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Haßfurt
Kommentar: Wie die Politik die Wirte beim Thema Public Viewing hängen lässt
Das Gesundheitsministerium hat es verpasst, für die Übertragung der Fußball-Europameisterschaft eindeutige Regeln aufzustellen. Leidtragende sind vor allem die Gastronomen.
Rauschende Feste feierten die Haßbergler in den vergangenen Jahren, wenn die Fußballnationalmannschaft bei großen Turnieren antrat. Bilder wie dieses von der WM 2014 wird es bei der an diesem Wochenende startenden Europameisterschaft nicht geben. Public Viewing von solchem Ausmaß ist verboten.
Foto: René Ruprecht | Rauschende Feste feierten die Haßbergler in den vergangenen Jahren, wenn die Fußballnationalmannschaft bei großen Turnieren antrat.
Markus Erhard
Markus Erhard
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:15 Uhr

Endlich wieder Fußball, endlich wieder ein großes Turnier: Die Europameisterschaft beginnt an diesem Wochenende. Millionen von Fußballfans freuen sich darauf. Doch bei den Gastronomen ist die Stimmung getrübt. Denn der Branche, die seit Monaten kaum nennenswerte Umsätze generieren konnte, geht nun ein weiteres einträgliches Geschäft flöten. Weil Public Viewing, das Verfolgen der Spiele in Gesellschaft, wegen der Pandemie hierzulande nicht stattfinden wird.

Oder vielleicht doch? Anfang der Woche zeigte sich bei einer Umfrage dieser Redaktion große Unsicherheit darüber, was denn nun erlaubt ist und was nicht. Das Gesundheitsministerium schwieg sich über das Thema zunächst aus. Das Landratsamt Haßberge hielt sich zurück und verwies auf die Kommunen als zuständige Behörde. Bürgermeister wie Bernhard Ruß aus Sand sahen sich in der Zwickmühle, denn welcher Rathauschef steht schon gerne als Spielverderber da, wenn er ein solches Event verbietet? Genauso wenig will sich eine Verwaltung freilich im schlimmsten Fall den Schuh anziehen, ein Superspreader-Ereignis genehmigt zu haben.

Ein Fernsehgerät im Hintergrund

Auf Nachfrage erklärte das Ministerium dann doch, Public Viewing sei verboten. Aber: Es spreche nichts dagegen, wenn "ein Fernseher im Hintergrund" laufe, solange der Verzehr von Speisen und Getränken den Hauptzweck des Besuchs darstelle. Eine Aussage, die viel Raum für Interpretationen lässt, den Wirten keine Rechtssicherheit gibt und dem geneigten Fußballfan den Biergartenbesuch zumindest für die Dauer der Fußballspiele madig macht. 

Worum sollte es der Politik gehen?

Man stelle sich vor: Der Schiedsrichter pfeift beim Stand von 0:0 in der 90. Minute des Endspiels einen Elfmeter für Deutschland. Hält es da die Fußballfans noch auf ihren ausgewiesenen Sitzplätzen, vielleicht 100 Meter entfernt von einem Fernseher? Oder versammeln sich die in Schwarz, Rot und Gold bemalten Zeitgenossen nicht eher vor dem kleinen, rechteckigen Kasten, dicht an dicht gedrängt? Corona-Abstandsregeln wären da schnell vergessen, das Gegenteil von dem erreicht, worum es den Verantwortlichen in der Politik gehen müsste: der Schutz der Gesundheit aller Bürger.

Leinwände wären die Lösung

Abhilfe schaffen würden großflächige Leinwände für die Übertragung, die auch aus großer Distanz einen genauen Blick auf das Geschehen im Fußballstadion ermöglichen. Doch die werden in den Vorgaben des Ministeriums nicht erwähnt. Sind sie verboten oder geduldet? Macht sich ein Veranstalter strafbar, wenn er eine solche Großbildleinwand aufstellt? Das wird kaum ein Wirt riskieren wollen.

Es ist eine schwache Leistung, dass es das Gesundheitsministerium nicht geschafft hat, hierzu eindeutige und unmissverständliche Regeln aufzustellen. Denn Politik muss Klarheit schaffen anstatt zu verunsichern - auch auf die Gefahr hin, mit unliebsamen Entscheidungen beim Bürger anzuecken. Das wäre in jedem Fall das kleinere Übel.

 
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