Es war ein guter Tag für den lange vernachlässigten Steigerwald, der „Tag des offenen Kelches“ wie Moderator Axel Robert Müller in Anspielung auf die Form des 42 Meter hohen Aussichtsturmes als dem Herzstück des Baumwipfelpfades Steigerwald bei Ebrach die offizielle Eröffnung durch Bayerns Landwirtschafts- und Forstminister Helmut Brunner bezeichnete.
Die 8,8 Millionen Euro teure Attraktion dient als Ergänzung zu dem 2014 eröffneten Steigerwald-Zentrum für nachhaltige Forstwirtschaft im benachbarten Handthal. 90 Prozent der Kosten trägt der Freistaat. Der Rest kommt von den Staatsforsten. Beide Einrichtungen arbeiten künftig eng zusammen. Ein eigener Weg durch den Wald verbindet sie.
Damit soll aber noch lange nicht mit der touristischen wie strukturellen Aufwertung des Steigerwalds Schluss sein. Nur her mit den Ideen und Vorschlägen für weitere Attraktionen lauteten quasi die Aufforderungen Brunners als auch des Vorstandsvorsitzenden der Bayerischen Staatsforsten, Martin Neumeyer.
Vom Baum-Hotel bis zur Bungee-Sprunganlage sei alles denkbar. So soll über die bisherigen Projekte hinaus Geld aus der Staatskasse in die weitere Entwicklung der Steigerwald-Region gepumpt werden.
Über 300 geladene Gäste hatten sich auf der Anhebung des Radsteins eingefunden, als Minister Brunner acht Monate nach dem Spatenstich den Baumwipfelpfad eröffnete.
Anschließend war die von den Bayerischen Staatsforsten errichtete und betriebene Einrichtung am Samstagmittag und am Sonntag beim Tag der offenen Tür für alle interessierten Besucher geöffnet. Man sei regelrecht überrannt worden, so Pfadleiterin Miriam Langenbucher. An die 25 000 Personen seien bei freiem Eintritt gezählt worden.
Minister Brunner sprach in seiner Rede von einem „Juwel und beeindruckenden Leuchtturmprojekt in Sachen Waldbildung“. Der Pfad kombiniere auf beispielhafte Weise das Lernen im Wald mit Erlebnis und Erholung und eröffne den Besuchern Einblicke in den Wald, die sie sonst so nicht erleben könnten.
Sowohl „offline“ als auch zusätzlich online über die kostenlose „Baumwipfel-App“ für Smartphones gebe es die Möglichkeit, viel über die Bewirtschaftung und den Schutz der Wälder zu erfahren.
Martin Neumeyer dankte dem Freistaat, durch die finanzielle Förderung Wort im Steigerwald gehalten zu haben. Wie Brunner versprach er, dass die Entwicklung der Region mit finanzieller Unterstützung von oben weitergehe.
Im Steigerwald wird indes weiter heftig über die Ausweisung eines Nationalparks bei Ebrach gestritten. So standen sich einmal mehr am Radstein Gegner wie Befürworter, fein säuberlich von der Polizei getrennt, gegenüber, um Minister Brunner bei seiner Ankunft „Spalier“ zu stehen. Der nahm sich trotz des anstehenden eigentlichen Termins Zeit zum Gespräch mit beiden Lagern.
Der Baumwipfelpfad
Über 1200 Meter führt der barrierefreie Baumwipfelpfad Steigerwald an der B 22 zwischen Ebrach und Breitbach durch die Kronen des Laubmischwaldes auf dem Radstein. Die Holzstege sind bis zu 26 Meter hoch. Eine 640 Meter lange Rampe führt außen herum hinauf auf den 42 Meter hohen Aussichtsturm. Er bietet einen Panoramablick über die Baumwipfel hinweg in den Steigerwald und sein Vorland. Erwachsene zahlen neun, Kinder zwischen sechs und 16 Jahren sechs Euro Eintritt.
Eine gute Nachricht für die strukturschwache Steigerwaldregion. Doch warum so kompliziert: Gäbe es neben dem Baumwipfelpfad einen Nationalpark Steigerwald oder wäre der Steigerwald Weltnaturerbe, so hätte der Freistaat keine 8,8 Mio Euro für den Pfad ausgeben müssen. Ursprünglich wollte ein privater Investor die Attraktion erstellen und auch betreiben. Der hat seine Investitionen dann lieber im Schwarzwald getätigt, da dort das Umfeld (Nationalpark Nordschwarzwald) günstiger war. So muss im Steigerwald der Steuerzahler investieren und auch eventuelle Defizite im Betrieb tragen.
Meine Meinung: zum Baumwipfelpfad und Steigerwaldzentrum gehört auch ein Waldschutzgebiet und die Bewerbung zum UNESCO-Weltnaturerbe.
Thomas Vizl, Mitglied im Stadtrat Gerolzhofen und Kreistag Schweinfurt