W wie Wahnsinn. W wie Werbung. W wie Wille. Und W wie Wiedernichtverloren. Wenn das irre intensive Frankenderby in der zweiten Handball-Bundesliga zwischen den ziemlich besten „Feinden“ DJK Rimpar Wölfe und HSC 2000 Coburg am Mittwochabend eines eindrucksvoll gezeigt hat, dann das: Wo ein Wille ist, ist für die Wölfe auch ein Weg zum Punktgewinn. Selbst als Mittelfeldkandidat gegen den Tabellendritten. Und selbst mit Personalnot gegen den Profikader. Auch im achten Vergleich zwischen den beiden Klubs bleibt das Gesetz der Serie ungebrochen, bleiben die Unterfranken gegen die Oberfranken ungeschlagen. Wie schon das Hinspiel im Dezember endete auch das Rückspiel 22:22 (7:11). Die Reaktionen der Spieler nach dem Abpfiff zeigten, wer sich dennoch als Gewinner fühlte: Während die Gastgeber die Siegerfäuste in die Höhe reckten und sich feierten und feiern ließen, gingen die Gäste abermals mit betretenen Mienen vom Feld.
„Matthias, nun sitzen wir wieder hier, schiedlich, friedlich, unentschieden“, eröffnete Coburgs Coach Jan Gorr die anschließende Pressekonferenz an seinen Rimparer Kollegen Matthias Obinger gerichtet. „Wobei, ganz friedlich war es nun nicht. Eben ein höchst emotionales Derby“, bilanzierte Gorr. „Und emotional höchst anstrengend“, ergänzte Obinger. Beide Trainer betonten, mit dem jeweiligen Punkt und den Leistungen ihrer Teams zufrieden zu sein.
Wie es sich aber anfühlt, gegen den Lieblingsrivalen einfach nicht gewinnen zu können? „Ich will jetzt nicht ketzerisch wirken“, antwortete Gorr, „doch im Vergleich zur letzten Saison haben wir uns extrem gesteigert. Da haben wir null Punkte gegen Rimpar geholt, diesmal immerhin zwei.“ Vor allem nannte er den Mittwochszähler im Kampf um den Aufstieg nach zwei Niederlagen in den letzten drei Spielen „sehr wertvoll“.
Wie es sich anfühlt, gegen den Lieblingsrivalen einfach nicht verlieren zu können? „Ich freue mich natürlich darüber, dass wir unsere Erfolgsserie weiter ausbauen konnten“, antwortete Obinger. Ein Gefühl der Genugtuung wollte er sich nicht nachsagen lassen. „Das ist nicht angebracht. Man darf den Respekt und die Demut vor dem Gegner nicht verlieren.“ Stattdessen unterstrich auch der DJK-Trainer die Bedeutung des Punktgewinns für seine Mannschaft: „Mit nun 30 Zählern dürften wir den Klassenerhalt gesichert haben.“
Fragt man einen der wenigen, der die ganze Geschichte dieses Derbys von Beginn an, nämlich seit 2011 in der Dritten Liga, selbst miterlebt hat, freilich klingt die Antwort ein wenig anders. „Es macht natürlich Spaß, die Coburger zu ärgern und ihnen als Aufstiegskandidat noch ein bisschen in die Suppe zu spucken“, gestand das Rimparer Urgestein Max Brustmann kurz nach Spielende. Gleichwohl sagte der Torwart: „Es wäre gut für den Handball, wenn der HSC aufsteigen würde, denn da ist jede Menge Potenzial.“ Schade wäre es für die dann vorläufig endende Geschichte des Frankenderbys, das auch in seiner achten Auflage alles bot, was ein Derby braucht – mal abgesehen vom Polizeieinsatz nach dem Abpfiff, als Coburger „Problemfans“ versuchten, das Feld zu stürmen.
W wie Wahnsinn war jedoch während der Partie die Stimmung in der erstmals in dieser Saison mit 3000 Zuschauern ausverkauften s.Oliver Arena. Vor der fanastischen Kulisse spielte sich auf dem Feld ein zumeist faires und auf den Rängen überraschend friedliches Duell zwischen den in herzlicher Abneigung verbundenen harten Fankernen ab. Rund 400 Anhänger feuerten die Coburger lautstark an, der Rest der Arena war ein von den „Supporters Rimpar“ mit Trommeln unablässig aufgepeitschtes Wolfsrevier.
W wie Werbung für den Handball war der sportliche Schlagabtausch. Nicht, weil er auf spielerisch höchstem Niveau ausgetragen wurde, sondern weil er von Leidenschaft lebte und vor allem in den Abwehrreihen mit viel Körpereinsatz geführt wurde. Nach 17 Minuten waren auf beiden Seiten jeweils gerade mal fünf Treffer gefallen. Das war zum einen der Fehler beider Teams im Angriff geschuldet, zum anderen den starken Torhütern. Während der Rimparer Max Brustmann besser startete, vernagelte der ehemalige tschechische Nationalkeeper Jan Kulhanek in der zweiten Viertelstunde den Coburger Kasten.
Eine Schwächephase der Grün-Weißen nach 20 Minuten nutzten die Gelb-Schwarzen zu einem 5:0-Lauf (5:10, 27.) In dieser Phase haben wir uns gegen die Abwehr der Coburger die Zähne ausgebissen und das Heft aus der Hand gegeben “, sagte Obinger. Die Folge: Vorne brachten seine Schützlinge nichts rein und hinten den eingewechselten Matthias Gehrlich im linken Rückraum nicht zum stoppen. Er markierte drei der fünf HSC-Tore. Bis zur Halbzeit verkürzten die Gastgeber auf 7:11.
Wer die Wölfe zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschrieben hatte, der hat zuvor wohl noch nie ein Frankenderby gesehen. Dank eines taktisch klugen Kniffs von Obinger, der ihm sogar ein Kompliment seines HSC-Kollegen einbrachte, geriet der Favorit wieder ins Wanken: Der DJK-Coach schickte seine beiden Kreisläufer gemeinsam aufs Feld. Zusammen stärkten sie die eigene Defensive und brachen den massiven Deckungsverbund der Oberfranken auf. Ein ums andere Mal wurden Jan Schäffer und Julian Bötsch nun aus dem Rimparer Rückraum in Szene gesetzt. Und die Wölfe holten Tor um Tor auf.
Auch dank ihres W wie Willen. Aus einer mit Herzblut rackernden Hinterreihe mit einem nun wieder überragenden Max Brustmann im Rücken, der unter anderem drei Siebenmeter parierte, verkürzte das Rudel von 8:13 (33.) zunächst auf 12:13 (37.); in der 44. Minute gelang Kapitän Stefan Schmitt der Ausgleich zum 16:16 – und das, nachdem Max Bauer nach einem Foul in der Abwehr die Rote Karte gesehen hatte. Die Zuschauer in der Turnhölle standen nun – und die Turnhölle stand Kopf.
Bis auf 19:16 (51.) zogen die Rimparer in der Folge davon. „Da waren wir im Prinzip mausetot“, sagte Gorr. Doch seine Spieler erstanden noch einmal auf und profitierten in der dramatischen Schlussphase vom Kräfteverschleiß und der schmalen Bank der Wölfe, die aufgrund mehrerer Verletzter kaum Wechselmöglichkeiten bot. So stand nach 60 Minuten erneut ein 22:22 auf der Anzeigentafel. Aber auch ein W wie Wiedernichtverloren.
Die Statistik des Spiels
DJK Rimpar Wölfe – HSC 2000 Coburg 22:22 (7:11)
Rimpar: Brustmann (1.-60.), Madert (n.e.) – Kraus 6/3, Schmitt 1, Schömig 1, Bötsch 2, Schäffer 3, Schmidt 1, Kaufmann 3, Siegler (n.e.), Schneider (n.e.), Bauer, Brielmeier 4, Sauer 1.
Coburg: Kulhanek (1.-54.), Krechel (55.-60. und bei Siebenmetern) – Hagelin 4, Wucherpfennig, Klem, Gehrlich 3, Kirchner, Vitek 1, Coßbau 5/3, Billek 2, Riehn 1, Harmandic 1, Lilienfelds 2, Kirvelavicius 3.
Spielfilm: 2:2 (5.), 5:5 (17.), 5:10 (27.), 7:11 (HZ), 12:13 (37.), 16:16 (44.), 19:16 (51.), 19:18 (52.), 22:20 (54.), 22:22 (Endstand).
Siebenmeter: 5/4 – 5/2.
Zeitstrafen: 3:2.
Rot: Max Bauer (Rimpar, 42., grobes Foul).
Schiedsrichter: Grobe/Kinzel (Braunschweig/Bochum).
Zuschauer: 2998 (ausverkauft).
Karten für das Sonntagsspiel der Wölfe gegen Friesenheim zu gewinnen
Nach dem Spiel gegen den Tabellendritten aus Coburg ist kurz vor dem Spiel gegen den Vierten TSG Ludwigshafen-Friesenheim. Bereits am Sonntag (18 Uhr) empfangen die Zweitliga-Handballer der DJK Rimpar Wölfe die Eulen in der s.Oliver Arena zum vorletzten Heimauftritt dieser Saison. „Das wird auf jeden Fall ein ganz anderes Spiel“, kündigt DJK-Trainer Matthias Obinger an, der großen Respekt vor der Stärke des Erstliga-Absteigers hat. Die TSG ist hartnäckiger Verfolger des HSC 2000 Coburg und Rivale um den dritten Aufstiegsplatz. „Wir werden uns gegen Friesenheim genauso zerreißen, denn wir wollen ja nicht unsportlich sein“, kündigte Wölfe-Torwart Max Brustmann nach dem Frankenderby an. Das Hinspiel in der Pfalz verloren die Rimparer mit 21:28. Für die Sonntagspartie verlosen wir wieder 5 x 2 Sitzplatzkarten. Sie wollen gewinnen? Dann schicken Sie bis spätestens Freitag (6.5.), 17 Uhr, eine E-Mail mit dem Stichwort „Wölfe“ an
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