
Es brauchte eine ganze Portion Glück. Aber jetzt ist Michael Hochrein wirklich Würzburgs neuer Hallenkönig. Im Neunmeterschießen gegen die im Turnierverlauf streckenweise famos aufspielende zweite Mannschaft des FC Würzburger Kickers hat sich der TSV Lengfeld den Sieg bei der 35. Würzburger Stadtmeisterschaft gesichert. Zehn Jahre nach seinem ersten Erfolg beim Traditionsturnier – damals noch mit dem Würzburger FV – gewann Lengfelds Coach Hochrein den Titel zum fünften Mal. Er überflügelte damit auch seinen Kollegen Jürgen Blank, der diesmal mit dem SV Heidingsfeld in der Zwischenrunde ausgeschieden war. Blank hat – zumindest als Trainer – viermal die Stadtmeisterschaft gewonnen. Hinzu kommt bei ihm allerdings noch ein Titel als Spieler.
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Alles Spielerei! Die dürfte Hochrein nach dem Sieg am Sonntagabend herzlich egal gewesen sein. Dieser Erfolg mit dem TSV Lengfeld war wertvoll für ihn, das betonte er. Wertvoll auch im Vergleich mit den anderen vier Erfolgen. „Das war sicherlich mein überraschendster Sieg hier“, sagte er: „Die Mannschaft hat sich hier klasse präsentiert und das, obwohl noch eine ganze Reihe wichtiger Spieler gefehlt haben.
Die anderen Stadtmeistertitel habe ich ja mit dem Würzburger FV gewonnen. Da erwartet man irgendwie, dass man gewinnt.“
Ungeschickter Modus
Genau so waren die Erwartungen an den WFV auch in diesem Jahr gewesen. Denn während die Kickers ihr Landesliga-Team mit fünf U-19-Akteuren ergänzt hatten, waren die Zellerauer, wie von Trainer Marc Reitmaier angekündigt, mit dem „bestmöglichen Team“ in die Halle gekommen. Nach dem Zwischenrunden-Aus wollte Reitmaier dann auch gar nicht erst klagen, über den – nennen wir es mal – ungeschickten Modus. Weil die Zwischenrunden-Gruppen frei ausgelost wurden, trafen mit dem WFV, den Kickers, dem TSV Lengfeld und dem SV Heidingsfeld die vier höchstrangigen Klubs der Stadt aufeinander. „Ich habe mich auf die Herausforderung gefreut“, sagte Reitmaier. Seine Mannschaft machte nicht unbedingt diesen Eindruck.
Straftraining für WFV
„Das Abschneiden war enttäuschend“, redete Reitmaier gar nicht erst um den heißen Brei herum. Eigentlich hatten sie sich beim WFV versprochen, bei diesem Turnier frisches Selbstvertrauen zu sammeln. Nun setzte es im entscheidenden Spiel um den Halbfinaleinzug eine schmerzhafte 1:3-Niederlage gegen die mit vielen Nachwuchsakteuren angetretenen Kickers, die auch Reitmaier nicht so einfach abhaken wollte. „Das war natürlich ein prestigeträchtiges Spiel vor vielen Zuschauern in einer vollen Halle. Dass so eine Niederlage weh tut, ist klar.“ Insgesamt schmeckte Reitmaier das Auftreten seines Teams überhaupt nicht. Die Konsequenz: Eine zusätzliche Trainingseinheit am kommenden Samstag, man könnte es auch Straftraining nennen. Damit aber nicht genug des Ärgers für Reitmaier: „Noch schmerzhafter als das Abschneiden ist die Verletzung von Wojtek Doszcz.“ Der Offensivmann zog sich im letzten Turnierspiel um Platz fünf eine Muskelverletzung – womöglich gar einen Muskelfaserriss zu.
Junge Kickers tanzen durch Spiele
Während sie an der Mainaustraße also reichlich Grund zum Klagen haben, herrschte am Dallenberg trotz des verlorenen Endspiels Siegerstimmung. Schon alleine der Erfolg im Vergleich mit dem großen Rivalen WFV versetzte die lautstarken Kickers-Anhänger in Verzückung. Überhaupt war es erstaunlich, mit welcher Leichtigkeit das junge Team durch die meisten Spiele tanzte. Dabei fehlte Trainer Claudiu Bozesan. Der Coach der U-23-Mannschaft der Rothosen war erkrankt. Sein Assistent Sergey Zimin übernahm seine Rolle, sprach sich nach den Partien aber immer wieder telefonisch mit Bozesan ab. „Claudiu und ich sind richtig stolz auf das Team“, sagte er hernach: „Das einzig Traurige ist, dass wir nach einem solch guten Auftritt über zwei Tage hinweg am Ende im Neunmeterschießen scheitern. Aber wenn man überlegt, dass das für viele Spieler der erste Auftritt in einer solchen Atmosphäre war, dann war das einfach super.“
Am Schluss gab ein Hauch Routine den Ausschlag für die Lengfelder. Die hatten zwar auch ein deutlich verjüngtes Team ins Rennen geschickt. Im Tor aber stand ein Mann, der weiß, wie man die Stadtmeisterschaft gewinnt. Dreimal hatte Torhüter Roman Kölbl den Stadtmeisterpokal bereits in den Händen gehalten. Am Sonntag klappte es mit dem vierten Triumph. Auch und gerade weil Kölbl im richtigen Moment zur Stelle war. Am Ende eines ausgeglichenen, abwechslungsreichen und guten Endspiels hatte er in beinahe letzter Sekunde mit zwei Klasseparaden einen Kickers-Sieg in der Verlängerung verhindert. Im finalen Neunmeterschießen parierte er dann gegen die Rothosen-Akteure Moritz Lotzen und Stefan Wasser und wurde zum Lengfelder Helden des Tages.
Es war das furiose Ende eines Turniers, das am Samstag vom schlechten Benehmen der Fans überschattet war. Für die sogenannten Großen hat die Stadtmeisterschaft an Reiz verloren. Den Eindruck, dass das Spielniveau deswegen insgesamt gesunken ist, mag Frank Faulhaber, Trainer des Viertplatzierten Post SV Sieboldshöhe, nicht teilen. „In der Spitze vielleicht schon“, sagt er: „Aber das Niveau in der Breite ist eher besser geworden.
Es gibt jetzt keine Mannschaften mehr, die man im Vorbeigehen schlägt oder die in jedem Spiel förmlich untergehen. Es wäre doch schlecht für dieses Turnier, wenn es nur den WFV und die Kickers geben würde.“
Kreisligist Versbach überrascht
Eine richtige Überraschungsmannschaft gibt es bei jedem Turnier. Heuer war das Kreisligist SB Versbach, der auf Platz drei landete. Spielertrainer Okan Delihasan hatte dieser Tage bereits seinen Abschied zum Saisonende angekündigt. Sein Team scheint das zusätzlich motiviert zu haben. „Einfach Weltklasse“, sagte er über den Auftritt seiner Schützlinge, um kurz darauf auf der Tribüne im Kreis der Versbacher Zuschauer ein Lied anzustimmen: „Die Nummer drei der Stadt sind wir“, sangen Spieler und Fans zusammen. Auch bei 35. Auflage der Stadtmeisterschaft gab es diese Momente, die dieses Traditionsturnier zu einer besonderen Hallenfußball-Veranstaltung machen.
Die beiden stärksten Mannschaften waren im Finale. Dem Ausrichter GSV ein Lob.