Die kurioseste Szene in Buchbach spielte sich lange nach Abpfiff der Regionalliga-Partie zwischen dem TSV und den Würzburger Kickers (0:1) ab. Sichtlich wütend brüllte der Mann mit dem halbvollen Weizenglas in der Hand immer wieder in Richtung der Gästekabine. Die Kickers sollten die Musik leiser machen, mit der sie ihren Sieg feierten. Er würde ihnen sonst den Strom abstellen, soll er gedroht haben. FWK-Mittelfeldmann Ivan Franjic ging hin und versuchte, den Mann zu beruhigen. Irgendwann ging der Wütende weg. "Ich bin hier der Präsident", soll er gesagt haben.
Den Spielern der Würzburger Kickers wird die Aufregung so spät am Freitagabend herzlich egal gewesen sein. Sie stiegen glücklich in den Bus und machten sich auf die Rückfahrt nach Würzburg. Mit dem vermutlich breitesten Grinsen dürfte Innenverteidiger Yannick Scholz auf seinem Sitz gesessen haben. Der 27-Jährige hatte sein Startelfdebüt in der Liga in den 90 Minuten mit dem entscheidenden Treffer gekrönt und den FWK zudem in höchster Not vor dem 1:1 bewahrt, als er einen Schuss kurz vor der Linie klärte.
"Ein supergeiles Gefühl", sagte Scholz nach Spielende. Nichtsdestotrotz sei der Erfolg ein Mannschaftssieg gewesen. "Jeder hat alles reingeworfen, seine Kopfballduelle gewonnen. Die Jungs vorne sind super angelaufen."
Scholz' Tor fiel nach einer Ecke. Franjic hatte den Ball von links reingebracht, letztlich fiel er dem Innenverteidiger vor die Füße, und dieser schob flach ein. Dass das Spiel über einen Standard entschieden werden könnte, hatten die Kickers erwartet, sagte Scholz. Das sei in der Kabine auch angesprochen worden.
Trainer Marco Wildersinn hatte extra sein System umgestellt, um auf die Gegebenheiten in Buchbach zu reagieren. Der Platz war ziemlich uneben, es war klar, dass viele lange Bälle gespielt würden. Vor allem in Richtung des Sechzehners der Kickers. Da konnten die 1,92 Meter des zusätzlichen Innenverteidigers Scholz nicht schaden. Also ließ der Trainer seine Elf im 3-5-2-System spielen.
Kickers-Trainer Marco Wildersinn lobt Yannick Scholz
Dem neuen Mann in der Abwehrkette attestierte Wildersinn eine starke Leistung. "Tolle Leidenschaft. Ich habe auch keine groben Fehler gesehen. Und am Ende fällt ihm der Ball auf den Fuß und er macht das Tor. Von daher: Besser kann so ein Startelfdebüt nicht laufen."
Auch Scholz selbst fühlte sich neben seinen Innenverteidiger-Kollegen Daniel Hägele und Marius Wegmann wohl. "Es hat sich nicht fremd angefühlt, ich habe auch keine Anlaufzeit gebraucht. Die beiden haben mich sehr gut aufgenommen", sagte Scholz. Selbiges gelte für Fabrice Montcheu auf der rechten Seite und Maximilian Zaiser in der Mittelfeldzentrale direkt vor Scholz.
Letzterer wurde nach einem gewonnenen Zweikampf während des Spiels von Scholz lautstark motiviert, dazu gab es einen Klaps auf den Po. "Ich bin neu und versuche, mich bestmöglich einzubringen", kommentierte Scholz die entsprechende Nachfrage. "Das ist meine Art, das mache ich nicht nur in Spielen wie heute, wo die Mentalität besonders gefragt ist." Er tue so etwas in jedem Spiel. "Wenn einer einen geilen Zweikampf hat, dann kann man ihn dafür auch feiern."
Würzburger Kickers empfangen Greuther Fürth II am kommenden Wochenende
Bei aller Freude über die drei Punkte, die spielerische Leichtigkeit der vergangenen Saison ist bei den Kickers noch nicht wieder eingekehrt. Auch Trainer Wildersinn sprach von einem "hart erarbeiteten" und "leidenschaftlich erkämpften" Sieg. Überrascht war er davon jedoch nicht. Aufgrund des unebenen Platzes sei es schwierig, in Buchbach einen gepflegten Ball zu spielen. "Deshalb war es klar, dass mit vielen langen Bällen gespielt wird. Wir haben das von Anfang an voll angenommen."
Zwar sei seine Mannschaft in Hälfte eins in manch einer Situation zu passiv bei zweiten Bällen gewesen, nach Wiederanpfiff habe sich das dann aber verbessert. "Wir sind mit Schwung aus der Halbzeit gekommen und haben uns in der kurzen Druckphase mit dem 1:0 belohnt", sagte er. Sicherlich hätte man das zweite Tor nachlegen können, das habe man aber leider versäumt, sodass es bis zum Ende eng und umkämpft gewesen sei. "Aber wir haben alles reingeworfen, und die Jungs haben sich voll dagegengestemmt."
Um ein Haar hätte das am Ende alles nichts gebracht, schließlich traf der TSV in der Nachspielzeit noch die Latte. "Da haben wir Glück, muss man sagen", betonte Wildersinn, der nun hoffen wird, dass das Heimspiel gegen Greuther Fürth II (Samstag, 9. September, 14 Uhr) vielleicht ein wenig eher zugunsten seiner Mannschaft entschieden sein wird.