Ein präziser Wurf, den kein Torwart pariert. Eine winzige Abwehrlücke, die sonst keiner sieht. Ein überraschender Pass, mit dem kein Gegner rechnet. Wäre Steffen Kaufmann auf Bolzplätzen groß geworden, vielleicht wäre er der Typ Straßenfußballer gewesen. Den Instinkt hätte er vermutlich gehabt, die Unbekümmertheit sicher. Er aber ging mit vier Jahren in seiner Heimat Weil am Rhein in eine Halle und spielte mit Handbällen. Heute ist er 26 und tut das immer noch – seit fünfeinhalb Jahren und noch mindestens zwei weitere beim Zweitligisten DJK Rimpar Wölfe. Dort hat der gebürtige Lörracher seinen Vertrag bis 2021 verlängert, wie der Klub am Donnerstag bekannt gab.
Familiäres Umfeld
Es war nicht so, dass der introvertierte Linkshänder im rechten Rückraum keine anderen Angebote gehabt hätte. „Aber es gehört viel dazu, um an einem fremden Ort einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen“, begründet er seine Entscheidung. „Ich bin der Typ, der ein familiäres Umfeld braucht, um sich wohlzufühlen. Das habe ich hier.“
Win-Win-Situation
Eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Denn Kaufmann ist für die Wölfe immens wichtig – nicht nur, weil er kein einziges Pflichtspiel verpasst hat und am Samstag im Derby gegen seinen Ex- und Ausbildungsverein Großwallstadt, vor seinem 225. Einsatz im DJK-Trikot steht. „Steffen ist unser Kreativdirektor“, sagt Trainer Matthias Obinger und nennt seinen Schützling „extrem spielintelligent“. „Schlaue Spieler erkennen, welche Handlungsmöglichkeiten sie haben. Sehr schlaue Spieler entscheiden sich instinktiv für die richtige. Steffen gelingt das fast immer.“ Ein Lob, das Kaufmann zugleich freut und verlegen macht: „Ich entscheide halt intuitiv.“
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Akteur mit den meisten Assists
Zählte er in seinen ersten Jahren in Rimpar zweimal zu den zehn besten Torschützen der Liga, so hat sich seine Rolle längst etwas verändert. Zwar ist er immer noch der Topwerfer im Team, vor allem aber ist er der Akteur mit den am Abstand meisten Assists. Mehr als 1000 dürften es seit 2013 gewesen sein – bei 944 Treffern, davon fünf per Siebenmeter. „Solange wir gewinnen, ist mir egal, ob ich zehn Tore werfe oder nur fünf und dafür noch fünf Vorlagen gebe“, sagt er schulterzuckend und frotzelt: „Auch wenn die Assists nicht in der Zeitung erwähnt werden.“
Dass er in all der Zeit lediglich 14 Zeitstrafen und eine Rote Karte kassiert hat, ist freilich auch der Tatsache geschuldet, dass er in der Abwehr nur phasenweise auf Außen ran muss. Mit ein Grund dafür, dass der gelernte Kaufmann für Büromanagement mit Spitznamen Willi von ernsthaften Verletzungen bislang verschont geblieben ist.
Bemerkenswerte Entwicklung
Eine bemerkenswerte persönliche Entwicklung attestiert Obinger dem Fan des FC Bayern München, der in seiner Freizeit mit Freund und Spielmacher Patrick Schmidt gerne an der Konsole zockt – aktuell führen die beiden als Manager den NBA-Klub Dallas Mavericks mit dem Würzburger Dirk Nowitzki („bei uns spielt er mehr als in echt“). „Steffen ist als Mensch sehr gereift und reflektiert sich viel mehr als früher.“ Auch Kaufmann räumt ein: „Früher hab ich mich selbst runtergezogen, wenn‘s nicht so lief. Heute versuche ich als Führungsspieler Vorbild und Ansprechpartner für die Jungen zu sein.“
Auge für Situation und Mitspieler
Mit einem hadert der mit 1,83 Metern vergleichsweise kleine Rückraum-Rechte manchmal aber noch: „Ich wär gern ein paar Zentimeter größer“, gesteht er, „auch wenn ich mittlerweile ganz gut damit umgehen kann.“ Wer weiß, ob Steffen Kaufmann dann ein so ausgeprägtes Auge für Situationen und Mitspieler entwickelt hätte? So hat er jedenfalls aus seinen Möglichkeiten nicht nur annähernd das Maximum, sondern vor allem sein Markenzeichen gemacht.