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HAMMELBURG/WÜRZBURG
Wie lange wirbelt die Windkraft noch?
Der Ausbau der Windenergie ist zum Erliegen gekommen, behauptet Hans-Josef Fell, der frühere Abgeordnete der Grünen. Stimmt nicht, sagt die Regierung von Unterfranken.
Wie lange wirbelt die Windkraft noch?       -  Windpark bei Schwanfeld: Noch gibt es Platz für neue Anlagen.
Foto: Anand Anders | Windpark bei Schwanfeld: Noch gibt es Platz für neue Anlagen.
Tilmann Toepfer
Tilman Toepfer
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:46 Uhr

Der Ausbau der Windenergie ist in Bayern durch die Mindestabstandsregelung vom November 2014 „praktisch komplett zum Erliegen gekommen“. Das behauptet Hans-Josef Fell. Der frühere Bundestagsabgeordnete der Grünen aus Hammelburg (Lkr. Bad Kissingen) bezieht sich auf eine an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf durchgeführte „wissenschaftliche Analyse“. In der Bachelor-Arbeit und der darauf fußenden Pressemitteilung Fells heißt es, dass „die Zahl der Genehmigungsanträge für den Bau von WKA von 215 im Jahr 2014 auf 0 (Null) im Jahr 2016 gesunken ist“.

So viele wie in keiner anderen Region Bayerns

Oliver Weidlich und Brigitte Ziegra-Schwärzer von der Regierung von Unterfranken können das nicht nachvollziehen. Die Experten für Raumordnung, Landes- und Regionalplanung weisen darauf hin, dass „seit März 2016 allein in Unterfranken 31 neue Genehmigungsanträge für die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen gestellt worden sind“. Im Dezember waren demnach im Regierungsbezirk 234 Anlagen im Betrieb, drei mehr als im März und soviel wie in keiner anderen Region des Freistaats. Weitere 37 Anlagen sind genehmigt, aber noch nicht in Betrieb.

Fell hadert mit der 10 H-Abstandsregelung

In Bayern drehten sich laut Bezirksregierung Ende Oktober 965 Windräder mit einer Leistung von 2058 Megawatt, 66 mehr als Ende März. Weitere 202 Anlagen seien genehmigt. Fell hingegen zitiert aus der Bachelor-Arbeit, wo es heißt, die Zahl der bayernweit erteilten Genehmigungen sei von 244 im Jahr 2014 auf 13 im Jahr 2016 gesunken.

Fell nennt sich selbst „Botschafter für 100 Prozent Erneuerbare Energien“ und ist Präsident der Energy Watch Group, die sich als internationales Netzwerk von Wissenschaftlern und Parlamentariern zur Untersuchung der Verfügbarkeit und Verknappung fossiler und atomarer Energieressourcen und für die Untersuchung der Ausbaumöglichkeiten erneuerbarer Energien versteht. Der Grünen-Politiker aus Hammelburg wird nicht müde zu betonen, dass die Windkraft „komplett ausgebremst“ beziehungsweise „total abgewürgt“ worden sei. Dafür macht er die CSU-Mehrheit im bayerischen Landtag und deren Votum für die 10 H-Abstandsregelung vom November 2014 verantwortlich.

Die Regelung besagt, dass der Abstand von Windkraftanlagen mindestens das Zehnfache der Anlagenhöhe zur nächsten Wohnbebauung betragen muss. Fell klagte gegen 10 H, scheiterte aber im Mai 2016 vor dem Verfassungsgerichtshof in München.

Pragmatismus bei der Bezirksregierung

Anders als Fell haben die Regionalplaner bei der Regierung von Unterfranken die Abstandsregel akzeptiert beziehungsweise sich damit arrangieren müssen. 10 H gilt auch innerhalb der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Windkraftnutzung, machen sie klar, auch dort sind also nicht an jeder Stelle Windkraftanlagen in beliebiger Höhe zulässig. Allerdings, und darauf weisen Oliver Weidlich und Brigitte Ziegra-Schwärzer ganz pragmatisch hin, können Gemeinden über ihre Bauleitplanung eine Unterschreitung der Mindestabstände vorsehen. Ein Instrument, das beispielsweise Rimpar und Altertheim (beide Landkreis Würzburg) nutzten und so fünf Windräder ermöglichten.

