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HANDBALL: 2. BUNDESLIGA
Wölfe-Coach Ceven Klatt: "Uns fehlt ein Drecksack"
Warum der 36-Jährige es nicht nur gut findet, dass sich in Rimpar alle lieb haben, was der Neuanfang beim Zweitligisten ihm bedeutet und welcher Typ Trainer er ist.
'Der Handball erfüllt mich und macht mich ausgeglichen': Ceven Klatt, der neue Trainer von Handball-Zweitligist DJK Rimpar Wölfe. 
Foto: Frank Scheuring | "Der Handball erfüllt mich und macht mich ausgeglichen": Ceven Klatt, der neue Trainer von Handball-Zweitligist DJK Rimpar Wölfe. 
Natalie Greß
 |  aktualisiert: 27.04.2023 08:40 Uhr

"Willensstark. Ehrlich. Ausgeglichen." Mit diesen drei Adjektiven beschreibt sich Ceven Klatt selbst - und fühlt sich dabei im Interview in einer Bäckerei in Rimpar "wie im Vorstellungsgespräch", behauptet er lachend. So ist es, wenn man neu in einen Verein und ein Dorf kommt, in dem sich gefühlt alle kennen. Gestatten: Ceven Klatt (36), Profitrainer des Zweitligisten DJK Rimpar Wölfe. Handball gehört zu seinem Leben, seit der gebürtige Brandenburger in Haan (Kreis Mettmann) eingeschult wurde. Als ehemaliger Zweitliga-Kreisläufer unter anderem beim TuS Ferndorf coachte der studierte Verwaltungswirt zuletzt Absteiger HC Rhein Vikings aus Düsseldorf. Im Juli hat er mit seiner Frau Anja und den beiden Kindern Erik (6) und Ronja (4) in Kitzingen ein Haus bezogen. Mit dieser Redaktion sprach der begeisterte Wassersportler und Musikfan über den Neuanfang mit seiner Familie in Unterfranken, förderliche und abträgliche Harmonie in der Mannschaft und ein passendes Einlauflied für die Wölfe. 

Frage: Ceven, Sie mögen die Musik von Marius Müller-Westernhagen. In einem seiner bekanntesten Songs ("Wieder hier") singt er: "Ich bin wieder hier, in meinem Revier..." Trifft das Ihr Gefühl, bezogen auf Ihren Job als Handballtrainer?

Ceven Klatt: (lächelt) Auf jeden Fall. Ich hab meine innere Zufriedenheit wiedergefunden und genieße es, wieder in der Halle zu stehen und eine Mannschaft zu trainieren, zu betreuen und zu führen. Der Handball erfüllt mich und macht mich ausgeglichen.

Bis Oktober 2018 war das Castello der Rhein Vikings Ihr Revier. Dann wurden Sie nach sechs Spieltagen überraschend entlassen. Mitte Dezember wurde bekannt, dass Sie 2019 neuer Trainer der Wölfe werden. Vom gescheiterten Millionenprojekt in der Großstadt Düsseldorf zum etatschwachen Ausbildungsverein im Unterfrankendorf Rimpar - was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?

Klatt: In Düsseldorf, das muss ich so sagen, sind zu viele Amateure und Hasardeure zusammengekommen. Das konnte nicht gut gehen. Mir war danach klar, dass ich zu einem Verein möchte, der kontinuierlich gewachsen ist und solide arbeitet – wenn auch mit bescheidenen Mitteln. Ich wusste von Anfang an von Roland Sauer (Geschäftsführer der Wölfe, Anmerkung der Redaktion), was mich hier erwartet.    

Dabei wusste Roland Sauer anfangs angeblich gar nicht, wer Sie sind. Zumindest hat er so reagiert, als er während der Trainersuche erstmals mit Ihrem Namen konfrontiert wurde. 

Klatt: (lacht) Ich habe das damals gelesen. 

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Wer hat Sie einander bekannt gemacht?

Klatt: Mein Berater hat den Kontakt hergestellt. Die Chemie hat vom ersten Gespräch an gestimmt, so dass ich andere Angebote abgelehnt habe.

War es eine schwierige Entscheidung, als Familie mit zwei Kindern die Heimat Nordrhein-Westfalen zu verlassen und an einem fremden Ort einen kompletten Neuanfang zu wagen? 

Klatt: Wir haben sie bewusst getroffen und bis jetzt nicht bereut. Ich bin meiner Frau sehr dankbar, dass sie diesen Schritt mit mir geht, sie war noch nie länger von zu Hause weg. Aber wir sind offen und noch jung, die Kinder klein genug. Wir haben mit ihnen darüber gesprochen, wie es wäre, wenn der Papa alleine wegzieht und wir uns nur an freien Tagen sehen. Aber das wollten sie und auch ich nicht. Wir vermissen uns schon, wenn ich an den Wochenenden wegen Handball weg bin. 

Nach den ersten Wochen in Kitzingen, Rimpar und Umgebung: Was gefällt Ihnen, was aus der Heimat fehlt Ihnen jetzt schon?

Klatt: Die Region zwischen Main und Weinbergen ist sehr schön, sogar viel schöner als wir erwartet hatten. Aktuell vermissen wir nur die Großeltern und enge Freunde. Für mich war es durch den Handball sicherlich am einfachsten, Anschluss zu finden. Aber auch meine Frau hat durch ihren Job bei der Stadt Eibelstadt schon Kontakte geknüpft, und Erik und Ronja haben im Kindergarten erste Freunde gefunden.

Ich empfinde Druck als positiven Antreiber, er macht mir keine Angst.
Ceven Klatt, neuer Trainer der DJK Rimpar Wölfe

Wer hat den beiden das erste Wölfe-Trikot geschenkt, das sie beim Testspiel gegen den TV Großwallstadt anhatten?

Klatt: Das war ich. Sie haben von allen meinen Vereinen Trikots, der Wolf gefällt ihnen besonders gut. Während der Ferien im Kindergarten sind sie vormittags auch mit mir zum Training und haben aufgepasst, ob die Spieler richtig mitmachen. (lacht)  

Wie groß empfinden Sie den Druck als erster Rimparer Profitrainer, als der Sie zwar einen Dreijahresvertrag haben, aber doch auch Ergebnisse liefern müssen?

Klatt: Druck gehört zum Leistungssport nun mal dazu – und macht ihn ja auch aus. Ich empfinde ihn als positiven Antreiber, er macht mir keine Angst. Am Ende ist es nur Handball, das muss man sich bei allem immer vor Augen führen. 

Bei Westernhagen heißt es weiter: "War nie wirklich weg, hab mich nur versteckt." Wo waren Sie zwischen Oktober und Ihrem Umzug nach Unterfranken im  Juni?

Klatt: Ich hab mir die Zeit mit Urlaub, meiner Familie, unserem Appenzeller Sennenhund und Hobbys wie Skifahren, Surfen, Wakeboarden und Angeln vertrieben. Wir haben in Brandenburg ein Häuschen an den Havelseen. Aber tatsächlich war ich vom Handball nie wirklich weg, ich hab mir viele Videos angeschaut und hatte ausreichend Zeit, mich auf Rimpar vorzubereiten.  

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Ihr Vorgänger Matthias Obinger hatte eine eher wissenschaftliche Herangehensweise. Wie würden Sie Ihre beschreiben?

Klatt: Als praxisnah. Wie Obi lege auch ich sehr viel Wert auf die Abwehr. Da kommt es mir vor allem auf Einstellung an. Ich verlange Leidenschaft. Charakter gewinnt Spiele.

Sie sind erst 36 - so alt wie der Teamälteste, Max Brustmann. Im Trainingslager waren Sie beim Pokern und an der Playstation mit Spielern zu sehen. Werden Sie nach Spielen auch mal mit ihnen ein Bier trinken gehen?

Klatt: Das kann schon vorkommen. Allerdings werde ich mich rechtzeitig abseilen und Cola trinken. Ich trinke keinen Alkohol.

"Ich verlange Leidenschaft. Charakter gewinnt Spiele."
Ceven Klatt, neuer Trainer der DJK Rimpar Wölfe

Dann haben sie ja noch etwas mit Ihrem Vorgänger gemein. Wollen Sie Kumpel oder Autorität für Ihre Spieler sein?

Klatt: Eine Mischung aus beidem. Abseits des Feldes kann ich gut Kumpeltyp sein, im Training und Spiel bin ich eher Autorität. Wobei ich bewusst differenziere, wann ich analytisch und wann ich emotional bin. Ich provoziere schon auch mal Zwist und greife jemanden an. 

Mögen Sie's nicht harmonisch?

Klatt: Ich mag Harmonie, und mir ist bewusst, dass der Teamgeist und die Geschlossenheit die große Stärke der Mannschaft sind...

...aber?

Klatt: In Rimpar haben sich immer alle lieb und sind gute Freunde. Der Leistung ist das nicht immer förderlich. Uns fehlt ein Drecksack. 

Wie meinen Sie das?

Klatt: Na ja, einer, der dafür sorgt, dass es auch mal richtig knallt. Das befruchtet die Leistung. Die Jungs müssen noch lernen, dass sie im Training mit einer gesunden, fairen Härte gegeneinander spielen dürfen und hinterher trotzdem ihr Bier miteinander trinken können. 

In Rimpar haben sich immer alle lieb und sind gute Freunde.
Ceven Klatt, neuer Trainer der DJK Rimpar Wölfe

Matthias Obinger war ein Einheimischer und ein Eigengewächs. Sie kommen als Fremder nicht nur in diese Mannschaft mit Kumpels, sondern auch in einen Verein mit familiären und freundschaftlichen Strukturen, aber auch Banden. Ist das ein Vor- oder Nachteil für Ihre Arbeit?

Klatt: Ein großer Vorteil ist sicherlich, dass ich unvoreingenommen bin und keine Rücksicht auf alte Geschichten nehmen muss, weil ich sie nicht kenne. Ein kleiner Nachteil mag aktuell noch sein, dass mich schon alle kennen, aber ich sie zum Teil noch nicht. Da brauche ich noch ein bisschen Zeit. Meine Linie kann ich jedenfalls jedem gegenüber klar vertreten. Dabei hat die Mannschaft und ihr Erfolg oberste Priorität. Grundsätzlich finde ich das Familiäre aber gerade das Schöne am Handball. Auch das hat mir in Düsseldorf gefehlt.  

Beim letzten Test gegen den TVG wurden Sie von den rund 400 Zuschauern in der Dreifachturnhalle herzlich empfangen – fast so viele, wie die Rhein Vikings in der vergangenen Spielzeit im Durchschnitt in der zweiten Liga hatten (500).   

Klatt: Ja, das war ein netter Empfang. Und die Atmosphäre in der s.Oliver Arena wird sicher noch mal eine ganz andere. Ich habe mit den Rhein Vikings gerne dort gespielt, obwohl der Druck von den Rängen hoch ist. Aber die Stimmung ist super! Darauf freue ich mich schon sehr.  

Welcher Song von Marius Müller-Westernhagen wäre passend als Einlauflied für die Wölfe?

Klatt: Mir fällt als erstes einer von Kontra K ein: "Erfolg ist kein Glück". 

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