Ein Museum besuchen, alte Gemälde fotografieren und im Internet hochladen? Das geht nicht einfach so, urteilt der Bundesgerichtshof. Die Vorgaben des Museums müssen beachtet werden.
Spricht ein Museum ein Fotografierverbot aus, dürfen Besucher keine eigenen Bilder von Gemälden aufnehmen und diese ins Internet stellen. Das hat der BGH am Donnerstag in einem Fall aus Mannheim entschieden. Ein Mann hatte im Jahr 2007 Gemälde im Reiss-Engelhorn-Museum fotografiert sowie Fotos aus einem Katalog gescannt und alles bei Wikipedia hochgeladen. (Az.: I ZR 104/17)
Verstoß gegen das Urheberrecht
Nach der Entscheidung des I. Zivilsenats verstieß der Mann mit den gescannten Katalog-Bildern gegen das Urheberrecht. Der Fotograf, der die Bilder für die Publikation des Museums aufgenommen hatte, habe diesem die Veröffentlichungsrechte übertragen. Diese Fotos genießen nach Angaben des Vorsitzenden Richters Thomas Koch Lichtbildschutz. Denn der Fotograf treffe eine Reihe von gestalterischen Entscheidungen, zu denen Standort, Entfernung, Blickwinkel, Belichtung und Ausschnitt gehörten.
Mit seinen eigenen Fotos habe der Museumsbesucher gegen das Fotografierverbot im Museum verstoßen. Benutzungsordnung und Piktogramme mit einem durchgestrichenen Fotoapparat seien Teile des privatrechtlichen Besichtigungsvertrags. „Das sind wirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen“, sagte Koch. Sie stellen nach Überzeugung des Senats keine unangemessene Benachteiligung der Museumsbesucher dar. Ein Fotografierverbot diene dem ordnungsgemäßen Museumsbetrieb.
Die großen Museen in Unterfranken sind, wie eine Nachfrage dieser Redaktion ergab, großzügiger. Ein generelles Fotografierverbot für private Besucher gibt es weder im Schweinfurter Museum Georg Schäfer noch in den Würzburger Häusern Museum für Franken, Kulturspeicher und Museum am Dom. Verboten ist jeweils lediglich, mit Blitzlicht zu fotografieren oder ein Stativ zu verwenden. Dabei ginge es vor allem um den Schutz der Objekte, so Claudia Licht, Sammlungsleiterin im Museum für Franken auf der Festung Marienberg.
Kein generelles Fotografierverbot
Man darf also ganz offiziell einen Riemenschneider aufs Handy oder den Chip der Kamera bannen. Der Besucher solle eine Erinnerung an den Museumsbesuch mit nach Hause nehmen können, so Lichte. Allerdings: wenn die Fotos ins Internet gestellt, also veröffentlicht werden sollen, muss der Besucher – jedenfalls im Museum für Franken – eigentlich eine Reproduktionsgenehmigung beim Museum beantragen, per Mail oder telefonisch. Laut Lichte gehe man auch dagegen vor, wenn Fotos unerlaubt veröffentlicht worden seien.
Konsequente Kontrolle indes ist schwierig bis unmöglich. Das sieht auch Henrike Holsing, stellvertretende Leiterin des Museums im Kulturspeicher so.
Das BGH-Urteil bringe ein Stück Rechtssicherheit, kommentiert Michael Koller, kommissarischer Leiter der Museen der Diözese Würzburg, zu denen auch das Museum am Dom gehört. Prinzipiell habe man nichts gegen private Fotografien. Und wenn ein Foto in die Facebook-Gruppe gestellt werde, sieht Koller auch kein Problem. Das Urheberrecht müsse aber beachtet werden. Das freilich ist eine schwierige Materie – und er wünscht sich für Museen klare Vorgaben, was juristisch geht und was nicht. Die Kunstwerke selbst sind unter bestimmten Bedingungen „gemeinfrei“: Sie unterliegen 70 Jahre nach dem Tod der Künstler nicht mehr dem Schutz des Urheberrechts.
Wikimedia, der Verein hinter Wikipedia, reagierte enttäuscht auf das Urteil. Wenn urheberrechtsfreies Kulturerbe mittels Fotorechten unter Verschluss gehalten werden könne, gebe es keine digitale Gemeinfreiheit in Deutschland. Wikimedia sehe in der Klage ein sehr problematisches Verständnis des öffentlichen Auftrags staatlich-geförderter Kulturinstitutionen. „Museen sollten alles daran setzen, Kunst und Kultur der vergangenen Jahrhunderte so leicht zugänglich zu machen wie möglich“, teilte der Leiter Politik & Recht bei Wikimedia, John Weitzmann, mit.
Frühere Urteile
Bereits in den Vorinstanzen hatte das Museum mit seiner Unterlassungsforderung recht bekommen. Dagegen war der Mann, der ehrenamtlich für das Internet-Lexikon Wikipedia tätig ist, in Revision gegangen. In einem früheren Urteil zu Fotos von den Preußischen Schlössern und Gärten hatte der V. Zivilsenat des BGH entschieden, dass Aufnahmen von außerhalb ohne Genehmigung zulässig sind.