Schwere Komplikationen nach der Knie-OP oder dem Beinbruch: Tausende Patienten werden jährlich Opfer von Behandlungsfehlern in Krankenhäusern und Praxen – auch in der Region. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der festgestellten Fehler nach Daten der Ärzteschaft bundesweit nun leicht gesunken. 2213 Fälle wurden bestätigt – nach 2245 Fällen im Jahr 2016, wie die Bundesärztekammer am Mittwoch mitteilte. Ein Erfolg? Nein, sagt Karl-Heinz Schlee, Vorsitzender der Selbsthilfegemeinschaft Medizingeschädigter in Nürnberg. „Die hohe Dunkelziffer ist bekannt.“
Wird nur jeder zehnte Behandlungsfehler angezeigt?
„Zweck dieser Statistik ist aus unserer Sicht einzig und allein, die Bevölkerung zu beruhigen und die Qualität der Behandlung zu beweisen“, sagt Schlee. Er gehe davon aus, dass nur jeder zehnte Behandlungsfehler tatsächlich angezeigt wird.
Insgesamt trafen die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärzteschaft im vergangenen Jahr 7307 Entscheidungen zu mutmaßlichen Fehlern (2016: 7639), bei 11 100 gestellten Anträgen. Am häufigsten beschwerten sich Patienten nach Behandlungen von Knie- und Hüftgelenken sowie Brüchen von Unterschenkel oder Sprunggelenk. Für Schlee keine Überraschung. Etwa in der Neurologie seien Patienten „in der Regel so schwer geschädigt, dass sie sich gar nicht mehr wehren können“.
Auch in Bayern werden die meisten Fehler in der Orthopädie gemeldet, heißt es von der Landesärztekammer Bayern. Allerdings basieren die Daten auf einem anderen Zeitraum: Demnach wurden von Juni 2016 bis Mai 2017 insgesamt 1225 Anträge gestellt – bei etwa jedem vierten wurde ein Fehler bestätigt. Was aber untersuchen die Beschwerdestellen?
Härtefallfonds für extrem geschädigte Patienten gefordert
Die Gutachter prüfen, ob die Behandlung nach dem anerkannten medizinischen Standard erfolgte. Liegt ein Fehler vor, muss bewiesen werden, dass der Schaden des Patienten tatsächlich durch diesen Fehler verursacht wurde. „Oft genug ist der Zusammenhang nicht eindeutig festzustellen“, sagt Hardy Müller, Geschäftsführer des Aktionsbündnisses Patientensicherheit (APS), auf Anfrage dieser Redaktion. Nach den aktuellen Zahlen der Bundesärztekammer haben Fehler oder Aufklärungsmängel in 1783 Fällen (2016: 1845) zu gesundheitlichen Problemen geführt, in 430 Fällen war das nicht belegbar.
Deshalb fordert das APS, künftig auch Fälle mit hoher Wahrscheinlichkeit anzuerkennen sowie einen Härtefallfonds für Patienten, die existenziell geschädigt wurden. Denn Gutachten dauern zwischen fünf und zehn Jahren, so Müller. Die Wartezeit ist für Betroffene lang und belastend. Und eine Garantie auf Schadensersatz gibt es nicht.
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Patienten bekommen nur sehr selten Schadensersatz
Das bestätigt der Würzburger Fachanwalt für Medizinrecht, Burkhard Tamm. Zwischen 30 und 40 Opfer von vermuteten Behandlungsfehlern vertritt er jährlich vor Gericht. Die Zahl der Anfragen sei deutlich höher. Aber „es ist sehr schwierig für Patienten, Schadensersatz zu bekommen. Meist kommt es zu einem Vergleich“.
Auch der Würzburger bearbeitet vor allem Fälle aus der Orthopädie sowie der Chirurgie, etwa nach Wirbelsäulen-, Hüft- oder Handoperationen. Aktuell vertritt er unter anderem eine Amerikanerin, die nach einer Wirbelsäulenoperation nun querschnittsgelähmt ist. „Die Schicksale, die mit Behandlungsfehlern verbunden sind, sind teilweise grausam“, sagt Tamm. Und in Statistiken nicht abzubilden.
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- Unabhängige Patientenberatung Deutschland
Ärzte wehren sich gegen pauschale Pfusch-Vorwürfe
Über den tatsächlichen Stand der Sicherheit von Patienten geben die neuen Zahlen keine Auskunft, sagt Hardy Müller. Gleiches gilt für die rund 15 100 Gutachten der Medizinischen Dienste der Krankenkassen zu vermuteten Behandlungsfehlern im Jahr 2016. Hier wurde in knapp jedem vierten Fall der Fehler bestätigt. Die Statistik für 2017 steht noch aus. Aber: Eine zentrale Stelle, bei der alle Behandlungsfehler registriert werden, gibt es nicht.
Der Vorsitzende der Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Bundesärztekammer, Andreas Crusius, warnte davor, Medizinern wegen Fehlern pauschal Pfusch vorzuwerfen. Zwischen Heilen und Schaden liege bei Behandlungen generell ein schmaler Grat. „Behandlungsdruck kann Behandlungsfehler begünstigen.“ Nach jahrelangen Einsparungen im Gesundheitswesen arbeiteten Ärzte in allen Versorgungsbereichen am Limit – und manchmal darüber hinaus.
Mit Informationen von dpa.
Bei vielen Medizinern würde ich vermuten,dass diese ihren Beruf gewissenhaft und sorgfältigst ausüben.
Nur-wo gearbeitet wird -passieren auch Fehler.
Vielen geschädigten Patienten fehlt die Energie, den Klageweg zu beschreiten. Dann neigen Patientenakten auch mal dazu, rasch inhaltlich geändert zu werden oder gänzlich zu verschwinden.
Die Beweislast ist schwierig.
Nicht zu unterschätzen der Druck unter dem die heutigen Mediziner stehen.Z.B niedergelassene Hausärzte.
Wenn man vor Ort von 4Praxen abgewiesen wird,fragt man sich,ob das wirklich das "Recht"der Mediziner ist,Behandlung zu verweigern.
Aber gut-nach einiger Suche fand sich eine Gemeinschaftspraxis einige km entfernt.
Medizinisch sind wir recht gut betreut.
Es gibt sehr gute Ärzte.
Nur etwaige Fehler einzugestehen,darauf kann man ewig warten,das wird nie passieren-oder seltenst..