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München/Würzburg
Dung in Nepal, Holzöfen für Ruanda – wie Bayerns Staatsregierung auf dem Papier klimaneutral wird
Markus Söders Staatsregierung will seit 2023 klimaneutral sein. Damit das wenigstens formal gelingt, finanzieren Ministerien und Staatskanzlei jetzt Projekte in Afrika und Asien.
Wieviel klimaschädliches CO2 die Staatsregierung produziert, ist unklar. Um das selbst gesetzte Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, investieren die Ministerien nun aber weltweit in CO2-Zertifikate.
Foto: Daniel Peter, Getty Images; Montage: Daniel Biscan | Wieviel klimaschädliches CO2 die Staatsregierung produziert, ist unklar. Um das selbst gesetzte Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, investieren die Ministerien nun aber weltweit in CO2-Zertifikate.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 26.04.2024 02:49 Uhr

Das selbst gesetzte Ziel ist so schlicht wie eindeutig: "Die Staatskanzlei und die Staatsministerien sollen bis zum Jahr 2023 klimaneutral sein", heißt es in Artikel drei, Absatz zwei, des erst 2022 verschärften bayerischen Klimaschutzgesetzes. Die Umsetzung dieses hehren Zieles fällt der Staatsregierung unter Markus Söder (CSU) aber offensichtlich schwer.

Schon vor gut einem Jahr war bekannt geworden, dass das Bayerische Umweltministerium seinen eigenen CO2-Ausstoß mit dem Kauf von Co2-Zertifikaten für Biogasanlagen im ländlichen China kompensiert – zumindest auf dem Papier. Nun räumt Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) ein, dass auch die anderen Ministerien mit bayerischen Steuergeldern weltweit Klima-Ablasspapiere kaufen, um die eigene gesetzliche Vorgabe wenigstens formal zu erfüllen.

Weniger Holz zum Heizen in Nepal und weniger Augenreizungen beim Kochen in Ruanda

Konkret geht es um mit Dung von Nutztieren betriebene "Biogasanlagen für ländliche Haushalte in ganz Nepal" und effiziente Holzöfen "für einkommensschwache Haushalte" in Ruanda. In beiden Fällen handle es sich zwar leider nicht um bayerische Partnerländer, räumt Glauber in einer Antwort auf eine Landtagsanfrage der Grünen ein – jedoch jeweils um ein "besonders armes Land ohne Seezugang".

Die mit den CO2-Zertifikaten bezahlten Projekte der gemeinnützigen Organisation "atmosfair" könnten in beiden Ländern den Holzbedarf beim Heizen oder Kochen und damit das Abholzen von Wäldern reduzieren, hofft der Umweltminister. Die "Save80-Öfen aus hochwertigem Edelstahl" für Ruanda minimierten zudem "die Rauchentwicklung im Inneren der Häuser" und damit "das Risiko von Lungen-, Atemwegs und Augenerkrankungen" der Bewohner, erklärt Glauber in seiner fünfseitigen Antwort.

Wieviel Geld die CO2-Zertifikate kosten bleibt offen – wie der CO2-Ausstoß der Ministerien

Wie viel Geld die Staatsregierung für diese erkaufte saubere Klimabilanz aufwendet, lässt der Umweltminister jedoch genauso offen, wie die Frage, wie viel CO2 die Ministerien überhaupt produzieren – und ob sich dieser Schadstoffausstoß in den letzten Jahren im Sinne der erklärten Vorbildfunktion der obersten bayerischen Staatsverwaltung reduziert hat.

Die "Startbilanz" für das Jahr 2021 sei zwar inzwischen erfolgreich erstellt, beteuert Glauber. Wie diese aussieht, will der Umweltminister allerdings nicht verraten: Einige der Daten beruhten nämlich noch "auf Hochrechnungen und Schätzungen". Eine "Wesentlichkeitsanalyse" sei abzuwarten, aufgrund von Unterschieden in der "Erfassungssystematik" müssten erst "die Bilanzgrenzen für alle Ressorts evaluiert" werden.

Im Klartext heißt das wohl: Während etwa die Landesregierungen in Rheinland-Pfalz und Thüringen bereits 2022 umfassende interne CO2-Analysen veröffentlicht haben, wissen die bayerischen Ministerien trotz der selbst beschlossenen harten gesetzlichen Vorgabe noch immer nicht, wie groß ihr CO2-Fußabdruck tatsächlich ist.

Co2-Reduzierung in den Ministerien mit Dienstfahrrädern und Etagen-Drucker

Bei der Reduzierung des eigenen klimaschädlichen Ausstoßes komme die Staatsregierung dennoch gut voran, verspricht Glauber: Von der "Umstellung auf LED-Beleuchtung" über die "Ermöglichung von Homeoffice zur Reduzierung der Pendleremissionen" bis hin zur "Bereitstellung von Dienstfahrrädern" und "Etagen-Druckern" für die Ministerialbeamten verfolge die Staatsregierung ein "dynamisches Programm" zur Umsetzung ihrer Klimaschutzziele. Konkrete Zahlen gibt es allerdings auch hier nicht.

