
Vogelstimmen nachahmen. Klein Sabine liebt das. Sie pfeift, was das Zeug hält. Die Eltern sehen nur ihre gespitzten Lippen. Ihre Welt ist eine stille Welt, die Welt der Gehörlosen. Aber der Spaß der Vierjährigen bereitet ihnen Freude. Irgendwann merken sie, dass ihre Tochter immer seltener zum Pfeifen ansetzt. Es ist die Zeit, als Sabine Jaye beginnt, schlechter und schlechter zu hören. Die heute 53-Jährige besitzt nur noch zehn bis 15 Prozent ihres Hörvermögens.
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Für das Kind Sabine bedeutet ihre Behinderung auch den Besuch eines Internats für Gehörlose in Bamberg. Dort findet sie Anschluss an Gleichaltrige. Ebenfalls „taubstumm“, wie es damals noch genannt wurde. Dem Mädchen wird klar, ihr Leben verläuft mehr und mehr im Kreis anderer Gehörloser. Mit 15 legt sie dennoch den Quali ab. Zusammen mit ihren Eltern unterschreibt sie einen Ausbildungsvertrag bei einem Unternehmen in Bamberg. Nach der Lehre und wird sie auch gleich übernommen. Es sind mächtig große Barrieren, die der Teenager damals einreißt.

Petition für ein Gehörlosengeld
Jetzt macht sich Sabine Jaye daran, wieder Barrieren zu beseitigen. Die 53-Jährige hat eine Petition eingereicht. Sie fordert ein Gehörlosengeld. Für Menschen mit Sehbehinderung gibt es das in Bayern bereits. Aus Tradition: Zwei Weltkriege hatten in der jungen Bundesrepublik für ein Heer von Sehbinderten gesorgt. Gehörlose Kriegsveteranen gab es weniger.

Sabine Jaye will mittels eines Gehörlosengeldes mehr Teilhabe erreichen. "Sicher, ich kann in einem Zweiergespräch gut Lippen lesen und auch verständlich sprechen. Aber bei einer Versammlung zum Beispiel, da brauche ich einen Gebärdensprachdolmetscher", erklärt sie. Und fügt hinzu: "Ein Gehörloser braucht einen Dolmetscher auch bei einem Rechtsanwaltsbesuch oder wenn er einen Mietvertrag unterschreibt. Bei so vielen Terminen, bei denen es auf eine genaue Übersetzung ankommt. Und dann muss er den Dolmetscher selber bezahlen."
10 000 Unterschriften braucht die Petition, um im Landtag behandelt zu werden. Derzeit sind es schon fast 9000. Die Petition läuft noch bis 30. September 2019 unter www.openpetition.de. Am 7. Oktober soll sie Sozialministerin Kerstin Schreyer übergeben werden.