
„Dänz to se mjusik. Dänz. Dänz. Dänz to se mjusik.“ Gitarrist, Bassist und Schlagzeuger haben ihr feines Spiel begonnen, und vorne am Mikro tanzt der Mann, wegen dem der Saal ausverkauft ist, also zur Musik. „Dänz. Dänz. Dänz to se mjusik“. Das Tanzen muss man sich als eine Mischung aus eleganten Posen und eckiger Seniorengymnastik vorstellen. Und dabei wird bizarr der Körper bewegt. „Muuf jor badi. Muff jor badi.“
Dann greift der Mann am Mikro nach der Rassel und rasselt ein bisschen. Hält sich die Nase zu und quietscht ein bisschen. Setzt sich an die elektronische Orgel und orgelt ein bisschen. Jubel und Applaus im Saal. „Herzlichen Dank, das war’s für heute.“
Wer Helge Schneider schon mal erlebt hat – und die allermeisten an diesem Dienstagabend im Würzburger Congress Centrum werden ihn schon mal erlebthaben – weiß, dass es jetzt gut zwei Stunden netto so weiter geht. Bisschen absurd bewegen. Im aufgebauten Arsenal, das einer halben Musikalienhandlung nahe kommt, ein neues Instrument hervorkramen. Das eine oder andere „schöne Lied“ spielen. Und komisches Zeug erzählen. Erst sinnfreier Blödsinn, dann wunderbarer Jazz - immer im Wechsel und manchmal gemischt. Wer Helge Schneider noch nie auf der Bühne gesehen hat – der geht entweder verstört, verärgert oder fassungslos in der Pause. Oder ist neuer Fan.
Spekulatius, Pfefferminztee, Geschirrspültabs. Textlich bewegt sich der 63-Jährige aus dem Ruhrgebiet, Berufsbezeichnung Unterhaltungskünstler, auf dem Niveau eines Einkaufszettels. Halt, Einspruch: Der Meister des Abstrusen wird hochaktuell politisch: „Wir sind übrigens mit mehreren Dieseln unterwegs ...“ Mache ja auch wenig Sinn, so ein Elektroauto, das zehn Kilometer weit fährt, mit auf Tour zu nehmen, wenn man es ständig zum Laden an den benzinbefüllten Generator hängen muss . . .

Und noch ein schönes Lied. Mit dem Bluesgitarristen Henrik Freischlader, dem Bassisten Ira Coleman und dem tatsächlich 79 Jahre jungen Schlagzeuger Peter Thoms hat der Multiinstrumentalist ein so versiertes wie cooles Trio an seiner Seite, das trocken und stoisch alle Albernheiten erträgt und einfach brillant vor sich hin jazzt.
„Ordnung muss sein“, heißt Helge Schneiders neues Programm. Der Großkomiker hat das Chaos gebändigt, strapaziert die Geduld aller Nur-Blödelei-Liebhaber und setzt statt plump-polterndem Klamauk lieber mit Ruhe und Muße feine Pointen. „Lang-wei-lig!“, brüllt einer irgendwann von hinten nach vorn. Schneider ignoriert‘s und bewegt sich nur noch ein wenig langsamer beim . . .

Bei was eigentlich? Ach ja. Schönes Lied. Fleischwurst-Geschichte. Ausgeflippte Töne. Schräge Klänge vom Minimoog-Synthesizer. Abwechslungshalber kommt noch ein Schalmei-Intermezzo von Carlos Boes und - ja, doch, wirklich - die lebende Legende Sergej Gleithmann darf immer noch den „Meisenmann“ tanzen.
Und sonst . . . langweilig? Wer das ruft, hat nichts verstanden. Helge Schneider schraubt minutenlang den Stachel am kleinen Cello fest. Und dann erzählt er, die Möglichkeiten der Saiten ausreizend, ein Hörspiel vom Hühnerhof. Ein Gimpel kommt vor. Ein Bauer in Gummistiefeln Größe 52. Ein Verschiebebahnhof. Ein Atomkraftwerk in vier Kilometern Entfernung. Am Ende hat der Gimpel einen Wurm aus der Erde gezogen. Was will man mehr. Meisterlich!