Auf viele schöne Momente muss dieses Jahr verzichtet werden. Festivals wurden abgesagt, Konzerte verlegt. Theaterbühnen bleiben leer, die Kinoleinwand schwarz. Vor diesem Hintergrund haben Bundestag und Bundesrat beschlossen: Bei Veranstaltungsabsagen und geschlossenen Freizeiteinrichtungen gibt es vorerst kein Geld zurück. Stattdessen sollen Kunden ihr bereits bezahltes Ticket gegen einen Wertgutschein eintauschen können.
Die Regelung soll beispielsweise Veranstaltern, die bereits in Vorkasse gegangen sind, ermöglichen, die kommenden Monate zu überbrücken. Müssten alle Tickets auf einmal ausbezahlt werden, drohe vielen der Kultur- und Freizeitunternehmen die Insolvenz – so zumindest der Gedanke der Politik. Doch was steckt im Detail hinter der Gutscheinlösung? Können Kunden trotzdem auf eine Erstattung bestehen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Bisher hatten Verbraucher lauf Bundesregierung die Möglichkeit, die Erstattung des Eintrittspreises zu verlangen, wenn ein Museum, Sportstudio oder Freizeitpark wegen des Coronavirus schließen oder eine Veranstaltung abgesagt oder verschoben werden müsste. Dieses Recht wurde nun eingeschränkt. Ein Anspruch auf Erstattung besteht nicht mehr. Trotzdem lohnt es sich, genau nachzufragen: Einige Veranstalter – wie das Würzburger Mozartfest oder der Kissinger Sommer – haben bereits angekündigt, dass sie von der Gutscheinlösung keinen Gebrauch machen wollen.
Die Gutscheinlösung gilt für Tickets, Abonnements, Saison- und Dauerkarten, die vor dem 8. März gekauft wurden. Laut dem Gesetzentwurf sind dabei alle "Musik-, Kultur-, Sport- oder sonstigen Freizeitveranstaltungen" umfasst, die aufgrund der Corona-Beschränkungen ausfallen oder verschoben werden müssen. Konkret werden Konzerte, Festivals, Theatervorstellungen, Lesungen, Filmvorführungen und Sportwettkämpfe genannt. Die Verbraucherzentrale rechnet damit, dass wegen der Formulierung "sonstige Freizeitveranstaltung" mehr oder wenige "sämtliche kostenpflichtige Veranstaltungen" unter die neue Regelung fallen.
Die Gutscheinlösung gilt auch für Veranstaltungen, die an mehreren Terminen stattfinden – beispielsweise Dauerkarten für Sportstadien, Sprach- oder Musikkurse. Auch Kunden, die für Freizeiteinrichtungen wie etwa Schwimmbäder, Sportstudios, Tierparks oder Museen eine Monats-, Saison- oder Jahreskarte gekauft haben, müssen sich nun mit einem Gutschein begnügen. Der Wert wird anteilig anhand der Monate errechnet, in denen die Einrichtung geschlossen war. Bei Veranstaltungen muss der Gutschein neben dem Eintrittspreis auch die Vorverkaufsgebühr umfassen.
Union und SPD haben im Gesetzentwurf eine Ausnahme formuliert: Kunden, für die ein Gutschein aufgrund "persönlicher Lebensumstände unzumutbar" ist, können weiterhin eine Erstattung verlangen. Das soll Menschen helfen, die wegen der Coronakrise selbst in finanzielle Not geraten sind. Zusätzlich kann jeder, der seinen Gutschein bis Ende 2021 nicht einlöst, diesen zurückgeben. Das Geld gibt es dann auch zurück.
Die Gutscheine werden grundsätzlich nicht automatisch ausgestellt. Im Kulturbereich ist zu erwarten, dass viele Veranstalter Ticketdienstleister wie Eventim oder Reservix mit der Rückabwicklung beauftragen. Am besten kontaktiert man deshalb zunächst den Online-Händler oder die Vorverkaufsstelle, wo man das Ticket gekauft hat. Dabei sollten Verbraucher im Hinterkopf behalten, dass Vertragspartner in der Regel der Veranstalter ist. Eventim und Reservix oder lokale Vorverkaufsstellen wie der Main-Ticket-Service sind lediglich Vermittler. Bei Schwimmbädern, Museen und Sportstudios sollte man sich direkt an die Einrichtung wenden.
Für viele geplatzte Veranstaltungen werden gerade Nachholtermine organisiert. Ansonsten steht es dem Verbraucher frei, mit dem Gutschein auch andere Angebote und Events des Veranstalters oder der jeweiligen Einrichtung zu nutzen. Die Verbraucherzentrale kritisiert, dass Tickets für nachgeholte Konzerte möglicherweise teurer werden und die Verbraucher dann entsprechend draufzahlen müssten.
Der Deutsche Kulturrat bezeichnete die Regelung schon vorab als "notwendige Reaktion in der Krise". Es gehe darum, Theater-, Konzert- und Festivalveranstalter vor der Insolvenz zu schützen. FDP und Linke kritisierten dagegen, dass die Kunden de facto gezwungen werden, den Veranstaltern zinsfreie Kredite zu gewähren. Im Gesetzgebungsprozess hatte sich deshalb auch die Verbraucherzentrale für eine Lösung auf freiwilliger Basis eingesetzt.
Mit Informationen von dpa