Im Fall der 2001 verschwundenen und später tot aufgefundenen Peggy aus dem oberfränkischen Lichtenberg ist der 41-jährige Manuel S. unter dem Verdacht festgenommen worden, selbst für den Mord an dem Mädchen (mit)verantwortlich zu sein. Dies bestätigte der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel in Bayreuth am Abend. Der Tatverdächtige hat keine Angaben gemacht, den Tatvorwurf aber durch seinen Verteidiger bestreiten lassen. Der Beschuldigte kam in eine Justizvollzugsanstalt.
Am Nachmittag erließ der Ermittlungsrichter gegen den 41-jährigen Tatverdächtigen Haftbefehl. Er ist ein Sandkastenfreund von Ulvi K , der zunächst für den Mord an Peggy verurteilt wurde, dann aber wieder freigelassen werden musste. S. stand bereits im Herbst 2018 im Fadenkreuz der Ermittler.Damals gab er zu, die Leiche des Mädchens 2001 weggeschafft und versteckt zu haben. Diese Tat war zum Zeitpunkt des Geständnisses aber bereits verjährt.
Die Ermittlungen gingen weiter. Man habe "die damaligen Angaben des Beschuldigten sorgfältig überprüft, sowie die bei den Durchsuchungen sichergestellten Beweismittel ausgewertet", schildert der Leiter der Staatsanwaltschaft. Offensichtlich stießen sie auf Ungereimtheiten. "Wesentliche Angaben des Beschuldigten waren laut Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft "nicht mit den weiteren Ermittlungsergebnissen in Einklang zu bringen".
Vielmehr ergab sich ein dringender Tatverdacht gegen den 41-Jährigen. Die Schlussfolgerung der Ermittler: Möglicherweise war der Mann selbst "Täter oder Mittäter" und hat dann vielleicht "den leblosen Körper in einem Wald bei Rodacherbrunn" versteckt. Offenbar halten die Polizisten und Staatsanwälte eine vorangegangenen Missbrauch des neunjährigen Opfers für denkbar, denn sie schreiben: "Es steht im Raum, dass mit der Tötung eine zuvor begangene Straftat verdeckt werden sollte."
Neue Erkenntnisse der Kriminalpolizei
Nachdem im Juli 2016 die sterblichen Überreste der im Mai 2001 verschwundenen Peggy Knobloch aufgefunden werden konnten, schlossen sich langwierige kriminalistische Ermittlungen sowie komplexe wissenschaftliche Untersuchungen an. Offenkundig ließen die Ermittlungserkenntnisse aus den Untersuchungen am Fundort der sterblichen Überreste von Peggy sowie die Neubewertung bereits bestehender Feststellungen den 41-Jährigen aus dem Landkreis Wunsiedel wieder in den Mittelpunkt der Ermittlungen rücken.
Pollenexpertin gab wichtigen Hinweis
So entdeckte eine forensische Palynologin (Pollenkunde) an den sterblichen Überresten des Mädchens unterschiedliche, mikroskopisch kleine Pollen, die später als Bestandteile von Torf identifiziert werden konnten. Hier ergab sich ein Bezug zu Pflanzarbeiten des Mannes am Tattag, die den Ermittlern bereits bekannt waren. So steht es in einer Presseerklärung der Strafverfolger.
Am Ablageort gesicherte Mikropartikel stellten sich nach der Begutachtung als Farbreste dar, wie sie bei Renovierungsarbeiten anfallen können. Den Ermittlern war bekannt, dass der jetzt Beschuldigte damals umfangreiche Renovierungsarbeiten ausgeführt hatte. Weiter erzeugte die Sichtung von Videoaufzeichnungen aus der damaligen Sparkassenfiliale erhebliche Zweifel am Alibi des Mannes. Er war entgegen seiner Angaben am Nachmittag des 7. Mai 2001 mit seinem Fahrzeug in Lichtenberg unterwegs. Die Ermittler konnten den goldfarbenen Audi 80 trotz der langen Zeit ausfindig machen und auf Spuren untersuchen.
Der Beschuldigte gab zu, das Mädchen im Wald abgelegt zu haben
Bei den Vernehmungen im September gab Manuel S. an, am Tag des Verschwindens von Peggy, mit seinem Audi 80 in Lichtenberg unterwegs gewesen zu sein, als ihn ein von ihm namentlich benannter Mann angehalten habe. In einem Bushäuschen in der Poststraße, so gibt der Beschuldigte an, will er das leblose Mädchen von dem Mann übernommen haben.
Manuel S. will noch versucht haben, das Mädchen zu beatmen. Er gab weiter an, dass er das Opfer in eine rote Decke gewickelt, in den Kofferraum seines Fahrzeugs gelegt und dann in einem Waldstück in Thüringen – dem späteren Fundort – abgelegt habe. Wenige Tage später habe er den Schulranzen des Mädchens und deren Jacke bei sich zu Hause verbrannt.
Schon früh hatte sich der Verdacht gegen Manuel S. gerichtet: Bei einer Feier hatte er in alkoholiertem Zustand gesagt, er habe Peggy vergraben. Als der Verdacht gegen ihn sich 2002 konkretisierte, hatte seine Mutter ihm ein Alibi gegeben und mit einer Zeugenaussage den Verdacht auf Ulvi K. gelenkt. Ihre Aussage war ein wichtiger Baustein in der Beweiskette, die 2004 zur Verurteilung von Ulvi K. wegen Mordes an Peggy führte. Nachdem er 2014 in einem Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen worden war, rückte Manuel S. wieder ins Blickfeld der Ermittlungen.
Das Alibi von S. stellte sich als unwahr heraus. Ulvi K. hatte den Ermittlern zunächst gesagt, sein Vater habe bei der Beseitigung der Leiche geholfen, dann sagte er das gleiche über Manuel S., den er von Jugend an kannte. Er hatte dann auch berichtet, er habe S. vom sexuellen Missbrauch an der Neunjährigen erzählt. Daraufhin habe dieser gesagt, er selbst wolle das Mädchen missbrauchen.