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Würzburg
Caveman: Kartoffelchips in der Steinzeithöhle
Holger Dexne unterhält als „Caveman“ im Bockshorn.Das Stück über Geschlechterklischees funktioniert hervorragend in der 18 Jahre alten Regie von Esther Schweins.
In dem Ein-Mann-Stück „Cavemann. Du sammeln, ich jagen!“ schlüpft Holger Dexne im Würzburger Bockshorn in die Rolle von Tom. Dieser wurde von seiner Frau vor die Tür gesetzt und versucht zu ergründen, was eigentlich immer schief läuft zwischen Männern und Frauen.
Foto: Patty Varasano | In dem Ein-Mann-Stück „Cavemann. Du sammeln, ich jagen!“ schlüpft Holger Dexne im Würzburger Bockshorn in die Rolle von Tom.
Joachim Fildhaut
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:19 Uhr

Jährlich kommt der Steinzeitmann nach Würzburg. Heuer gab Holger Dexne am 4. und 5. Januar das Ein-Mann-Stück „Caveman. Du sammeln. Ich jagen!“ im zweimal ausverkauften Bockshorn. Paare aller Altersklassen amüsierten sich über ein geschickt eingefädeltes Nummernkabarett voll Geschlechterklischees, die zwei große Bühnenvorteile miteinander teilten: Der amerikanische Autor Rob Becker demonstrierte sie anhand detailliert ausgesponnener und insofern scheinbar differenziert betrachteter Situationen; und diese Situationen sind spielbar, haben Handlung und ermöglichen einem prima Schauspieler wie Dexne viel Bühnenbewegung. Hier knüpft dann eine fleißige Lichttechnik an. Die Zuschauer bekommen für ihre 26-Euro-Karten was geboten.

Das Thema des Abends, die Frage „Was macht den Mann aus?“, wird hier modifiziert und dadurch der Antwort einen Schritt näher gebracht: Wie vermeide ich diese „Typisch Mann!“-Vorwürfe? Dazu ist viel von typischem Frauenverhalten die Rede – alles begründet in der stammespsychologischen Behauptung, dass die Geschlechter bis heute vom Verhalten der Höhlenmenschen geprägt seien: Mann dank Speer zielorientiert, Frau als Sammlerin und Wächterin eher in die Breite gehend.

Kräftige Mimik und ein unglaublicher Bass

Einseitigkeit und Übertreibung schaffen schöne Kontraste. Mit Relativierung ist da nichts gewonnen. Das Stück funktioniert hervorragend in der 18 Jahre alten Regie von Esther Schweins. Der Schauspieler Holger Dexne signalisiert die Emotionen seiner Figur namens Tom durch kräftige Mimik, die bis zur letzten Sitzreihe dringt, aber auch in der allerersten nicht aufdringlich wirkt. Für kleine Akzente kippt seine Stimme in einen unglaublichen Bass. Das theatralische Handwerk mischt er nonchalant mit dem Alltagssound eines selbstsicheren Stand-Up-Comedian, auch wenn seine Figur keineswegs selbstbewusst auftritt: Toms Frau hat ihn grade aus der Wohnung geschmissen, wegen irgendwelcher Machismen. Der Text selbst fasst Inhalt und Form zusammen: „Ein moderner Neandertaler wartet auf die Stimme seiner Vorfahren – Super-Party!“

Genau so weit kommt es dann auch. Und: „Ja!“ tönt es an einer Stelle unkontrolliert aus dem Publikum, „Oh nee!“ an einer anderen. Und beide haben Recht. Ist doch schön. Unangenehm könnte ein solcher Theaterabend werden, wenn ein Junggesellenabschied im Zuschauerraum Station machte. Eine Mädels-Clique wäre vermutlich auch nicht erträglicher. Doch kommt sie besser weg im Stück, wie der hinreißende Vergleich zeigt: Wenn keine Chips mehr im Wohnzimmer sind – wodurch unterscheidet sich eine Runde Frauen dann von Männern? Sie haben einfach mehr Spaß.

Die Tourneeproduktion mit Holger Dexne als Caveman kommt zurück nach Würzburg am 24. und 25. Januar 2020.

 
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