Handball, 2. Bundesliga
TuS N-Lübbecke - DJK Rimpar Wölfe 23:23 (10:13)
Wer hätte gedacht, dass die am meisten diskutierte Frage rund um die Zweitliga-Handballer der DJK Rimpar Wölfe am Samstagabend lauten würde: War es ein gewonnener oder verlorener Punkt? 23:23 leuchtete es nach 60 Minuten auf der Anzeigentafel des TuS N.-Lübbecke in der Merkur Arena. Und Ceven Klatt, der seiner Mannschaft einen "sehr disziplinierten und leidenschaftlichen" Auftritt attestierte, sagte nach seinem durchaus als gelungen zu bezeichnenden Debüt als DJK-Trainer: "Hätte mir vor dem Spiel jemand den Punkt angeboten - ich hätte ihn genommen." Emir Kurtagic, der beim Gegner ebenfalls seine Premiere gegeben hatte, stimmte dem Kollegen auf der Pressekonferenz zu: "Das Unentschieden ist gerecht. Rimpar hat über weite Strecken geführt. Wir hatten vier Minuten vor Schluss zwei Tore Vorsprung." Damit ist der Saisonstart trefflich zusammengefasst.
Wenig außer Handball in Ostwestfalen
Ostwestfalen ist Handball-Land. Neben den beiden Bundesligisten Minden und Lemgo sowie Zweitligist Nettelstedt-Lübbecke gibt es eine Vielzahl von Vereinen in unteren Klassen. Einheimische sagen: Gibt hier nichts außer Handball. Trotzdem ist das Sportpublikum nicht unkritisch. Zu spüren bekamen das die TuS-Spieler in der vergangenen Saison unter anderem nach ihrer 20:27-Niederlage gegen Rimpar, als sie von den eigenen Fans ausgebuht wurden. Dass die Mannschaft am Ende der Saison nur auf dem siebten Platz statt wieder in der ersten Liga landete - würde das Zuschauer kosten?
Umkämpft in der Abwehr
Trotz sommerlicher Temperaturen kamen knapp 1200 in die Halle. Sie sahen von Beginn an eine vor allem in den Abwehrreihen umkämpfte Partie. Die Gastgeber, die auf ihren verletzten Lemgoer Neuzugang Dominik Ebber verzichten mussten, standen defensiv an der Sechs-Meter-Linie und stellten ihren Konkurrenten ihre Körpergröße in den Weg. Die Gäste agierten aus ihrer 6:0-Deckung offensiver und agiler gegen die Mannen um den umtriebigen neuen TuS-Regisseur Roman Becvar. Sie hatten dabei sowohl den tschechischen Nationalspieler und dessen Nebenleute gut im Griff. Nach 18 Minuten hieß es 7:7. "Beide Mannschaften waren gut aufeinander eingestellt und haben sich vieles weggenommen", sagte Klatt später. Und meinte damit vor allem das Tempospiel. Fünf Tore über die erste oder zweite Welle gelangen seinem Team insgesamt.
Drei-Tore-Führung zur Pause für Rimpar
Mit einem Konter davon leitete Rimpars Rechtsaußen Julian Sauer einen 3:0-Lauf für seine Farben ein. Benedikt Brielmeier und Patrick Schmidt mit Wucht aus dem Rückraum brachten die Wölfe mit 10:7 in Führung (24.). Und die Hausherren sichtlich aus dem Konzept. Obwohl die Gäste in der ersten Halbzeit fünf, die Gastgeber nur zwei Zeitstrafen kassierten, lag die DJK zur Pause mit 13:10 vorn.
Adrenalin verdrängt Erschöpfung
Nur zehn Tore auswärts gegen den Ex-Erstligisten in 30 Minuten, nur 23 nach 60 - das spricht für sich. "Es war heute sehr anstrengend in der Abwehr", gestand Philipp Meyer hinterher, der im Innenblock mit Michael Schulz und Patrick Gempp gerackert hatte. "Aber die Vorfreude hat es wettgemacht. Wir waren alle heiß auf die Partie. Da kommt man erst in der Pause zum Durchatmen und merkt, wie k.o. man ist. Aber wenn man dann in der zweiten Halbzeit spürt, dass man hier Punkte mitnehmen kann, geht die Erschöpfung weg, und das Adrenalin kommt."
Gegentore über die linke Seite
Klatt, der in Halbzeit eins nur auf zwei Positionen gewechselt hatte, tauschte nach dem Wiederanpfiff nach und nach sein Personal aus. Nach knapp 40 Minuten stand kurzzeitig eine komplett andere Sechs auf dem Feld als zu Beginn - bevor die Rückwechsel begannen. Bis zur 47. Minute behauptete Rimpar einen knappen Vorsprung (17:18), dann drehte Nettelstedt-Lübbecke den Spieß erstmals wieder um: 19:18. "Gerade auf der linken Abwehrseite haben wir da nicht mehr so gut verteidigt und zu einfache Tore kassiert", analysierte Klatt. Ein ums andere Mal traf Jo Gerrit Genz für den TuS. Der DJK-Coach nahm seine dritte Auszeit. Und seine Außenspieler Sauer und Dominik Schömig ließen zwei Treffer folgen.
Dramatische Schlussphase
Beim Stand von 21:21 brachen die letzten sieben Minuten einer dramatischen Schlussphase vor nun lautstarkem Heimpublikum an. Als die Hausherren zum 23:21 getroffen hatten (56.), brachte Klatt den siebten Feldspieler im Angriff. Zweimal kam der Ball zu Patrick Gempp am Kreis, zweimal überwand er TuS-Torwart Peter Tatai. "Ich war sehr froh, dass die reingegangen sind", sagte der 23-Jährige. "Überhaupt war ich froh, dass der Arzt mir während der Busfahrt das Go gegeben hat, dass ich spielen kann.“ Gempp laboriert seit der Vorbereitung an Schulterproblemen und war am Freitag noch im MRT.
Dabei blieb es am Ende. Und nach einem kurzen Moment des Zögerns feierten die Wölfe den Punkt, den sie dann doch mehr als gewonnenen verbuchten. "Vom Spielverlauf her hätten wir vielleicht noch einen mehr holen müssen", resümierte Kapitän Schmidt, "aber ich denke, wir können alle auch glücklich sein, dass wir den einen mitnehmen."
Am kommenden Sonntag steht das zweite von insgesamt drei Auswärtsspielen zum Auftakt an. Dann gastieren sie beim Aufsteiger HSG Krefeld.
Die Statistik des Spiels
Nettelstedt-Lübbecke: Tatai (1.-60.), Jepsen (n.e.) - Becvar 3, Genz 5/1, Walczak, Bechtloff, Gierak, Bagaric, Strosack 4, Mundus, Spohn 2, Schade 1, Orlowski, Speckmann 7.
Rimpar: Brustmann (1.-60.), Wieser (n.e.) - Schömig 3, Böhm, Karle 1, Gempp 2, Schmidt 2, Kaufmann 1, Siegler 2, Meyer, Schulz 3, Backs 1, Brielmeier 3, Herth 1/1, Sauer 4.
Spielfilm: 1:2 (6.), 3:2 (8.), 5:5 (15.), 7:10 (24.), 10:13 (Halbzeit), 12:13 (35.), 14:15 (44.), 18:18 (48.), 21:21 (53.), 23:21 (56.), 23:23 (Endstand).
Siebenmeter: 1/3 : 1:2.
Zeitstrafen: 5:5.
Schiedsrichter: Andreas Briese/Kim Von der Beeck (Köln).
Zuschauer: 1182.