Im Norden nichts Neues. In mehrerlei Hinsicht. Denis Wucherer kommt bestimmt gerne nach Hamburg - jedenfalls sind seine Dienstreisen in die Hansestadt stets von Erfolg gekrönt. Vor knapp zwei Jahren, damals noch als Trainer der RheinStars Köln, entführte er in der zweiten Liga bereits den Sieg aus der edel-optics.de Arena im Stadtteil Wilhelmsburg. Selbiges gelang ihm und seiner Mannschaft am Samstagabend erneut. Eine Klasse höher. Und einmal mehr machte es Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg spannend. Eigentlich unnötig spannend, da die Unterfranken die Partie in der ersten Halbzeit fest im Griff hatten, fast nach Belieben dominierten - und in der zweiten dann zu wenige adäquaten Antworten mehr fanden auf das veränderte Spiel der Hausherren. Weshalb der zehnte Saisonsieg beim Bundesliga-Neuling Hamburg Towers mit 86:83 mal wieder reichlich eng ausfiel.
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"Ist ja nix Neues in dieser Runde", meinte Baskets-Trainer Wucherer, der beim Blick auf den Statistikbogen vor allem mit dem Reboundverhältnis (Würzburg 23, davon gerade einmal vier unter des Gegners Brett, Hamburg insgesamt 36, zwölf in der Offensive), der aus seiner Sicht mangelhaften Anzahl an Assists (16, Hamburg 15) und den Ballverlusten (15, Towers 17) haderte. "Wenn wir in der ersten Hälfte nicht so eine Dreierquote gehabt hätten, dann verlierst du dieses Spiel", mutmaßte Wucherer. Vermutlich zu Recht. Im ersten Viertel ging nur einer der sieben Versuche aus der Distanz daneben, zur Halbzeit war die Quote immer noch bei sehr beachtlichen 64 Prozent (neun von 14 Versuchen aus der Ferne fanden ihr Ziel). In den zweiten 20 Minuten kamen dann jedoch nur noch drei Dreier dazu, bei zwölf Versuchen.
Den Grund, woran es lag, dass die Baskets nach einer zwischenzeitlichen 15-Punkte-Führung im zweiten Viertel (50:35) sich in der zweiten Hälfte dann so schwer taten, hat Wucherer in seiner ersten Analyse auch ausgemacht: "Wir wollten bereit sein, waren wir aber nicht wirklich. Unsere Guards gelingt es nicht, einen Plan B zu entwickeln, wenn sich das Spiel ändert." Offenbar dächten sie, die Partie laufe wie gehabt, und "dann sind sie verwundert, dass es plötzlich ein anderes Spiel ist". Es sei klar gewesen, dass Hamburg nach der Pause versuchen würde "einen Lauf zu starten", weil sie das in der Vergangenheit häufiger taten und auch bewiesen, dass es ihnen gelingt - wenngleich die Hanseaten dann allzuoft dasselbe Schicksal ereilte wie am Samstag: Sie verloren dennoch. Und warten inzwischen seit fast neun Monate auf einen Heimsieg - seine drei Erfolge in seiner Premierensaison im Oberhaus gelangen dem Klub von Ex-Würzburger Marvin Willoughby allesamt in der Fremde.
"Hamburg war in der zweiten Halbzeit sehr aggressiv und hat uns im Angriff aus dem Rhythmus gebracht", sagte Cameron Wells, Baskets-Kapitän, wichtigster Guard in Wucherers System und mit Spielmacher-Kollege Skyler Bowlin mit 15 Punkten mal wieder treffsicherster Würzburger: "Wir haben aber weiter als Team zusammengespielt und uns durchgekämpft." Das kann man durchaus so sagen, und Positives können die Baskets aus ihrem Ausflug an Elbe und Alster ja auch ziehen: "Wir hatten schon viele enge Spiele in dieser Saison und wissen, worauf es in diesen Situationen ankommt und was wir machen müssen", sprach Wells und demonstrierte damit auch gewachsenes Selbstvertrauen: "Da sind viele kleine Dinge entscheidend."
Kleine Dinge, die gar nicht so klein sind, manchmal. Wie zum Beispiel 7,1 Sekunden vor Schluss die Nerven zu behalten wie der 31-jährige, in der dreiwöchigen Spielpause zuletzt offenbar von einem türkischen und einem italienischen Klub umworbene Texaner, der den Körbereigen nicht nur eröffnet hatte, sondern mit zwei Freiwürfen auch für den Endstand sorgte. Und anschließend mit seinen Kollegen die Stufen in der schmucken und in der zweiten Hälfte durch die 3400 Augenzeugen auch sehr stimmungsvollen und ausverkauften Halle auf dem Gelände der Internationalen Gartenschau 2013 hochschritt zu den gut 150 angereisten Baskets-Anhängern. Wo die Spieler ausgiebig, klatschend und hüpfend den vierten Auswärtssieg der Runde feierten.
Unterm Strich steht nun jedenfalls: Die Baskets sind aus der zweiten längeren Spielpause erfolgreicher rausgekommen als aus der ersten in dieser Saison, als es in Gießen eine doch einigermaßen überraschende Niederlage gesetzt hatte. Mit zehn Siegen steigt man üblicherweise nicht mehr ab, also ist das erste Saisonziel abgehakt. Und vor der nächsten Pause ab Mitte Februar erscheint nun der Wunsch, mindestens drei der vier Partien zwischen den Unterbrechungen zu gewinnen, jedenfalls nicht mehr utopisch: Nach dem Gastspiel kommenden Sonntag bei Titelverteidiger Bayern München folgt die Reise nach Braunschweig (8.2., 20.30 Uhr) und das Heimspiel gegen Bayreuth (12.2., 19 Uhr).
Um sich diesen Wunsch freilich zu erfüllen, sagt Wucherer, "müssen wir viel mehr besser machen als heute in der zweiten Halbzeit". Noch reiche es nicht, um den Plan, "auch mal ein gesetztes Play-off-Team zu schlagen", auch umzusetzen. "Dafür müssen wir die nächste Stufe zünden", sagt der Trainer, "und uns einen Schritt weiterentwickeln, um auf ein höheres Niveau zu kommen."