"Söder und Glauber handeln nach dem Motto: Die Heißzeit kann kommen, nach uns die Sturzflut."
Der Würzburger Grünen-Landtagsabgeordnete Patrick Friedl

Anstatt selbst weniger CO2 zu produzieren, kompensiere die Staatsregierung ihren Schadstoffausstoß bislang nahezu ausschließlich mit Ablass-Zertifikaten, kritisiert deshalb der Würzburger Grünen-Landtagsabgeordnete Patrick Friedl. Mehr als ein halbes Jahr habe Glauber für seinen dürren Vollzugsbericht an den Landtag gebraucht – und letztlich nur einen "Beleg für den Unwillen oder die Unfähigkeit der Staatsregierung geliefert, Klimaneutralität ins Werk zu setzen".

Grüner Friedl: Beleg für Unwillen oder Unfähigkeit der Söder-Regierung zum Klimaschutz

"Mit der Verwertung von Dung in China und Nepal und effizienteren Küchen-Öfen in Ruanda kaufen sich Söder und Glauber nur von der selbst auferlegten Verpflichtung zum Klimaschutz frei", bemängelt Friedl. Für die von Söder vollmundig angekündigten bayerischen Klimaziele sei dies "ein Offenbarungseid", findet der Grünen-Politiker: "Söder und Glauber handeln nach dem Motto: Die Heißzeit kann kommen, nach uns die Sturzflut."

Stattdessen wäre das bayerische Klima-Ablassgeld etwa für die in Bayern nach wie vor unterfinanzierte Wieder-Vernässung einheimischer Moore besser eingesetzt, findet Friedl. Damit könnten jährlich mehr als fünf Millionen Tonnen CO2-Ausstoß verhindert werden. Auch Umweltminister Glauber verspricht bei der CO2-Kompensation regionaler zu werden:  Die weltweiten Co2-Zertifikate der Staatsministerien will er zumindest "perspektivisch in den Folgejahren Zug um Zug" durch regionale Ausgleichsmaßnahmen ersetzen.

 
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  • Harald Bach
    Der Anlasshandel ging schon in der Kirche schief. Glaube keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast. Diese CO2 -Zertifikate sind genauso verlogen, wie die angebliche Gehaltserhöhung für die Beamten. Denen wurde nämlich der schon 1 Jahr zuvor versprochene Inflationsausgleich als nochmals als Gehaltserhöhung verkauft…… also eine Null-Runde für 1 Jahr. Clever ! 😉
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  • Hans Müller
    Sehr geehrter Herr Stern,

    was wollen Sie Co2 und machen können Sie uns eigentlich mit Ihrem Äh und wie eigentlich sagen?
    So in etwa kommt mir Ihr das was auch immer Sie hier schreiben vor.

    Mit anderen Worten, was soll dieser Bericht, oder was das auch immer ist, uns eigentlich sagen?

    Auf der anderen Seite, was haben Sie denn schon alles getan um Ihren eigenen CO2 Ausstoß zu reduzieren?
    Wer wie Sie, das könnte eine Unterstellung sein, selbst keine Verantwortung für das übernimmt was er tut und anderen unterstellt sie übernehmen keine Verantwortung für das was sie tuen, sonst würden Sie nie so etwas schreiben was Sie schreiben, sollte mit großem Beispiel vorangehen.

    Ich finde, wer im Glashaus sitzt sollte eigentlich ganz vorsichtig sein mit dem was er so von sich gibt!

    Also Herr Stern, was haben Sie denn schon selbst getan um Ihren CO2 Ausstoß zu reduzieren?
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  • Gregor Ziems
    Ein journalist stellt sich die Frage wie Politiker mit sich selbst auferlegten Regeln umgehen, wo ist das Problem?
    Ich habe auch gehört dass der Herr Stern sich jeden vierten Atemzug spart um so Co2 zu reduzieren. Ich hoffe Ihre Frage ist zur zufrieden beantwortet.
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  • Dietmar Eberth
    Das ist genauso erbärmlich wie die FDP mit ihrer Androhung von Fahrverboten. Es geht nicht um tatsächliche Reduzierung von CO2 - zb auch Tempolimit - sondern mit gesetzlichen Tricksereien das Einsparen zu vermeiden. Für wie dumm halten manche Politiker die Bevölkerung.
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  • Eugen Endres
    Die selbe Staatsregierung, die sich öffentlich über die Förderung von Radwegen in Peru echauffiert. ;-) Kannste dir nicht ausdenken...
    Ok, die Radwege in Lima waren ja eigentlich auch ein Herzensprojekt des CSU Ministers Gerd Müller.
    https://www.tagesschau.de/faktenfinder/radwege-peru-entwicklungshilfe-100.html
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