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München
Amoklauf in München: Zweifel am Abschlussbericht
Nach Schießerei in München       -  Der Amokläufer von München wurde gemobbt und wollte sich rächen. So steht es im Abschlussbericht der Ermittler. Doch nun werden neue Details bekannt.
Foto: A3609/_Daniel Karmann (dpa) | Der Amokläufer von München wurde gemobbt und wollte sich rächen. So steht es im Abschlussbericht der Ermittler. Doch nun werden neue Details bekannt.
Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 16.12.2021 11:28 Uhr

Mitte März erklärten Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt die Ermittlungen zum Amoklauf von München offiziell für beendet. In ihrem 170 Seiten starken Abschlussbericht nannten die Ermittler Mobbing als Motiv des 18-jährigen Täters David S., der im Juli 2016 am Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen und sich selbst getötet hatte. Den Grünen im Landtag greift diese Erklärung zu kurz: Sie sehen „deutliche Hinweise auf ein rechtsextremes Motiv“, erklärte die Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze am Donnerstag vor Journalisten. Schulze stützt sich dabei auf bislang unbekannte Ermittlungsergebnisse.

Erste Einblicke in "Manifest"

So zitiert das bayerische Innenministerium in einer Antwort auf eine Anfrage Schulzes eine Zeugenaussage aus dem familiären Umfeld von David S. Demnach sei er „sehr stolz auf seine persischen Wurzeln gewesen“. Er sei davon ausgegangen, „dass der Ursprung der Arier in Persien gewesen sei“.

Darüber hinaus gibt das Ministerium erstmals Einblick in das „Manifest“ des Attentäters, das die Ermittler auf dessen Festplatte sichergestellt hatten. In dem zweiseitigen Text schreibe David S. von „den hoffnungslosen Tagen“ an der Schule im Münchner Norden, „an der er gemobbt wurde“, so das Ministerium. Weiter schreibe er von „ausländischen Untermenschen“ mit meist „türkisch-balkanischen Wurzeln“ sowie von „Kakerlaken, Untermenschen und Menschen“, die er exekutieren werde.

Außerdem wird in der Antwort des Ministeriums erstmals eine Datei erwähnt, die David S. am 22. Juli 2016 – dem Tag des Amoklaufs – erstellt hat. Sie trage den Namen „Ich werde jetzt jeden Deutschen Türken auslöschen egal wer.docx“. Inhalt des Dokuments waren demnach lediglich zwei Sätze: „Das Mobbing wird sich heute auszahlen. Das Leid was mir zugefügt wurde, wird zurückgegeben.“

War Amoklauf auch politisch motiviert?

Vor diesen Hintergründen wollen die Grünen den Amoklauf nun erneut auf die politische Agenda heben, wie Schulze ankündigt. Sie ärgert, dass die Details erst nach dem Abschlussbericht und nur auf ihre Anfragen hin ans Licht kommen. Die Grünen-Politikerin fordert, dass der Radikalisierungsverlauf des Amokläufers erforscht wird und dessen „Manifest“ dem Innenausschuss des Landtages in einer öffentlichen Sitzung komplett vorgelegt wird.

„Wir wollen die Mobbing-These nicht entschärfen“, betont sie. „Es muss aber festgehalten werden: Es gab neun Tote durch einen rassistischen Attentäter in Bayern.“ Daher müsse der Amoklauf auch als „politisch motivierte Kriminalität rechts“ eingeordnet werden.

Innenministerium: „Jahrelanges Mobbing“ tatauslösend

Die Ermittler sehen das bislang anders – obwohl sie David S. „extreme Fremdenfeindlichkeit“ und eine „rechtsextreme Gesinnung“ bescheinigen. Und obwohl das Innenministerium eine „Affinität“ zu dem rechtsextremen norwegischen Massenmörder Anders Breivik – und anderen Amokläufern – feststellt. Zudem hat laut Schulze im April der Inspekteur der Bayerischen Polizei, Thomas Hampel, dem Innenausschuss erklärt, „die Auswahl des Datums“, an dem David S. seine Tat beging, erscheine „nicht zufällig“. Es war der fünfte Jahrestag des Breivik-Attentats.

Dennoch erklärte der Leitende Oberstaatsanwalt Hans Kornprobst im März: „Als politisch motiviert wird man die Tat nicht ansehen können.“ Auch das Justizministerium bekräftigt nun, dass „nicht eine ideologische, also politische Motivation“ tatauslösend gewesen sei, sondern „jahrelanges Mobbing“. Mit der Zeit habe er seinen Hass auf Personen projiziert, die den „Mobbern in Alter, Herkunft, Aussehen und Lebensstil“ ähnelten.
Für Schulze ist diese Bewertung widersprüchlich. Schließlich zähle das Bundeskriminalamt zu „politisch motivierter Kriminalität“ Straftaten, die sich gegen eine Person etwa wegen ihrer Volkszugehörigkeit oder ihres äußeren Erscheinungsbildes richten.

  • Mehr Artikel zum Amoklauf in München finden Sie hier in unserem Dossier.
  • Standpunkt des Chefredakteurs vom 22. Juli 2016: Unsere Seelen sind verwundet
  • Zum Nachlesen: Unser damaliger  Liveticker  vom Attentat 
 
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