Handball, 2. Bundesliga
DJK Rimpar Wölfe - Wilhelmshavener HV 43:25 (20:11)
Nein, es war kein Spiel wie jedes andere. Es war eine Gastgeber-Gala mit Gänsehaut-Atmosphäre.
Als die Handballer der DJK Rimpar Wölfe am Dienstagabend um 20.18 Uhr – 20 Minuten später als geplant, weil die Schiedsrichterinnen im Stau gesteckt waren – mit Lichtshow in die s.Oliver Arena einliefen, saßen zum ersten Mal seit mehr als sieben Monaten wieder Zuschauer auf den Tribünen. 186 der 400 zugelassenen Dauerkartenbesitzer und VIP-Gäste waren so kurzfristig gekommen, und sie trommelten und klatschten die Wölfe in diesem vorletzten Nachhol-Heimspiel der Saison, einem der wichtigsten der fordernden Corona-Saison überhaupt, zum 43:25 (20:11)-Sieg - ihrem höchsten Erfolg in acht Jahren in der zweiten Bundesliga.
So viele Tore wie sonst in zwei Spielen
"So viele Tore werfen wir normalerweise in zwei Spielen", frohlockte DJK-Toptorjäger Steffen Kaufmann, nachdem die "Rimpar, Rimpar"-Rufe der Fans Minuten später verklungen waren. "Es war richtig laut heute in der Halle. Umso schöner, dass wir den Klassenerhalt mit so einem grandiosen Spiel besiegeln konnten." Die Wilhelmshavener indes müssen mehr denn je darum bangen.
Für sie hatte die Runde schon turbulent begonnen, nachdem auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Würzburg einer ihrer Geschäftsführer und zugleich Hauptsponsoren Mitte September 2020 wegen des Verdachts des Millionenbetrugs verhaftet worden war. Aufgrund des dadurch erforderlichen Wechsels des sportlichen Trägers bekommt der WHV am Saisonende noch vier Punkte aberkannt.
Rolf Brack hat mit mehr als 30 Jahren Bundesliga-Erfahrung schon so einiges erlebt, und doch berauschte ihn dieser Streich in einem von sechs Duellen als Interimstrainer der DJK durchaus. Er sprach begeistert von "Handball-Kultur", die sein Team gezeigt habe, auch von "Heißblut-Handball" und seiner eigenen "Handschrift" die "nach nur rund zehn Trainingseinheiten bereits zu erkennen" sei: "24 Tempoversuche, davon 19 Tore – so viel wie sonst in Summe in fünf Spielen", nannte er "herausragend positiv". Er sei stolz, ein bisschen auf sich, aber vor allem auf die Mannschaft, die eine "überragende" Leistung gezeigt habe. Sein WHV-Kollege Christian Köhrmann bezeichnete den Rimparer Sieg "auch in dieser Höhe" als "verdient".
Köhrmann-Comeback nach fünf Jahren Pause
Es war auch aus personeller Sicht kein Spiel wie jedes andere. Auf beiden Seiten gingen wichtige Akteure gefährlich angeschlagen in das Duell, um sich in die Dienste ihrer Teams zu stellen: bei den Unterfranken Abwehrchef Philipp Meyer sowie die Halbrechten Steffen Kaufmann und Lukas Böhm, bei den Niedersachsen unter anderem die Rückraumakteure Bartosz Konitz und René Drechsler. Außerdem fehlten mehrere Verletzte. Dafür gab Trainerbruder Oliver Köhrmann nach fünf Jahren Pause im Alter von 44 ein gutes Comeback auf der Mitte – er war damit nur einer von nur zehn Feldspielern beim WHV.
Schließlich war es auch sportlich kein Spiel wie jedes andere. Einem teils wilden Beginn mit hohem Tempo und schnellen Toren (7:7, 12.) folgte eine 3:0-Serie der Wölfe, die Kapitän Patrick Schmidt nach der zweiten Welle mit einem ansatzlosen Wurf aus dem Handgelenk zum 10:7 (15.) garnierte. Bis zur Pause bauten die Hausherren dank diesmal deutlich verbesserter Wurfquote von 78 Prozent ihre Führung auf 20:11 aus. So viele Treffer hatten sie in dieser Saison noch nie in nur einer Halbzeit geworfen – in zwei Partien sogar noch nicht mal in 60 Minuten.
Superlativ-Lob für Yonatan Dayan
Herausragend war dabei Yonatan Dayan mit acht Toren aus acht Versuchen. "Er hat heute auch internationalen Ansprüchen über das Niveau von Israel hinaus genügt", bemühte Brack sogar Superlative, der auch Michael Schulz und Benedikt Brielmeier extra lobte.
Nach dem Seitenwechsel ging das Schaulaufen der Rimparer weiter. Sie überrannten die immer mehr auseinanderbrechenden und immer weniger dagegenhaltenden Wilhelmshavener weiter. Nach 44 Minuten lagen sie bereits mit 31:15 vorn. Der WHV, er konnte einem leidtun. Erst recht, als DJK-Rechtsaußen Felix Karle auch noch einen Kempa-Trick ins Tor zauberte und Schlussmann Andreas Wieser aus seinem Kasten zum 38:20 ins leere gegnerische Gehäuse traf (52.).
"Ich denke, wir stoßen jetzt in der Kabine mal an", meinte Kaufmann grinsend. "Die meisten müssen ja morgen arbeiten. Richtig feiern wir dann vielleicht am Wochenende." Nach dem ersten der letzten drei Spiele am Freitag beim TSV Bayer Dormagen. Das dürfte eher ein Spiel wie jedes andere werden.