Sein letztes Spiel für seinen Stammverein bestritt er 1990 in München, der Geburtsstadt seiner Mutter. Beim FC Bayern. Vor gerade einmal einer Handvoll Zuschauern. Damals, Jahrzehnte ist's her, spielten Würzburgs beste Basketballer noch nicht in der ersten Bundesliga, und der FC Ruhmreich war noch nicht der Dominator von Deutschlands Premiumklasse. Und Heiko Fischer hatte sein Vordiplom in der Tasche und wollte sein an der Julius-Maximilian-Universität in Würzburg begonnenes Studium in den USA abschließen. "Bis dahin konnte ich den Sport und das Studium ganz gut verbinden", sagt der heute 52-Jährige, der es als Aufbauspieler immerhin bis in die zweite Bundesliga geschafft hatte und dann aufbrach über den großen Teich, wo er an der State University of New York in Albany seinen Hochschulabschluss machte. Mit dem MBA kam er dann Anfang der Neunziger zurück - nur kannte diesen Abschluss damals in Deutschland noch fast keiner.
Seit 16 Jahren Vorsitzender des Vorstands
Fischer erzählt die hübsche Geschichte, dass er als nun diplomierter Wirtschaftswissenschaftler in einem Bewerbungsverfahren bei einem berühmten schwäbischen Autobauer alleine deshalb keine Anstellungschance hatte, weil in den Einstellungsformularen das Kästchen MBA als Hochschulabschluss fehlte. "Für die konnte ich gar kein Hochschulabsolvent sein", sagt Fischer in dem geschmackvoll eingerichteten Besprechungszimmer mit den bodentiefen Fast-Rundumfenstern mit Blick auf Hamburg - und lacht. In der Hansestadt ist er dann 1995 gelandet, nachdem er den Rat des Würzburger Ökonomie-Papstes und Honorarprofessors Otmar Issing befolgt hatte, er möge doch promovieren. Seit fast 25 Jahren ist Fischer nun bei der VTG, Europas größtem privaten Vermieter von Eisenbahnwaggons. Seit 16 Jahren ist er der Vorsitzende des Vorstands (im Wirtschaftsfachjargon: CEO) des Milliarden-Unternehmens, was deswegen bemerkenswert ist, weil hierzulande die durchschnittliche Regentschaft von CEOs in derartigen Unternehmen weit weniger als die Hälfte dieser Zeit andauert.
Dass diese Geschichte nicht im Wirtschaftsteil dieser Redaktion erscheint, sondern im Sport, hat neben Fischers persönlichem Basketball-Hintergrund eine weitere Ursache: Seit ziemlich genau einem Jahr ist die VTG Hauptsponsor des Basketball-Bundesligisten Hamburg Towers, den der ehemalige Würzburger Spieler Marvin Willoughby mitgründete und als Geschäftsführer und Sportdirektor in die Bundesliga führte. Eine mittlere sechsstellige Summe lässt Fischer sich das sogenannte Employer-Branding, also die Arbeitgeber-Markenbildung, und den Namenszug auf der Trikotbrust kosten.
Zwei Ex-Basketballer aus Würzburg in der Fremde - und welcher Zuschauer des Körbewerfens leiht sich schon einen Eisenbahnwaggon aus? Man könnte schnell auf den Gedanken kommen, eher in Köln und seinem Klüngel gelandet zu sein als im - Klischee! - nüchtern-strengen Hamburg . . . Erst lacht Fischer herzlich, dann antwortet er ganz ernst: "Genau deshalb habe ich natürlich noch strengere Maßstäbe an unser Engagement angelegt. Ich bin den Aktionären und unseren Mitarbeitern gegenüber verantwortlich, mit unserem Geld treusorgend umzugehen." Fischer sagt, er wollte unter allen Umständen vermeiden, den Duft einer Amigo-Geschichte ruchbar werden zu lassen.
Ausbildungsprogramm für Jugendliche
Die Towers aus dem Problemviertel Wilhelmsburg, die aus dem zahlreich prämierten Sozialprojekt "Sport ohne Grenzen" hervorgegangen sind, das benachteiligten Kindern und Jugendlichen Chancen eröffnen will, passten hervorragend zum Unternehmen. "Auch wir bieten mit unserem Projekt "VTG RailTrain" ein Ausbildungsprogramm für Jugendliche an, die aus unterschiedlichsten Gründen auf dem regulären Arbeitsmarkt keine Chance haben", sagt Fischer. "Uns verbinden gute Werte und ein aufrichtiges soziales Engagement", und alleine schon aus diesem Grund hätte sich ein Sponsoring bei den natürlich viel populäreren Vereinen der Hansestadt, also im "superkommerziellen Fußball", wie Fischer es nennt, von selbst verboten. "Das Gesamtbild von Verein und unserem Unternehmen ist absolut stimmig."
Fischer sagt, er habe die Irrungen und Wirrungen der Basketballer aus Würzburg, wo seine Mutter noch immer lebt, in den letzten Jahrzehnten "natürlich verfolgt" und freue sich darüber, dass "das Umfeld offenbar intakt geblieben ist" und es beständig Bundesliga-Basketball gibt in seiner Geburtsstadt. Dasselbe wünscht er sich für seine neue Heimat Hamburg nun selbstverständlich auch.