
Gerade, als Michael Schumacher im knallroten Ferrari Sieg um Sieg einheimste, war der Berufswunsch vieler Kinder nicht mehr Feuerwehrmann oder Polizist. Sie wollten Rennfahrer werden und wie "Schumi" ganz oben auf dem Podest stehen. Ein Kart-Boom folgte, die Bahnen wurden überrannt. Bis nach ganz oben, in die Formel 1, schafften es nur wenige. Der Boom ebbte ab, Feuerwehrmann und Polizist erlebten eine Renaissance.
Trotzdem versuchen auch heute noch Jugendliche, ihren Profi-Traum zu leben. Der Kürnacher Laurin Heinrich ist einer von ihnen. Der 19-Jährige, der im vergangenen Jahr die Rookie-Wertung des Porsche Carrera Cup Deutschland gewonnen hat, will zunächst BWL-Studium und Rennwochenenden unter einen Hut bringen, um schließlich vom Fahren leben zu können.
Ein Sprung ins kalte Wasser
Daran, dass es so kommen könnte, zweifelte Heinrich anfangs selbst, der erst spät ins Rennkart stieg. 2016, nach seinem ersten Kart-Titel, erklärte er noch, dass es mit 17 fast schon zu spät für eine Karriere sei. Nichtsahnend, dass das Wörtchen "fast" noch eine große Rolle spielen würde. Der zuletzt für das Team T3/HRT Motorsport gestartete Pilot muss schon ein bisschen schmunzeln, als er im elterlichen Kürnacher Autohaus, umrahmt von drei Cup-Porsches, an seine Anfänge zurückdenkt. "2017 bin ich mit meinem Papa als Vater-Sohn-Team, also ohne Ingenieure, in die Formel 4 gewechselt. Der Sprung vom Kart ins Auto war schwierig, aber doch nicht zu groß. Ich bin im Mittelfeld unterwegs gewesen, habe 2018 pausiert und bin letztendlich in den Porsche Carrera Cup Deutschland gekommen."

Was banal klingt, war für die Heinrichs harte Arbeit. Doch sie hatten Glück: Nachdem sie um Testtage gebeten hatten, fand sich ein Unterstützer, der Heinrich einen 485 PS starken Vorjahreswagen zur Verfügung stellte. Der Dank folgte prompt - in Form der Meisterschaft im Porsche Sports Cup. "Durch meine Kontakte bin ich im GT3-Cup gelandet und habe die Rookie-Wertung der Neueinsteiger gewonnen", erzählt der Rennfahrer, als er es sich in der Sitzecke bequem gemacht hat.
Trainingssessions vor dem Bildschirm
Ausruhen kam jedoch nicht in Frage - zu Saisonbeginn im September waren die Porsche-Fahrer am Rande der 24 Stunden von Le Mans unterwegs. Heinrich, der Vierter von 52 Fahrern und in der deutschen Cup-Wertung Dritter von 22 wurde, strahlt auch lange danach so sehr, dass es nicht mal eine Maske verdecken kann. "Es war traumhaft - und mega, dass das Highlight der Saison schon zum Auftakt kam. Teilweise waren wir da auch auf normalen Straßen unterwegs, leider nur für ein Rennen."

Diese wurden wie der Fahrer-Alltag von der Corona-Pandemie beeinflusst. Der Terminkalender wurde gestrafft, nur fünf der acht Rennwochenenden gingen über die Bühne. Heinrich, der auch als E-Sports-Rennfahrer aktiv ist und Simulatoren vertreibt, setzte sich oft vor den Bildschirm, um sich vorzubereiten. "Mit dem Zocken an der Konsole ist das Ganze nicht vergleichbar, das ist schon ein ganz anderes Level."
Die Simulatoren seien mittlerweile so gut, dass man sich mit den Programmen sehr gut vorbereiten könne. "Es gibt sogar ein amerikanisches Team, das die Rundkurse ganz genau erfasst. So bekommt man beispielsweise Bodenwellen ab, die man auch auf der Strecke fühlt." Vorausgesetzt, es wurde nicht noch schnell neu asphaltiert. Doch davon lässt sich Heinrich, der eigentlich für die pandemiebedingt ausgefallene Porsche-Junior-Sichtung nominiert worden war, nicht abbringen. Um für die Zukunft gerüstet zu sein, studiert er auch noch BWL. Bleibt dafür überhaupt noch Zeit? Heinrich wird ein bisschen nachdenklich. "Sie muss ich mir nehmen. Früher, in der Schule, wurde ich für Rennen befreit. Ob das an der Uni geht, weiß ich noch nicht. Zudem ist noch unklar, für welches Team ich in der kommenden Saison fahren werde."
Aus der Ruhe bringen lassen darf sich der Kürnacher nicht - schon gar nicht auf der Strecke. Sein Porsche hat nämlich kein ABS. "Wenn es mir dann noch gut geht, wenn ich abgeflogen bin, stehen bis zu 15 000 Euro Selbstbeteiligung an. Manchmal geht aber nur die Spoilerlippe kaputt, die kostet 150 Euro." Den Rest übernehmen spezialisierte Rennsport-Versicherungen. Dennoch: Heinrich gibt zu, dass "man in diesen Klassen noch Geld mitbringen muss". Eine Saison kostet zwischen 200 000 und 300 000 Euro, in seinem Fall übernehmen den Großteil Sponsoren und Unterstützer.

Wann er die nächsten Schritte machen wird, kann der Rookie noch nicht sagen. "Wenn man die Sichtung bei Porsche gewinnt, startet man im Porsche Supercup als Young Professional. Dann fährt man beispielsweise auch 24-Stunden-Rennen wie das am Nürburgring. Wird man befördert, ist man Werksfahrer und darf zum Beispiel in Le Mans starten. Aber da hat jeder Hersteller sein eigenes System."
Doch der gebürtige Würzburger hat fest vor, eines Tages Werksfahrer zu sein, "man darf aber niemals nie sagen, denn man weiß nicht, was noch kommt." Und so hält sich der Kürnacher, der auch im Porsche Carrera Cup Deutschland Talent Pool ist und Unterstützung durch Mentaltrainer und Coaches bekommt, akribisch fit. Wenn auch manchmal am Computer...