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München
"Seehofer ist der Einzige, der seinen Humor versteht"
Darf Politik komisch sein? Hilft es Politikern, wenn sie witzig sind? Und wie weit darf politische Satire gehen? Eine Talk-Runde im Landtag versuchte, Antworten zu geben.
Mit Humor und Selbstironie bessere Chancen gewählt zu werden? Der damalige Finanzminister Markus Söder 2014 in Veitshöchheim als 'Shrek der tollkühne Held'.
Foto: David Ebener - dpa | Mit Humor und Selbstironie bessere Chancen gewählt zu werden? Der damalige Finanzminister Markus Söder 2014 in Veitshöchheim als "Shrek der tollkühne Held".
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 27.04.2023 09:01 Uhr

Wie lustig darf Politik sein? Eine durchaus ernste Frage, findet Ilse Aigner. Und damit Grund genug für die Landtagspräsidentin, das Thema in bunter Runde mit Kabarettisten und einem Medienprofessor im Landtag ausgiebig zu diskutieren. Denn Spaß und Lockerheit hätten es zunehmend schwer in der Politik. Der Ton sei rauer geworden, glaubt die CSU-Politikerin: "Und es wird weniger verziehen - auch beim Ausflug von Politikern ins Komische."

"Ohne Shit-Storm geht es nicht mehr"

In der Tat kann sich ein locker dahin gesagter Politiker-Satz in sozialen Medien heute rasend schnell verbreiten. Und ebenso schnell wächst oft auch die Empörung: "Ohne Shit-Storm geht es nicht mehr", glaubt deshalb der Münchner Volkssänger Jürgen Kirner. Wie der Spruch gemeint war und in welchem Kontext er gefallen ist, spielt dabei keine Rolle.

Und trotzdem sei Humor für Politiker eine große Chance, meint der Marburger Medienwissenschaftler Prof. Andreas Dörner: "Man kann sich als geerdeter, nahbarer Mensch zeigen, vor allem, wenn man über sich selbst lachen kann." Humor schaffe Sympathie - und damit bessere Chancen, gewählt zu werden: "Denn wenn die Wähler guter Stimmung sind, dann sind sie ansprechbar."

Edmund Stoiber - der König der unfreiwilligen Pointe

Doch der Humor von Politikern kann sehr unterschiedlich sein: In Bayern ist da zum Beispiel Edmund Stoiber, der König der unfreiwilligen Pointe ("Es sind noch keine Scherben zerbrochen"). Stoiber war lustig, ohne es zu wollen. Als seine Schenkel-Klopfer allerdings Kult wurden, war damit auch sein politischer Abschied eingeläutet.

Oder Horst Seehofer, dessen Spaß sich zwischen Ironie und Schadenfreude bewegt - und der deshalb medial nur schwer vermittelbar ist. "Pressefreiheit? Wird in Bayern gewährt." Ein typischer Seehofer-Satz, der im direkten Gespräch noch lustig sein kann, gedruckt oder gesendet aber nur noch abgehoben wirkt. In Sachen Humor sei Seehofer jedenfalls einzigartig, findet die Kabarettistin Luise Kinseher auf dem Landtags-Podium: "Weil er der Einzige ist, der seinen Humor versteht."

Las Bayerns Polit-Prominenz auf dem Münchner Nockherberg einst die Leviten: Luise Kinseher 2016 als 'Mama Bavaria'.
Foto: Tobias Hase - dpa | Las Bayerns Polit-Prominenz auf dem Münchner Nockherberg einst die Leviten: Luise Kinseher 2016 als "Mama Bavaria".

Als Söder Seehofer einen "eiskalt gehopften Hallodri" nannte

Humor und Selbstironie gezielt genutzt für seine politische Karriere hat dagegen Markus Söder - von seinen spektakulären Veitshöchheim-Kostümen bis zu den provokanten Kabarett-Auftritten beim "Maibock-Anstich", wo er seinen Rivalen Seehofer einst einen "eiskalt gehopften Hallodri" nannte. Söder könne aber auch unfreiwillig komisch sein, findet Kinseher - etwa, wenn er auf einem Foto einen Baum umarmt.

Doch wie ist es mit dem Lachen über Politiker? Sendungen wie die "Heute-Show" im ZDF können positiv wirken, glaubt Medienwissenschaftler Dörner - weil gemeinsam lachen "Gemeinschaft stiften kann". Schwierig werde es allerdings, wenn Satire Politiker nur noch als unfähige Dumpfbacken darstelle, findet die Politikerin Aigner: "Das geht mir dann ein Stück weit zu weit."

Der Nockherberg und die Verletzlichkeit von Politikern

"Der Grad der Verletzlichkeit bei Politikern steigt, je mehr sie am Boden liegen", hat die einstige Nockherberg-Rednerin Kinseher beobachtet. So hätten prominente CSU-Frauen einst auf ihre Nockherberg-Scherze deshalb so heftig reagiert, "weil sie als Frauen schon in ihrer Partei so viel ertragen müssen". Giftiger Spott sei ohnehin viel besser in einem netten Lied verpackt, glaubt deshalb Volkssänger Kirner: "Das Gesungene kommt so geschmeidig daher. Da kann man dann viel bösartiger sein."

 
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