
Ist es richtig, dass Wölfe und auch Fischotter ab 1. Mai in Bayern leichter abgeschossen werden können? Denn genau das hat das bayerische Kabinett nun wie angekündigt fix beschlossen. Für Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gibt es dazu keine Alternative: "Wenn wir jetzt nicht aufpassen, dann haben wir in den nächsten Jahren keine Möglichkeiten mehr, sinnvoll einzugreifen", bekräftigt er. In den letzten Monaten waren Wölfe auch in der Rhön in der Nähe von Orten und Menschen aufgetaucht.
Juristisches Risiko der bayerischen Abschuss-Verordnung für den Wolf stört Söder nicht
Auch in Brüssel und in Berlin müsse deshalb in Sachen Wolf "endlich umgedacht werden", verlangt Söder. Es stehe eindeutig fest, dass es inzwischen so viele Wölfe gebe, dass der hohe Schutzstatus nicht mehr gerechtfertigt sei. Daher müsse die Möglichkeit geschaffen werden, den Wolf abzuschießen - "und zwar rasch und konsequent".
Dass sich Bayern dabei mangels rechtlicher Kompetenzen juristisch auf dünnem Eis bewegt, stört Söder nicht: "Ehrlicherweise habe ich jetzt auch keine Lust mehr zu sagen, weil vielleicht ein Klagerisiko besteht, trauen wir uns lieber gar nichts zu entscheiden."
Naturschutz-Verbände reagieren dagegen mit Unverständnis bis Empörung auf Söders neuen Kurs: "Das ist eine reine Wahlkampf-Show und keine echte Problemlösung", findet etwa Richard Mergner vom Bund Naturschutz (BN). Die neue bayerische Verordnung sei "mit heißer Nadel gestrickt" und "hinten und vorne nicht mit geltendem Naturschutzrecht in Einklang zu bringen", kritisiert er.
Der BN hat deshalb bereits angekündigt, eine Klage gegen die Neuregelung zu prüfen. Auch gebe es deutlich bessere Lösungen als den Abschuss für den Schutz von Weidetieren – zum Beispiel durch Weidezäune, findet Mergner.
Scheinlösungen für schnellen Applaus im Wahlkampf?
Die Umweltverbände seien nicht grundsätzlich gegen den Abschuss von "Problem-Wölfen", beteuert Norbert Schäffer vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV): "Aber präventiv Wölfe einfach abschießen, das geht auch juristisch nicht." Söder instrumentalisiere mit Scheinlösungen das Thema für schnellen Applaus im Wahlkampf. "Dies löst aber auch für Nutztierhalter kein Problem und schafft am Ende nur Frustration", befürchtet Schäffer.
In der Tat setzt Söder vor allem auf "verfahrensmäßige Erleichterungen" bei der Wolfsjagd: "Ein Riss reicht", kündigte er an – dann könne in einem Gebiet eine "Entnahme" erfolgen. Dabei soll künftig auch nicht mehr festgestellt werden müssen, welcher Wolf genau etwa ein Schaf gerissen hat. "Jetzt kann man die Wölfe dann generell in der Region entnehmen", kündigte er an. Zudem sollen nun die Landratsämter und nicht mehr die Bezirksregierungen die Genehmigung dafür erteilen können.
Unterstützung für Söder aus der Landwirtschaft: "Weckruf an Berlin, endlich was zu tun"
Darüber hinaus können Fischotter "zur Abwendung ernster fischwirtschaftlicher Schäden" jetzt ganzjährig gejagt werden, sofern es "keine zumutbaren Alternativen gibt, etwa eine Einzäunung". Vor allem in der fränkischen Teichwirtschaft stelle der Fischotter ein großes Problem dar, erklärt dazu das Landwirtschaftsministerium.
Unterstützung bekommt Söder für seinen neuen Kurs vor allem aus der Landwirtschaft: Die neue bayerische Wolf-Verordnung könne vielleicht nicht alle Probleme lösen, findet etwa Manfred Gilch vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM): "Es ist aber ein Weckruf an Berlin, endlich etwas zu tun." Man könne nicht für das Tierwohl mehr Weidehaltung einfordern, die Tiere dort dann aber völlig ungeschützt lassen, findet Gilch: "Am Ende muss das Wohl der Nutztiere immer über dem Wolfsschutz stehen."