Unterfranken bei der Windkraft Spitze

In ihrer „Gesamtschau“ sprechen die Regionalplaner bei der Bezirksregierung von „ausgewogenen Steuerungskonzepten für Windkraftnutzung“. Mit ihnen sei ein angemessener Ausgleich zwischen dem Ausbau der Windkraftnutzung als einem Eckpfeiler der Energiewende, den Interessen der Wohnbevölkerung und der Sicherung einer lebenswerten Natur- und Kulturlandschaft möglich. Eingedenk der Tatsache, dass sich in Landschaftsschutzgebieten von Spessart, Steigerwald, Rhön und Haßbergen keine Windräder drehen dürfen, sei das Ergebnis für die Windkraft in Unterfranken „respektabel“. Im bayernweiten Vergleich nimmt Unterfranken eine Spitzenstellung ein. Auf zwölf Prozent der Gesamtfläche des Freistaates drehen sich 24 Prozent der Windkraftanlagen.

Großteil der Fläche ist bereits belegt

In der Planungsregion Würzburg allein drehen sich 125 Windräder. Die jüngste und zwölfte Fortschreibung des Regionalplans dort sieht rund 1,2 Prozent der Fläche für 22 Vorrang- und 26 Vorbehaltsgebiete vor. Ein Großteil der Fläche sei mittlerweile „belegt“, auch das steht in der Gesamtschau. Was nur heißen kann, dass die Windkraft bald an eine Obergrenze stößt.

Sehr bald vielleicht, denn in Deutschland sind die Zeiten für die Windkraft stürmisch. Weil sich für Ökostrom in diesem Jahr die Förderbedingungen ändern, haben sich viel Firmen in letzter Minute neue Projekte genehmigen lassen. Deutschlandweit dürften in diesem Jahr mehr als 2000 neue Windräder entstehen mit satten 8500 Megawatt Leistung, verlautete jüngst aus dem Wirtschaftsministerium.

 
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  • semistar
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  • Funkenstern
    Der beste Bekenner des St. Florians-Prinzipes.
    Da wo er in Hammelburg wohnt, hat es keine Windräder und da kommen auch keine hin.
    Für die anderen hat der Komiker immer beste Ratschläge parat.
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  • al-holler@t-online.de
    Wer bitte ist Herr Fell?
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  • al-holler@t-online.de
    .. hätt ich fragen sollen, wurde mir geraten.
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  • radfahrer
    Bereits 2011 hat Prof. H.W. Sinn vor hochkarätigem Publikum des ifo- TUM Symposiums
    "Energiewende in Deutschland" an mehreren Beispielen Widersprüche u. Unsinnigkeiten
    nachgewiesen. Prof. Sinn sieht in den Deutschen energiepolitische Geisterfahrer, die die
    Versorgungslücke vergrößern, die Energien verteuern u. die Klimaziele trotzdem nicht er-
    reichen. Er bezeichnete die Energiewende als Luxus einer Überflussgesellschaft.
    Naja, damit die Subventionsgelder für den Luxus nicht ins Stoppen geraten, wird dies über
    ständig steigende Stromkosten zu Lasten des Endverbrauchers politisch "gesegnet".
    Übrigens hatte Ch. Wulff vor seiner Wahl 2003 z. Ministerpräsident Verständnis für
    windkraftgeplagte Bürger. Aber nach der Wahl wurde er "Höfling" von Enercon-Chef Hersteller A. Wobben u. lernte das Luxusleben kennen. Damit das Denken über den
    Unsinn erst gar nicht aufkam, wurden "Pro Contra" geheim gehalten.

    Schade ist, dass Südbayern diesen Luxus nicht kennt bzw. kennenlernen darf.
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  • Franken48
    Das ist doch nur Unsinn der Grünen. Auf dem Meer oder auf den Bergen ist das in Ordnung. Aber doch nicht auf dem flachen Land. Das ist reine Geldverschwendung und schön ist der Spargel bestimmt nicht.
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  • radfahrer
    die Grünen sind doch für alles was Wind macht, auch wenn es keinen Wind zum
    "Windmachen" gibt.
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  • radfahrer
    Wirtschaftlich planen; -Windanlagen am Rhein sind windige Geschäftemacherei-

    Klausel: je schlechter der Standort, desto mehr Subventionen durch Steuergelder. Das
    System wirkt wie eine indirekte Steuer. Die subventionierten Einnahmen des Energiekonzerns u. die Pacht für die Gemeidnen zahlen die Bürger, obwohl an anderen
    Standorten das Geschäft wirtschaftlich wäre.
    Fazit dieses Geschäft reicht zurück bis 2003, als Christian Wulff (CDU) Geschäftsfreund von
    Windkraftchef Enercon A. Wobben wurden.
    Als Ergänzung noch das Buch von Matthias Willenbacher, Juwi-Windkraft und Sprecher
    erneuerbare Energien "mein unmoralisches Angebot An BK A. Merkel" aus dem Jahr 2013.

    Nur Flip-Flop Geschäfte mit "Schwachsinn" auf Kosten des kleinen Bürgers.
    Die Arroganz, Unverbesserlichkeit u. Inkompetenz der großen Politik lassen grüßen.
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