Rückendeckung kam am Mittwoch gleich in der Frühe von oberster Stelle: Ob er verstehen könne, dass Barbara Stamm nicht mehr am Politiker-Derblecken am München Nockherberg teilnehmen wolle, wurde Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) im Landtag gefragt: „Ja“, antwortete er so klar wie knapp. Um gleich darauf zu einer weitschweifenden Begründung auszuholen: Er beobachte schon länger, „dass man mit Frauen in der Politik ungerecht hart umgeht“. Dass man auch in Medien und Öffentlichkeit an Politikerinnen „wesentlich höhere Ansprüche stellt, als an die Männer“. Und am diesjährigen Nockherberg habe auch er den Umgang der Fastenpredigerin „Mama Bavaria“ alias Luise Kinseher mit weiblichen Kabinettsmitgliedern als besonders drastisch empfunden. Kinseher hatte CSU-Ministerinnen etwa als „Hendl“ oder „Kellerprimel“ bezeichnet.
Er könne sich nur wundern, „dass das so läuft“, gab sich Seehofer charmant: Denn in seinem direkten politischen Umfeld sei er nur von starken Frauen umgeben – und das sei aus seiner Sicht „optimal“. Dass er dabei auch an Angela Merkel gedacht hat, darf allerdings bezweifelt werden.
Stamm hatte, wie berichtet, am Vortag gegenüber dieser Redaktion publik gemacht, dass sie dem Chef der für den Nockherberg verantwortlichen Paulaner-Brauerei per Brief mitgeteilt hatte, für das nächste Jahr keinen Wert mehr auf eine Einladung zum Politiker-Derblecken zu legen.
Ein Leben ohne Nockherberg
Auf Stamms öffentliche Kritik an einer aus ihrer Sicht frauenfeindlichen Rede der „Mama Bavaria“ hatte der Brauerei-Chef nämlich zuvor mit einem etwas nassforschen Satz reagiert: „Die ärgern sich noch bis übermorgen – und nächstes Jahr wollen dann doch wieder alle eine Einladung.“ Sie könne auch ohne den Nockherberg leben, gab die Würzburgerin postwendend zurück.
Der Brief enthielt nur wenige Zeilen – doch seine Veröffentlichung schlug hohe Wellen: Der Bayerische Rundfunk schickte gleich eine eigene Krisen-Reporterin in den Landtag, um erste Reaktionen einzuholen.
Die sonst in der Versenkung verschwundene Bayern-FDP meldete sich mit dem lustigen Zitat, man sei bei den Liberalen „schwer beeindruckt, dass mal ein CSU-Politiker auf Freibier verzichtet“. Und Frauenministerin Emilia Müller (CSU) wagte sich in Stamms Bugwelle aus der Deckung – und kündigte ebenfalls einen Nockherberg-Boykott an: „Die Rede von Frau Kinseher war besonders für uns Frauen beleidigend“, erklärte die Oberpfälzerin: „Unter Kabarett verstehe ich etwas anderes.“
Kinseher wiederum reagierte auf den CSU-Frauenboykott mit dem knappen Satz: „Das ist zu bedauern, da der Nockherberg ohnehin schon eine männerdominierte Veranstaltung ist.“ Bei Paulaner wollte man lieber gar nichts sagen. Die Texte aber würden nicht von der Brauerei, sondern vom Bayerischen Rundfunk abgenommen, war inoffiziell zu hören.
Eine Frauen-Schutzzone?
„Ich glaube nicht, dass es am Nockherberg eine Frauen-Schutzzone geben muss“, befand die Grüne Margarethe Bause. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher scherzte: „Wenn weniger von der CSU dort hingehen, dann kommt vielleicht die SPD mal vor.“ Und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger befand: „Wer das nicht aushält, der ist in der Politik fehl am Platz.“
Vor allem in der CSU gab es auch Verständnis für Stamms Kritik: Auf den Satz des Paulaner-Chefs sei die Absage „eine natürliche Reaktion von Barbara Stamm“, sagte „Kellerprimel“ Ilse Aigner. Die Wirtschaftsministerin will aber von Boykott nichts wissen: Sie habe „ein eher dickes Fell“ und könne sich auch „über Scherze auf meine Kosten“ amüsieren.
Der von Kinseher als „moralischer Legastheniker“ bezeichnete Markus Söder machte kein Hehl daraus, dass auch ihm ein Boykott nicht schwerfallen würde: „Das kann ich aber meinem fantastischen Double Stephan Zinner nicht antun“, sagte er. Und dass er den von ihm veranstalteten „Maibockanstich“ im Hofbräuhaus schon länger für den viel besseren Nockherberg hält, versteht sich ohnehin von selbst.
Am meisten aber ärgert mich, dass das in einer gebührenalimentierten öffentlich-rechtlichen ANSTALT geschieht.