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MAINFRANKEN
Der große Durst nach Regen
Die erste große Hitzewelle hat Mainfranken erreicht. Immer mehr Weinberge – wie hier in Segnitz (Lkr. Kitzingen) – müssen bewässert werden.
Foto: Karl Schönherr | Die erste große Hitzewelle hat Mainfranken erreicht. Immer mehr Weinberge – wie hier in Segnitz (Lkr. Kitzingen) – müssen bewässert werden.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 22.06.2022 09:33 Uhr

Pünktlich zum Sommeranfang erlebt Deutschland zurzeit die erste längere Hitzewelle des Jahres – auch in Mainfranken. Hoch „Concha“ bringt die ganze Woche über Spitzenwerte von mehr als 30 Grad. Was die einen freut, weil sie ins Schwimmbad oder an den See gehen können, treibt Land- und Forstwirten die Sorgenfalten auf die Stirn.

„Wir erwarten das dritte Trockenjahr in Folge. Das heißt, unsere Bodenwasservorräte haben sich seitdem nicht erholt“, erklärt Hermann Kolesch, Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG). Es gibt keine Abteilung in seinem Haus, die sich nicht mit dem Thema Klimawandel und Wassermangel beschäftigt.

In Unterfranken regnet es generell nur etwa halb so viel wie in Südbayern. Daher gibt es hier auch bayernweit die geringste Grundwasserneubildung. Gleichzeitig steige angesichts der hohen Temperaturen und längeren Trockenphasen der Wasserbedarf vor allem in der Landwirtschaft stetig.

„Daher braucht es ein nachhaltiges und ganzheitliches Konzept für die Infrastruktur der Wasserbereitstellung und für alle landwirtschaftlichen Kulturen unter Berücksichtigung der besonderen klimatischen Bedingungen Frankens“, fordert Kolesch.
 

Mainwasser im Winter entnehmen und speichern

In Iphofen, an der Volkacher Mainschleife (beides Lkr. Kitzingen) und in Oberschwarzach (Lkr. Schweinfurt) laufen derzeit Studien zum Thema Bewässerung von Rebflächen in anderen Regionen um Würzburg zur Bewässerung von Feldgemüse, die das bayerische Umweltministerium finanziert. Ein Ansatz ist dabei, Mainwasser oder Uferfiltrat zu entnehmen, wenn Wasser da ist, also im Winter oder wenn es geregnet hat. „Das Wasser wird dann auf unterschiedliche Art und Weise gespeichert.“

Eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung ist auch das Ziel des Projektes Niedrigwassermanagement der Regierung von Unterfranken im Auftrag des Bayerischen Umweltministeriums, das Mitte 2015 begann und bis Ende 2017 läuft.

„Es konzentriert sich derzeit auf drei Gemüseanbaugebiete mit umfangreicher landwirtschaftlicher Bewässerung aus dem Grundwasser: Schwebheim, Gochsheim und die Bergtheimer Mulde“, erklärt Christian Guschker, Regierungsdirektor im Sachgebiet Wasserwirtschaft. Vor allem für die landwirtschaftlichen Sonderkulturen werde in Trockenperioden viel Wasser gebraucht. Das Ziel des Projektes ist die Entwicklung von Strategien und Lösungen, wie Landwirte, Wasserversorger und Naturschützer bei zunehmender Hitze und Trockenheit handeln sollen ohne die Wasserressourcen zu übernutzen. „Oberstes Ziel ist dabei die Sicherung der öffentlichen Trinkwasserversorgung“, sagt Guschker.

Immer mehr Weinberge müssen bewässert werden

Im Weinbau wird Tröpfchenbewässerung bereits auf etwa 1000 Hektar, etwa einem Fünftel der fränkischen Anbaufläche eingesetzt – Tendenz steigend. „Jährlich kommen etwa 100 bis 150 Hektar hinzu“, schätzt der LWG-Präsident. Ein wassersparendes Bewässerungsmanagement wird für die nachhaltige Bewirtschaftung der Weinberge in Zukunft immer bedeutender werden.

