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WÜRZBURG
Herr Yanar, was ist deutsch?
Ulrike Wolk
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:16 Uhr

Dass er die ersten 40 Jahre seines Lebens in Deutschland verbracht hat, änderte laut Kaya Yanar nichts daran, wie er gesehen wurde: als Türke. Bis er vor ein paar Jahren, der Liebe wegen, in die Schweiz zog. Jetzt, so der Comedian, ist er für seine Mitmenschen plötzlich der Deutsche. Ein ganz neuer Blickwinkel, der für sein neues Programm „Planet Deutschland“ ausgesprochen ergiebig ist.

Mit diesem, bereits achten, Bühnenprogramm füllte Yanar am Donnerstag die Posthalle mit begeisterten Fans. Bekannt wurde Kaya Yanar Anfang der 2000er mit seiner TV-Show „Was guckst du?“, in der er Moderator sowie Darsteller sämtlicher Hauptrollen in einer Person war: der Latin Lover, der typische Deutsche, der türkische Türsteher Hakan, der Inder Ranjid – allesamt Publikumslieblinge.

Wenn Yanar Klischees verwurstet, dann tut er das mit Gusto, aber auch mit Sympathie und ansteckendem Humor. In „Planet Deutschland“ hat von den beliebten Alter Egos allerdings nur Hakan einen Kurzauftritt, ansonsten bleibt Kaya Yanar für den Rest des Abends einfach er selbst.

Zu erzählen hat er allemal genug: Vom Leben in Deutschland und der Schweiz, von seinen Katzen, dem Leben auf Tour, dem Autofahren... Mit dem Mundwerk stets auf der Überholspur und dem Humor im fünften Gang landet Yanar einen Lacher nach dem anderen. Immer dabei: die Liebe zu Sprachen und Dialekten und die Eigenheit, die er sein „Spiegelreflexsyndrom“ nennt, nämlich der unwiderstehliche Drang, Leute nachzuahmen.

Mit all dem macht sich der gebürtige Frankfurter an die Frage, die ihm, seit er in der Schweiz wohnt, öfter gestellt wird: Herr Yanar, was ist typisch deutsch? Goethe schon mal nicht, denn der hatte (dem Kulturhistoriker Werner Ulrich Deetjen zufolge) türkische Vorfahren. Das gibt der Comedian amüsiert zum Besten und parodiert gleichzeitig die erstaunten und ungläubigen Blicke des Publikums. Was ist dann typisch deutsch, außer Fahren ohne Tempolimit? Tierliebe vielleicht. Zu den Haustieren und zu denen auf dem Teller. Die Arche Noah hätte, so die Überzeugung des Vegetariers, nichts gebracht, wenn Deutsche an Bord gewesen wären.

In Deutschland wird Yanar eher zu den Entwicklungen in der Türkei befragt, wo er sich „ja auch leidlich“ auskennt. Auch zum Thema Böhmermann-Gedicht und den Grenzen der Satire sei er mal befragt worden. Und ob es in der Türkei keine guten Satiriker gebe. Doch, so die knappe Antwort: im Gefängnis. Es gibt Stellen, wo klar wird, dass Yanar das Rüstzeug zum Satiriker hat: einen klaren Blick auf die Welt und das, was darin nicht stimmt. Vor allem aber will er unterhalten, und das gelingt ihm mühelos. Denn „Deutschland hat Humor, man muss nur schauen, wo.“ Kaya Yanar schaut hin und wird fündig.

 
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