Wir schreiben das Jahr 1966: Gerade einmal 21 Jahre nach der nahezu vollständigen Zerstörung der Stadt am 16. März 1945 wird am 4. Dezember ein nagelneues Gebäude für das Würzburger Stadttheater eingeweiht. Das alte war beim Bombenangriff vernichtet worden. In den ersten Jahren nach dem Krieg hatte es dringlichere Bauprojekte gegeben, etwa den Wiederauf- und Neubau der Wohnhäuser und die Wiederherstellung der Schulgebäude. Doch bald wurden auch Rufe nach einem neuen Theater laut.
Schon Anfang des Jahres 1946 wurde in Würzburg wieder Theater gespielt. Hans Scherer, ein früherer Bassist des Stadttheaters, hatte von der amerikanischen Militärregierung Ende 1945 eine Lizenz dazu erhalten und trat mit seiner „Würzburger Bühne“ in einer Behelfsunterkunft in Aktion.
Ab 1950 fand das Theater eine neue Bleibe in der Turn- und Gymnastikhalle der Lehrerbildungsanstalt am Wittelsbacherplatz (heute Philosophische Fakultät II der Universität). Dort war das Theater, das inzwischen wieder offiziell als städtisches Theater fungierte, bis zur Spielzeit 1965/66 zu Hause.
Doch bis zum Bau eines neuen Hauses waren einige Hürden zu überwinden. Zunächst musste ein Bauplatz gefunden werden. Vom alten Theater (gegenüber dem heutigen) war nur noch eine Ruine übrig, der alte Standort musste der städtebaulichen Neuordnung Platz machen.
Zunächst wurde ein Kulturzentrum zwischen Hofstraße, Domerpfarrgasse, Theaterstraße, Kapuzinerstraße und Residenzplatz diskutiert. Lange dachte man auch an das Harmoniegebäude, die spätere Städtische Galerie, in der Hofstraße. 1952 wurde sogar mit dem Gedanken gespielt, das Theater im Südflügel der Residenz unterzubringen. Zeitweilig war auch die Orangerie im Hofgarten ein Thema.
1957/58 – inzwischen waren die größten wirtschaftlichen Probleme gelöst – wurde es schließlich konkret. Zunächst beschloss der Stadtrat am 5. Mai 1958, wieder ein städtisches Theater zu errichten. Damit war dann auch die alte Frage beantwortet, ob Würzburg überhaupt ein neues Theater benötige. Gleichzeitig sprach sich der Stadtrat dafür aus, dass das neue Theater die Sparten Oper, Operette und Schauspiel bekommen sollte. Nachdem auch das Rosenbachpalais nicht infrage kam, rückte als Bauplatz immer mehr der „Alte Bahnhof“ in den Mittelpunkt der Überlegungen.
Schließlich entschied sich der Stadtrat einstimmig für diesen Standort und bestimmte, dass hier ein Theaterbau mit etwa 750 Plätzen entstehen solle.
Noch im gleichen Jahr gründete sich der Verein zur Förderung eines Stadttheaterneubaus, kurz Theaterbauverein genannt, der sehr bald 800 Mitglieder hatte. Die verstanden es, das Projekt in der Bürgerschaft populär zu machen. Erstes Ziel war es, 500 000 DM zu sammeln, der Betrag wurde später auf eine Million erhöht. Mit den Mitteln des Theaterbauvereins konnten schließlich im neuen Gebäude unter anderem Bestuhlung, Wandverkleidung im Zuschauerraum, Teppiche, Scheinwerfer, Eingangstüren und der Innenhof finanziert werden.
Nicht ganz einfach gestaltete sich die Suche nach einem Architekten. Bei einem Wettbewerb wurden 82 Entwürfe eingereicht, 29 kamen in die engere Auswahl. Obwohl der Würzburger Architekt Lothar Schlör als Sieger daraus hervorging, erhielt die Düsseldorfer Arbeitsgemeinschaft Harde/Budeit den Auftrag, einen Vorentwurf zu erstellen. Später ging der eigentliche Bauauftrag an den Dortmunder Architekten Hans Joachim Budeit.
Der erste Spatenstich fand am 25. Mai 1962 statt, Richtfest war Ende 1964. Am 4. Dezember 1966, dem zweiten Adventssonntag, wurde das neue Theater in Anwesenheit des bayerischen Ministerpräsident Alfons Goppel feierlich eröffnet. Ein glücklicher Zufall, dass auch der 50. Jahrestag der Eröffnung wieder auf den zweiten Adventssonntag fällt.
Oberbürgermeister Helmuth Zimmerer war beim Festakt stolz auf das neue Theater. Man sei sich aber auch seiner Grenzen bewusst, so der OB: „Wir wollen weder München noch Bayreuth, weder Berlin noch Köln, wir wollen ein Würzburger Theater sein. Wir sind ein Provinztheater.“ Möglich, dass diese Aussage in späteren Jahren manche zu wörtlich genommen haben.
Natürlich wurde auch auf der Theaterbühne gefeiert. Am Abend gab es eine sechsstündige Aufführung der Richard-Wagner-Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“.
Danach begann langsam aber sicher der Theateralltag unter Intendant Herbert Decker, der diesen Posten von 1965 bis 1970 innehatte. Ihm folgte Joachim von Groeling, zu einer Zeit, da in Deutschland und auch in Würzburg die junge Generation aufbegehrte. Von Groeling, ein auf Ausgleich bedachter Mann, versuchte es, jüngeren und älteren Besuchern gleichermaßen recht zu machen. Bis 1985 blieb er Intendant.
Ihm folgte Achim Thorwald, ein selbstbewusster Theatermann, der dem zeitgenössischen Theater verpflichtet war – eine problematische Einstellung für eine Stadt wie Würzburg.
Nach nur drei Jahren war seine Amtszeit zu Ende. Ihm folgte 1988 Tebbe Harms Kleen, der unter von Groeling das Schauspiel leitete. Er versuchte, die Wogen zu glätten, was ihm auch gelang, und so durfte er bis 1999 im Amt bleiben. Danach brachen schwierige, ja existenzbedrohende Zeiten für das Theater an, nicht zuletzt auch, weil es Würzburg finanziell extrem schlecht ging, was dazu führte, dass das Theater kurz vor dem endgültigen Aus stand. Wolfgang Schaller begann seine Intendanz 1999 mit großem Elan, hatte aber innerhalb einer einzigen Spielzeit sowohl im Theater als auch bei der Politik keinen Rückhalt mehr und musste gehen.
Dann wurde es richtig turbulent: Als Interims-Theaterleiter fungierten innerhalb von nur einem Jahr Kulturreferentin Claudia Strobel sowie Opernchef Sören Eckhoff und Schauspieldirektor Hanfried Schüttler. Nächster richtiger Intendant wurde Reinhold Röttger. Er blieb von 2001 bis 2004. Eine längere Amtszeit war Hermann Schneider beschieden, der von 2004 bis 2016 in Würzburg blieb. Nach Schneiders Weggang ins österreichische Linz leitet seit Beginn der Spielzeit 2016/17 Markus Trabusch das Mainfranken Theater, wie es seit 1999 heißt.
Happy Birthday, altes Haus! Am Sonntag, 4. Dezember, 19.30 Uhr, feiern Solisten aller Sparten und das Philharmonische Orchester den 50. Geburtstag des Theatergebäudes und präsentieren im Rahmen einer Gala Highlights der zurückliegenden 50 Jahre.