Der Sonntagnachmittag im Allgäu stand für die Kickers ganz im Zeichen des gemeinsamen Erlebnisses. Nicht auf dem Trainingsplatz, sondern auf dem Wanderweg fand die zweite Einheit des Tages statt. Das Ziel: ein gemeinsamer Hütten-Nachmittag inklusive der TV-Übertragung des WM-Endspiels. Ab und an dürfen bei so einem Trainingslager auch einmal Urlaubsgefühle aufkommen, auch wenn es für die Würzburger Drittliga-Fußballer in Oberstaufen reichlich zu tun gibt. Das steht auch nach dem0:2 bei Bundesligist FC Augsburg auf der Anreise außer Frage.
Das vom harten Kern der Anhänger beider Klubs anlässlich der seit zehn Jahren bestehenden Fanfreundschaft so sehr gewünschte Spiel im Augsburger Rosenaustadion war auch einer der Gründe gewesen, warum das Trainingslager der Kickers heuer ungewohnt kurz ausfällt. Fünf Tag und gerade einmal vier Nächte bleiben Trainer Michael Schiele und das Team im Hotel von Ex-Nationalspieler und Champions-League-Sieger Karl-Heinz Riedle. Einen ursprünglich länger geplanten Aufenthalt hatten die Kickers verworfen, weil sie nicht extra für das Spiel gegen Augsburg einen Gutteil der Strecke nach Würzburg zurückfahren wollten.
Woran es noch hakt
Es war am Samstag aber denn auch ein wirklich stimmungsvoller Rahmen im altehrwürdigen Augsburger Stadion bei dem Freundschaftsspiel, das man in diesem Fall tatsächlich so nennen darf, auch wenn den Teams die Fanbeziehung doch ziemlich einerlei gewesen sein wird. Dass Erstligist Augsburg am Ende 2:0 siegte, lag zuvorderst an der individuellen Klasse, die die Gastgeber bei ruhenden Bällen durchschimmern ließen: Neuzugang Julian Schieber nach einer Freistoßflanke von Philipp Max erstaunlich freistehend per Kopf und Jonathan Schmid mit einem wuchtigen Freistoß unters Gebälk besorgten die Treffer. Dass die Kickers über weite Strecken der Partie den agileren Eindruck hinterließen und eine ganze Reihe an guten Torchancen hatten, dürfte indes auch am unterschiedlichen Vorbereitungsstand zwischen Erst- und Drittligist gelegen haben.
Trotzdem haben die letzten beiden Test-Niederlagen in Fürth (1:2) und Augsburg noch einmal deutliche Anhaltspunkte gegeben, woran es bei den Kickers hakt. Vier Gegentore nach ruhende Bällen waren für Trainer Schiele durchaus ein Alarmzeichen, am Defensivverhalten bei Ecken und Freistößen arbeiten zu müssen. Ein Problem freilich, das lösbar erscheint.
Warum der Kader zu dünn ist
Schwieriger scheint indes schon wieder die Situation auf dem Transfermarkt zu sein. Er sei zufrieden mit den bisherigen Neuzugängen, sagt Schiele. Was bleibt ihm auch übrig. Der Neue, der der Mannschaft nach dem Fortgang von Ex-Kapitän Sebastian Neumann Halt geben sollte, fehlte auch am ersten Trainingstag in Oberstaufen: Daniel Hägele wird ins Allgäu nachreisen. Der 29-Jährige Ex-Großaspacher wird zum Saisonstart in Osnabrück, so viel steht fest, nicht wirklich fit sein. Weil mit Mittelfeldmann Enes Küc noch ein weiterer Neuzugang mit einem Syndesmoseband-Abriss ausfällt, zeigt sich schnell: Allzu viele Ausfälle kann dieses Team nicht verkraften. „Der Kader ist noch zu dünn“, sagt Schiele denn auch unmissverständlich. Die Personalplanungen seien noch nicht abgeschlossen. Ein klares Statement des Trainers, der offensichtlich zur Erkenntnis gekommen ist, dass mit dem derzeitigen Team eine lange Drittliga-Saison kaum durchzustehen ist. Vor allem für den Sturm suchen die Kickers bekanntlich noch, aber auch einen Mittelfeldspieler würde Schiele nehmen. „Vielleicht verschieben wir intern ja auch noch etwas.“
Einer, der sich in der Vorbereitung mit guten Leistungen für die Rolle als Neumann-Nachfolger in der Abwehrkette förmlich aufgedrängt hat, ist der Ex-Chemnitzer Janik Bachmann. „In der Mitte macht es derzeit am meisten Spaß“, sagt der 22-Jährige, der auch eine Rolle im defensiven Mittelfeld ausfüllen könnte. Dort machte in Augsburg Florian Kohls in der ersten Hälfte sein vielleicht bestes Spiel nach seiner langen Verletzungspause.
Schiele wird in Oberstaufen, jenem Ort, der durch die Schrothkur – einer sehr speziellen Form des Heilfastens – bekannt geworden ist, an seinem Aufstellungspuzzle werkeln, und er will die Kapitänsfrage regeln. Am Samstag trug Orhan Ademi die Binde. Der Stürmer könnte einen Schub für das Selbstertrauen gewiss gebauchen, schließlich ist dem mit zwölf Toren in der vergangenen Saison erfolgreichsten Würzburger in der Vorbereitung bislang noch kein Treffer gelungen.