„Wir brauchen Konzepte gegen die Trockenheit“, fordert auch Gerd Sander, Leiter der Abteilung Gartenbau bei der Landesanstalt. Sander rät zu gezielten Bewässerungsgaben in den frühen Morgenstunden. „Bewässerung in der Hitze bringt hohe Verluste und am Abend trocknet die Pflanze nicht mehr vollständig und es kann zu Pilzbefall kommen.“ Zudem werden örtlich genaue Wetterprognosen immer wichtiger.

Einfach den Gartenschlauch hinhalten oder gar eine Wassersprenganlage aufstellen, dass wird wohl in Zukunft auch für Hobbygärtner nicht mehr ohne Weiteres möglich sein. „In Zukunft werden wohl auch Freizeitgärtner verpflichtet, schonender mit der Ressource Wasser umzugehen“, sagt Kolesch. Auf dem Gelände der Landesanstalt in Veitshöchheim kann man heute schon Pflanzen kennen lernen, die mediterranes Klima mögen und damit auch weniger Wasser brauchen.

Pastinaken brauchen wenig Wasser

„Auch im Garten merkt man ganz deutlich die Folgen des Klimawandels“, sagt Marianne Scheu-Helgert, Mitarbeiterin der Gartenakademie. Doch mit einer angepassten Beetnutzung, wie der frühen Aussaat von Gemüse und einer Ernte vor der Trockenzeit des Hochsommers oder einer bewussten Nutzung der Anbauflächen bis in den Dezember hinein, lässt sich die Gartennutzung optimieren und auch gezielt Wasser einsparen. „Zum Beispiel helfen Pastinaken und andere Tiefwurzler, einen Gießmarathon im Hochsommer zu vermeiden. Wer im Herbst Zuckerhut-Salat, Kresse oder Feldsalat anbaut, nutzt die zumeist feuchteren und milden Herbstmonate“, so die Beetexpertin.

Auch politisch ist der Wassermangel Thema: „Hier, wo 2015 eine wochenlange Dürre herrschte, ist schon jetzt abzusehen, dass der Klimawandel auch in diesem Jahr drastische Auswirkungen haben wird“, sorgt sich SPD-Landtagsabgeordneter Georg Rosenthal um eine ausreichende Versorgung der Trinkwasserbrunnen, aber auch um Nutzwasser für die hier intensiv betriebene Landwirtschaft und den Weinbau.

Die SPD reichte einen Dringlichkeitsanstrag ein

Gemeinsam mit seinem Landtagskollegen Volkmar Halbleib (SPD) forderte die Staatsregierung im April in einem Dringlichkeits-Antrag auf, schleunigst eine detaillierte Zustandsbeschreibung zu erstellen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen: „Wir wollen von der Regierung eine ehrliche Lagebeschreibung. Wir wollen wissen, welche Maßnahmen sie bereits ergriffen hat und welche noch geplant sind, um die Versorgungssituation vor Ort zu entschärfen.“

Erhebliche Auswirkungen auf die öffentliche Trinkwasserversorgung sind bei der Regierung von Unterfranken bis dato nicht bekannt. Die Wasserstände der Fließgewässer haben generell eine fallende Tendenz. „Die Wasserstände sind überwiegend sehr niedrig bis niedrig“, erklärt Guschker. Die Wassertemperatur ist noch moderat, auch wenn erste kleine Gewässer bereits „zu warm“ werden. Im Hinblick auf die Gewässerqualität wurden bisher noch keine Einschränkungen bekannt. Auch am Main sei die Situation noch entspannt.

Allerdings sind in den nächsten Wochen bei einer weiterhin anhaltenden Trocken- und Warmphase Verschlechterungen bei der Gewässerqualität zu erwarten.

Tag der offenen Tür in der LWG

Wasser ist auch das Thema beim Tag der offenen Tür der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim. In diesem Jahr findet die Veranstaltung am Sonntag, 2. Juli, von 9 bis 16 Uhr auf dem Campus An der Steige 15 in Veitshöchheim und im Versuchsbetrieb Am Stutel in Thüngersheim statt.

Zu den Themen Trockenheit und Starkregenereignissen gibt es Vorträge. Ein neu angelegter Schauweinberg zeigt die Möglichkeiten der modernen Bewässerungstechnik, Infostände informieren über wassersparende Beetbepflanzung und andere Trends. Parkplätze gibt es Am Stutel in Thüngersheim. Von dort fahren Shuttle-Busse nach Veitshöchheim.

 
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