sprache. Von einem Beamer weiß man nämlich im Englischen nichts, geläufig sind lediglich das Substantiv „Beam“ als Bezeichnung für einen Lichtstrahl sowie das Verb „to beam“ (etwas ausstrahlen). Wer auch immer geglaubt hat, aus diesen Begriffen etwas Denglisches zusammenschrauben zu müssen: Er hat instinktiv verstanden, dass es als etwas Belebtes bezeichnet werden sollte. Schließlich soll das Ding ja nicht nur herumstehen, sondern aktiv beim Vortragen helfen. Das tut es außerhalb unseres Sprachraums übrigens auch. Bloß nennt es sich dort „Video Projector“.
WLAN

„Local Area Network“ nennt man die Vernetzung mehrerer Computer auf begrenztem Raum. Kommt die Vokabel „Wireless“ hinzu, wird also leicht ersichtlich: Das Ganze findet ohne Kabel statt. „WLAN“ ist in Deutschland so selbstverständlich geworden, dass es in manchen Betrieben zum – Achtung, echter Anglizismus! – Running Gag geworden ist, Auszubildende damit hereinzulegen. „Hole doch bitte mal aus der IT-Abteilung ein WLAN-Kabel!“, lautet dann der Auftrag. In anderen Regionen der Welt würde der Lehrling zwar auch brav losziehen – aber nicht aus Gedankenlosigkeit, sondern Unwissenheit. WLAN? Was soll das sein? Ein anderes Wort für „Free Wi-Fi“? Ach so! Tatsächlich gilt in der britischen und US-amerikanischen Öffentlichkeit der Markenname eines Firmenkonsortiums („Wi-Fi“) in Sachen kabelloses Internet als Maß aller Dinge.