Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke weiht am Samstag einen Mann zum Diakon, der vor vier Jahren das Würzburger Priesterseminar wegen antisemitischer Äußerungen verlassen musste. Bei diesen Äußerungen handelte es sich um „völlig inakzeptable und unerträgliche KZ-Witze“ – so formulierte es 2013 der Bamberger Richter Norbert Baumann. Baumann war als Leiter einer externen Untersuchungskommission von der Diözese Würzburg mit der Untersuchung antisemitischer Vorgänge im Würzburger Priesterseminar beauftragt worden.
Die Entscheidung des Eichstätter Bischofs, jenen Kandidaten, der 2013 mit „unerträglichen KZ-Witzen“ das Würzburger Priesterseminar in Verruf brachte, Diakon werden zu lassen, hat ein so großes Medienecho hervorgerufen, dass Bischof Hanke sich am Mittwoch veranlasst sah, öffentlich seine Handlungsweise zu begründen. „Wir weihen doch keine Heiligen zu Diakonen, Priestern, Bischöfen, sondern Menschen, die durch das Sakrament in ihrem Menschsein, in ihrem Dienst für Gott und die Menschen wachsen und reifen und sich weiterentwickeln sollen“, sagte Hanke. Veränderung beim Menschen brauche Barmherzigkeit, so der Bischof.
Wohnung mit Flüchtlingen geteilt
Hanke verwies darauf, dass der Kandidat in den vergangenen drei Jahren von Geistlichen und Psychotherapeuten begleitet wurde. Der junge Mann habe sich auch mit dem Thema „Migration“ befasst und seine Wohnung einige Monate mit einem Flüchtling geteilt. „Aufgrund der durchgeführten Maßnahmen, aufgrund der persönlichen Anstrengungen des Kandidaten und der vorliegenden positiven Zeugnisse und Gutachten steht nach meiner Überzeugung fest, dass ich ihn zur Weihe zulassen kann“, so der Bischof. In der katholischen Kirche gilt das Diakonat als letzte Stufe für Priesteramtskandidaten vor der Priesterweihe.
Der junge Mann, der in Eichstätt Diakon werden soll, war erwiesenermaßen im Jahr 2013 Teil einer Dreier-Gruppe von Anwärtern, die im Würzburger Priesterseminar durch eine antisemitische und rassistische Gesinnung auffielen. Während ein anderer Kandidat aus dem Bistum Würzburg statt einer Wallfahrt das Konzert einer rechtslastigen Gruppe besuchte, fiel der junge Mann aus dem Erzbistum Bamberg, der damals immerhin schon im 8. Semester Theologie studierte, durch „mindestens drei KZ-Witze“ auf. Beide Seminaristen haben laut Untersuchungsbericht außerdem im Bierkeller des Priesterseminars Adolf Hitler parodiert und dabei den Hitlergruß gezeigt.
Keine Stellungnahme der Diözese
Wer als Priesteranwärter so handelt, darf nicht Priester werden: Das haben im Juli 2013 der Bischof von Würzburg, Friedhelm Hofmann und der Bischof von Bamberg, Ludwig Schick, beschlossen und die zwei Kandidaten vom Priesterseminar ausgeschlossen. Ein dritter Kandidat, der ebenfalls antisemitischer Umtriebe verdächtigt wurde, durfte bleiben. Zu der Entscheidung des Eichstätter Bischofs, einem der Ausgeschlossenen eine zweite Chance zu geben, gab die Diözese Würzburg keine Stellungnahme ab.
Zweifel an Eignung
Oberlandesrichter a.D. Norbert Baumann allerdings, der 2013 die Untersuchungskommission leitete, erklärte, er könne die Entscheidung des Eichstätter Bischofs nicht nachvollziehen. „Wir haben damals nicht nur Verhaltensfehler festgestellt, sondern auch eine Fehleinstellung des Kandidaten“, sagte Baumann dieser Redaktion. „Und Fehleinstellungen werden nicht durch die Gewährung einer zweiten Chance korrigiert.“ Bezugnehmend auf die Ausführungen des Eichstätter Bischofs vom Mittwoch sagte Baumann, es dürfe bei der Frage, ob ein solcher Mann zum Diakon geweiht werden solle, nicht ums Verzeihen gehen, sondern vor allem um die Eignung eines Kandidaten. Auch Josef Schuster, der Würzburger Vorsitzende des Zentralrats der Juden, hat gegenüber dieser Redaktion sein Unverständnis über die Entscheidung des Eichstätter Bischofs geäußert.