Jetzt ist die EM-Stimmung am Würzburger Dallenberg endgültig angekommen. Am Dienstag hat die rumänische Fußball-Nationalmannschaft erstmals im Stadion der Würzburger Kickers trainiert und das, Stand jetzt, vermutlich das einzige Mal in diesen Europameisterschafts-Wochen öffentlich mit Fan-Unterstützung. Auch wenn die in den 1990er Jahren noch stolze und erfolgreiche Fußballnation inzwischen eine vergleichsweise namenlose Mannschaft ohne Stars des Weltfußballs ins Rennen schickt und Rumänien in Deutschland als großer Außenseiter gilt, die Faszination, die von diesem Turnier ausgeht, der Funke der Begeisterung scheint auch in Würzburg schnell überzuspringen.
Rund 3000 Zuschauerinnen und Zuschauer füllten am Dienstagvormittag die Ränge. Viele Schulklassen aus der Stadt und dem Würzburger Umland hatten die Trainingseinheit als Anlass für einen Ausflug genommen. Auch zahlreiche in Deutschland lebende Rumänen waren gekommen, um ihrem Team vor dem Auftaktspiel am kommenden Montag gegen die Ukraine den Rücken zu stärken.
Die Stimmung auf den Rängen war entsprechend ausgelassen und entspannt. Der rumänische Verband hatte am Eingang viele hundert Fähnchen verteilt. Ein großer aufblasbarer Fußball, der mit Zitaten von Nationalspierlern in rumänischer Sprache bedruckt ist, diente am Stadioneingang als beliebtes Fotomotiv. Und das altehrwürdige Tribünenviereck präsentiert sich dieser Tage im EM-Look.
Die eigentlichen Werbeflächen rund um das Stadion sind abgeklebt worden, rings ums Spielfeld dürfen sich ausschließlich die offiziellen Turniersponsoren präsentieren. Auch der rumänische Verband selbst setzt seine Werbepartner in Szene und zwar im Pressebereich. Im Kabinengang indes wurde die Kickers-Farbe rot mit blauer Folie überklebt, an vielen Ecken im Treppenhaus prangt derzeit das Verbandsemblem. Im angrenzenden Zeltbau, wo bei Kickers-Heimspielen die VIPs verköstigt werden, sind Stühle und Tische ausgeräumt worden, um Platz zu schaffen. Hier wurde ein provisorischer Fitnessraum geschaffen, den das Team bereits am Dienstag zum Aufwärmen nutzte.
Wie groß das Interesse und die Unterstützung bei der öffentlichen Einheit am Dienstag waren, das überraschte dann auch die Spieler, die am Montag ihre Unterkunft im Hotel Melchior-Park am Hubland bezogen hatten. Abwehrspieler Radu Dragusin, bei Premier-League-Klub Tottenham Hotspur beschäftigt und so etwas wie der rumänische Hoffnungsträger für ein gutes Turnier, sagte: "Wir freuen uns, dass so viele Leute zu einem Training gekommen sind." Die Bedingungen in Würzburg seinen, das habe er bereits festgestellt, gut: "Die Begeisterung ist groß. Es sind viele Rumänen da, um uns zu unterstützen. Das ganze Hotel ist mit Bildern von uns geschmückt."
Für das Team, das nach den torlosen Unentschieden in den letzten Testspielen vor der EM gegen Bulgarien und Liechtenstein noch einiges an Kritik kassiert hatte, schien der herzliche Empfang tatsächlich ein deutlicher Stimmungsaufheller zu sein. Jedes Tor im Training wurde stürmisch beklatscht. Dragusin, der bei der ersten offiziellen Pressekonferenz des Nationalteams am Dallenberg auf dem Podium die Fragen der zahlreich aus Rumänien angereisten Pressevertreter beantwortete, stellte fest: "Ich kann die Atmosphäre bei Tottenham nicht mit der bei der Nationalmannschaft vergleichen. Ein Verein hat nur eine begrenzte Anzahl an Fans. Hier steht ein ganzes Land hinter uns." 16 Kameras filmten seine Aussagen mit. Pressevertreter aus anderen Nationen interessierten sich indes für die Ausführungen des rumänischen England-Legionärs nicht.
Nachdem Dragusin und seine Kollegen dann unter dem Applaus der Zuschauerinnen und Zuschauer das Training beendetet hatten, waren sie auch schnell wieder vom Dallenberg verschwunden. Ohne zu duschen ging es zurück ins Teamhotel. Am Mittwoch steht die nächste Trainingseinheit an, dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit.