Man will ihnen unbedingt näherkommen, den Skulpturen von Saleh Nemr. Aus Holz, Stein und Bronze sind Werke entstanden, die nicht nur den Blick anziehen, neugierig machen auf die Geschichte, die in ihnen steckt.
Wer in der Schweinfurter Halle Altes Rathaus zum Beispiel vor der schwebenden Frauenfigur aus dem so warm wirkenden Pflaumenholz steht, will die Figur auch spüren, anfassen. Saleh Nemr hat nichts dagegen. Im Gegenteil. "Ich lasse euch mit meinen Werken reden", sagt er bei der Ausstellungseröffnung. Und da gehört eben auch Berührung mit dazu.
Der Betrachter kann entscheiden, was er sieht, was er sehen will
Titel gibt Saleh Nemr seinen Figuren nicht. Der Betrachter kann entscheiden, was er sieht, was er sehen will, sich auf ein Spiel mit Assoziationen einlassen. Antike, Moderne? Abstrakt? Figürlich? Oder beides irgendwie? Die Skulpturen sind eine eigene Welt. Sie sprechen für sich. Sie wirken poetisch, verletzlich, stark, aber auch traurig und hintergründig. Sie machen nachdenklich, fordern den Betrachter. Sie machen aber auch Hoffnung. Genau wie das Motto der Ausstellung: "Schatten von gestern. Sehnsucht im Heute. Zukunft formt sich".
Das Motto passt nicht nur auf die Werke Saleh Nemrs, es spiegelt auch sein Leben, das seiner Familie und vieler, die aus ihrer Heimat geflohen sind. Nemr, ein Kurde, floh 2012 aus Syrien. Seit 2015 lebt die Familie in Deutschland, sie hat sich in Gerolzhofen im Landkreis Schweinfurt ein neues Leben aufgebaut.
Wer sich mit den Objekten auseinandersetzt, sieht die Spuren des Lebens in ihnen. "Glaub mir, der Mensch bleibt nicht nur durch die Fortpflanzung am Leben", schreibt Saleh Nemr im Ausstellungskatalog. Er bleibt auch durch die Kunst am Leben. Als Künstler und als Betrachter gleichermaßen.
Bis 30. April, Ausstellungshalle Altes Rathaus Schweinfurt, Markt 1. Geöffnet Montag bis Freitag 11 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag 10 bis 16 Uhr.