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Würzburg
Fotografieren im Museum kann teuer werden
Kunstwerke fotografieren und die Bilder ins Netz stellen: Wann darf man das, und wann wird das Urheberrecht verletzt? Ein Würzburger Jura-Professor gibt Antworten.
Wer in Museen fotografiert (hier im Würzburger Museum im Kulturspeicher), muss aufpassen, dass er nicht mit dem Urheberrecht in Konflikt kommt. 
Foto: Julia Heres | Wer in Museen fotografiert (hier im Würzburger Museum im Kulturspeicher), muss aufpassen, dass er nicht mit dem Urheberrecht in Konflikt kommt. 
Ralph Heringlehner
Ralph Heringlehner
 |  aktualisiert: 12.09.2022 15:02 Uhr

Ein Urteil des Bundesgerichtshofs hat kürzlich den Fokus auf ein Problem gerichtet, das oft verdrängt wird: Viele Kunstwerke genießen Urheberschutz. Wer sie in Museen fotografiert und – wie das heute beinahe üblich ist – im Internet verbreitet, macht sich möglicherweise strafbar. Was darf der Kunstfreund und was nicht? Antworten von Professor Olaf Sosnitza, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Handelsrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht an der Universität Würzburg.

In jedem Fall muss sichergestellt werden, dass im Museum das Fotografieren nicht generell verboten ist. Im Würzburger Kulturspeicher darf man knipsen.
Foto: Dita Vollmond | In jedem Fall muss sichergestellt werden, dass im Museum das Fotografieren nicht generell verboten ist. Im Würzburger Kulturspeicher darf man knipsen.

Unter welchen Voraussetzungen darf man Kunstwerke in Museen fotografieren?

Grundsätzlich darf der private Museumsbesucher für private Zwecke Fotos machen. Das ist das Recht der sogenannten Privatkopie. Aber: Ein Museum kann in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen Fotografieren ausschließen. Das hat dann Vorrang. Man schließt ja mit dem Kauf der Eintrittskarte einen Vertrag und erkennt damit auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen an. Für gewerbliche Fotografen gelten wieder andere Maßstäbe.

Und wenn der private Besucher seine Bilder im Internet oder bei sozialen Medien verbreitet?

Fotos von geschützten Werken im Internet zu verbreiten, ist grundsätzlich nicht erlaubt. Man darf das nur für sich fotografieren.

Selfie mit modernen Kunstwerken im Hintergrund.
Foto: Dita Vollmond | Selfie mit modernen Kunstwerken im Hintergrund.

Wie ist es bei einem Selfie, bei dem das Werk nur Hintergrund ist?

Wenn das urheberrechtlich geschützte Werk nur Hintergrund, sozusagen nur Beiwerk, ist, ist das in Ordnung. Nimmt man aber beispielsweise ein Gemälde groß auf, stellt sich daneben und macht dann ein Selfie, ist das Gemälde kein Beiwerk mehr. Also: Je mehr das Werk in den Vordergrund rückt, desto kritischer wird es. Dann wird es urheberrechtlich eher unzulässig.

Kunstwerk als Mittelpunkt eines Fotos: Wilhelm Leibl, (1844 bis 1900), 'Jugendliches Selbstbildnis' (um 1860)
Foto: Dita Vollmond | Kunstwerk als Mittelpunkt eines Fotos: Wilhelm Leibl, (1844 bis 1900), "Jugendliches Selbstbildnis" (um 1860)

Wenn der Urheber – etwa ein Maler – mindestens 70 Jahre tot ist, gilt sein Werk als gemeinfrei. Ein Foto seines Gemäldes darf ich dann ins Internet stellen?

Das ist grundsätzlich richtig. Wenn der Urheber mindestens seit 70 Jahren tot ist, ist man auf der sicheren Seite. Aber es gibt ein Hintertürchen. Urheberrechtsgeschützt sind unter Umständen auch Sammlungen. Das heißt: Wenn ein Museum eine Sammlung so konzipiert hat, dass die Zusammenstellung der Werke eine geistige Schöpfung ist, kann diese Sammlung selbst ein urheberrechtlich geschütztes Werk sein – unabhängig davon, ob einzelne Werke geschützt sind oder nicht.

Wer ist verantwortlich, wenn das Urheberrecht verletzt wird: Der Fotograf oder das Museum, das vielleicht das Fotografieren hätte verbieten müssen?

Verantwortlich ist auf jeden Fall der Fotograf. Ob zusätzlich auch das Museum dran sein kann, ist noch nicht hinreichend durch die Rechtsprechung geklärt. Man könnte Parallelen zu Kopiershops sehen. Wenn da ein Kunde Werke komplett kopiert, kann das eine Urheberrechtsverletzung sein. Der Kopiershop ist zwar nicht selbst der Täter, aber er hat mitgewirkt. Analog könnte das bedeuten: Wenn Museen die Möglichkeit bieten, dass Besucher Rechtsverletzungen begehen, kann man durchaus die Frage stellen, ob die dann nicht auch verantwortlich sind. Es spricht einiges dafür, dass, wie bei Kopierläden, eine Hinweispflicht bestehen müsste – in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder durch Aushang – im Sinne von „Achtung: Sie dürfen keine Urheberrechte verletzen.“ Aber wie gesagt, das ist noch nicht geklärt.

Kunst im öffentlichen Raum: 'Flora' von Fritz Koenig (1924 bis 2017) vor der Polizeiinspektion Schweinfurt.
Foto: Klemens Tepper | Kunst im öffentlichen Raum: "Flora" von Fritz Koenig (1924 bis 2017) vor der Polizeiinspektion Schweinfurt.

Wie ist die Situation beim Fotografieren von Kunst im öffentlichen Raum – etwa von Skulpturen oder Brunnen?

Da gibt es eine eindeutige Ausnahmeregelung im Urheberrecht: die sogenannte Panoramafreiheit. Die Grundregel ist: Alles, was im öffentlichen Raum von öffentlichem Gelände aus sichtbar ist, darf ich fotografieren und auch im Internet veröffentlichen. Wenn ich mich aber auf eine Leiter stelle, um über eine Mauer zu knipsen, darf ich das schon nicht mehr.

Welche Strafe droht bei einer Urheberrechtsverletzung?

Meist geht es da um zivilrechtliche Sanktionen. Bei einer Urheberrechtsverletzung besteht auf jeden Fall erst einmal ein Unterlassungsanspruch. Das heißt: Dem Fotografen, der ein Bild rechtswidrig veröffentlicht hat, wird untersagt, das in Zukunft wieder zu tun. Größere Bedeutung in der Praxis hat eine Abmahnung. Wenn diese Abmahnung von einem Anwalt kommt, werden normalerweise auch Abmahngebühren verlangt. Da kann es schon passieren, dass man für ein 08/15-Foto 2000 Euro zahlen muss. Das tut also richtig weh.

 
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