Viele Details der Ermittlungen im neuen großen Missbrauchskomplex in Wermelskirchen (Nordrhein-Westfalen) erinnern an den Fall des Würzburger Logopäden aus dem Jahr 2019. Auch dort hatte der Täter in einem großen Netzwerk mit Gleichgesinnten gigantische Mengen an Bildern und Filmen getauscht, die härteste Gewalt an kleinen Kindern dokumentieren. Auch der 44-Jährige, der jetzt im Mittelpunkt der Ermittlungen der Kölner Staatsanwaltschaft steht, soll sich seine Opfer unter behinderten Kindern gesucht haben. Und auch er nutzte offenbar eine Vertrauensstellung: Der Computerexperte tarnte sich den Ermittlern zufolge als Babysitter.
Vier Verdachtsfälle in Bayern
Man habe vier der bisher 73 Verdachtsfälle nach Bayern abgegeben, teilte der Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer auf Anfrage mit. Ob darunter Verdächtige aus Würzburg, Schweinfurt oder Aschaffenburg sind, wollte der Chef der Ermittlergruppe nicht bestätigen. "Wir möchten auf keinen Fall noch etwaig verdeckte Ermittlungen anderer Staatsanwaltschaften stören", sagte Bremer.
Die Internetfahnder der bayerischen Zentralstelle Cybercrime (ZCB) in Bamberg führen zentral drei Ermittlungsverfahren, wie Oberstaatsanwalt Thomas Goger bestätigt. Weitere Einzelheiten könne er "um die Ermittlungen nicht zu gefährden" nicht mitteilen.
Viele Gleichgesinnte im In- und Ausland
Im Würzburger Fall hatte die Ermittlung zu 53 Komplizen im In- und Ausland geführt, mit denen der Logopäde Bilder seiner Taten getauscht hatte. Der 38-Jährige war in einem der größten Missbrauchsprozesse in Bayern 2020 zu elf Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt worden.
Im Landkreis Würzburg hatten Ermittler zuletzt zudem einen Komplizen der Missbrauchstäter von Lügde enttarnt. Der Mann war live per Laptop zugeschaltet gewesen, wenn der Haupttäter vor laufender Kamera Kinder misshandelte. Er gab aus der Ferne "Anweisungen" - wie jetzt in den Fällen von Wermelskirchen. Der Unterfranke wurde im Herbst 2021 dafür zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt.
Millionen von Fotos und Videos: Zehn Prozent der Daten ausgewertet
Im Zuge der aktuellen Ermittlungen zu dem verdächtigen 44-Jährigen aus Nordrhein-Westfalen sind nach offiziellen Angaben bisher 73 mögliche Komplizen identifiziert worden. Nach Angaben des Kölner Oberstaatsanwalts soll der Mann von 2005 bis 2019 zehn Jungen und zwei Mädchen mindestens 18 Mal schwer sexuell missbraucht haben. Er und andere hätten sich "auf barbarischste Art und Weise an Babys, an Kleinkindern vergangen, sie missbraucht, vergewaltigt, gequält und ihr Handeln dann auch noch gefilmt", sagte Bremer. Die Ermittler haben 3,5 Millionen Fotos und 1,5 Millionen Videos sichergestellt. Bislang seien zehn Prozent der Datenmenge ausgewertet.