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München
Corona-Verbote in Bayern: Wie Betroffene jetzt zu Unrecht erhobene Bußgelder zurückfordern können
Ein Teil der bayerischen Corona-Verbote im April 2020 war laut Gerichtsurteil nicht rechtmäßig. Wie der Freistaat zu Unrecht erhobene Bußgelder nun zurückzahlen will.
Wer im April 2020 ohne Grund im Freien verweilte, riskierte in Bayern ein Bußgeld. Nach einem Richterspruch letzten November können zu Unrecht erhobene Strafen nun zurückgefordert werden.
Foto: Robert Michael, dpa | Wer im April 2020 ohne Grund im Freien verweilte, riskierte in Bayern ein Bußgeld. Nach einem Richterspruch letzten November können zu Unrecht erhobene Strafen nun zurückgefordert werden.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:34 Uhr

Ende November 2022 hatte das Bundesverwaltungsgericht einen Teil der ersten bayerischen Corona-Regeln aus dem April 2020 für unrechtmäßig erklärt. Gut drei Monate später hat das Bayerische Gesundheitsministerium nun eine bayernweite Rückzahlungsregelung für zu Unrecht erhobene Bußgelder erlassen. Grund für den Zeitverzug sei eine "eingehende Prüfung" der schriftlichen Urteilsbegründung, so Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) in einer Pressemitteilung.

Konkret geht es um das von 1. bis 19. April 2020 geltende Verbot, die eigene Wohnung alleine oder mit Angehörigen des eigenen Hausstandes zu verlassen, um "ohne triftigen Grund" im Freien zu verweilen – etwa um auf einer Parkbank zu sitzen.

Bußgeld-Rückzahlung bezieht sich nur auf eine beanstandete Corona-Regelung

Eine mögliche Bußgeld-Rückzahlung beziehe sich ausschließlich auf diese höchstrichterlich beanstandete Regelung, so Holetschek: "In anderen Fällen finden keine Rückzahlungen statt – etwa wenn Bußgelder verhängt wurden, weil Personen die eigene Wohnung verlassen haben, um mit anderen eine ,Corona-Party' zu feiern."

Laut Holetschek soll die Rückerstattung unbürokratisch abgewickelt werden: "Betroffene können die Rückzahlung mit einem formlosen Schreiben beantragen." Diese Anträge können direkt bei der jeweiligen Kreisverwaltungsbehörde in den Landkreisen oder kreisfreien Städten oder bei den Bezirksregierungen eingereicht werden.

Wurde das Bußgeld in einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ausgesprochen, soll der Antrag direkt beim erstinstanzlichen Gericht oder der zuständigen Staatsanwaltschaft gestellt werden. Im fraglichen Zeitraum wurden in Bayern nach Zahlen der Bayerischen Staatsregierung rund 22.000 Bußgeldbescheide erlassen – in Höhe von jeweils bis zu 150 Euro. Exakt 1499 betrafen dabei Unterfranken. Welcher Anteil der verhängten Bußgelder sich auf die nun beanstandete Regel bezieht, ist jedoch offen.

Wie viele Bußgeldbescheide in Unterfranken betroffen sind, ist nicht bekannt

Auch bei der Stadt Würzburg ist nicht bekannt, wie viele der damals erlassenen 169 Bußgeldbescheide rechtswidrig waren: "Und unklar ist ebenso, wie viele Betroffene eine Rückzahlung auch tatsächlich geltend machen", sagt Stadt-Sprecher Christian Weiß. "Wir können den Arbeitsaufwand deshalb noch nicht endgültig abschätzen, sehen der Sache aber gelassen entgegen."

Beim Landratsamt in Kitzingen wartet man noch auf die genauen Vorgaben aus dem Ministerium: "Wir schätzen die Lage aktuell so ein, dass es eher im Rahmen bleibt mit den Rückerstattungs-Forderungen", erklärt Sprecher Alexander Kother. 221 Bußgeldbescheide waren im Landkreis damals erlassen worden. Unklar sei auch hier, wie viele Betroffene von einer Rückzahlung profitieren könnten.

Minister Holetschek: Corona-Ausgangssperre war im Grundsatz richtig und rechtmäßig

Minister Holetschek verteidigte zudem noch einmal den harten bayerischen Corona-Kurs: "Zu Beginn der Pandemie war es besonders wichtig, rasch und entschlossen zu handeln." Schließlich habe es gerade in den ersten Wochen kaum Wissen über das neuartige Virus gegeben. Auch habe das Gericht eine Ausgangssperre zum Schutz vor Ansteckungen nicht insgesamt, sondern nur in diesem einen Fall bemängelt. "Dies bestätigt grundsätzlich unsere damalige Entscheidung", findet der Gesundheitsminister.

 
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  • E. K.
    "Auf Antrag...."

    Obrigkeitshörige Beamte haben, ohne weiteres zu hinterfragen, Bußgeldbescheide erlassen und diese bis zu Gerichtsverfahren durchgesetzt.

    Und ich vage zu behaupten, dass mancher in den Bußgeldern ein nettes Zubrot für den Stadtsäckel gesehen haben könnte.

    Jetzt, wo wir wissen, dass das Gesetz rechtswidrig war, ist von den "Obrigkeitshörigen" nicht viel übrig geblieben. Oder doch?

    Bei den Behörden ist alles digital gespeichert. Also bitte, kramt die Akten hervor und erstattet den Leuten selbständig das Geld zurück - ohne jegliche Einschränkung.

    Und dann schämt euch, dass ihr auch Bußgeldbescheide z.B. an Obdachlose erlassen habt (Quelle: Der neue Tag, Weiden, April 2020)

    Erschreckend bleibt für mich allerdings, dass unsere Politiker wegen dieses rechtwidrigen Handelns (Nötigung, Freiheitsberaubung) und den damit verbundenen Gesundheitsschädigung, vorallem bei Kindern, nicht zur Rechenschaft gezogen werden.
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  • R. W.
    ...und vor einem guten Jahr gab es nicht wenige, die wollten eine Impfpficht für alle, um der verheerenden Herbstwelle zu entgehen, die alles vernichten wird... Heute wissen wir, wie es -ohne Impfpficht - ausgegangen ist...
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  • M. D.
    Nicht alles durcheinanderwerfen. Mit der Impfpflicht, die durchaus Sinn machen kann, hat das hier nichts zu tun!
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  • R. W.
    Völlig überzogen war vor allem die höhe. Bei 10 oder 20 Euro könnte man heute den Schwamm drüber legen und vergessen. Aber bis zu 500(!) Euro für etwas frische Luft schnappen, zeigt die kopflose Panik, die damals herrschte.
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  • M. D.
    Nur in Bayern, nur in Bayern. "Team Vorsicht"...

    Mit Bußgeld-Rückerstattung ist es m.E. nicht getan - was ist mit der Kriminalisierung der Menschen, die zum Teil Opfer von Inhaftierung und massiven polizeilichen Eingriffen in die Privatsphäre wurden?
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