Seit das Corona-Virus die Welt und damit auch den Fußball fest im Griff hat, ist ja sowiso nichts mehr, wie es einmal war. Auch die Pressekonferenzen nach den Spielen in den Profiligen nicht. Die finden inzwischen immer ohne die Journalisten als Publikum statt, Fragen können schriftlich eingereicht werden, was die ins Internet übertragenen Veranstaltungen nicht unbedingt spannender gemacht hat. Aber das ist in Zeiten wie diesen nun wirklich kein echtes Problem.
Umso bemerkenswerter war das, was sich nach dem 0:2 (0:0) der Würzburger Kickers beim ritualisierten Trainertreff zutrug. Anders als bei diesen Veranstaltungen gewohnt, wurden zwischen Darmstadts Markus Anfang und Kickers-Coach Bernhard Trares nicht bloß Freundlichkeiten ausgetauscht. Der Würzburger Trainer wollte sich das, was sein Kollege da sagte, nicht einfach so anhören. Trares fiel Anfang ins Wort. Der hatte nach dem sehr mühsamen von Tobias Kempe (55.) und Felix Platte (90.+3) heraus geschossenen Sieg gesagt: "Wir haben in dieser Saison oft gegen tief stehende Gegner gespielt. Da ist es egal, was für ein Personal beim Gegner ist." Schon da dürfte es in Trares gebrodelt haben. Anfang redete weiter: "Auf der anderen Seite waren auch heute Zweitliga-Spieler. Das wird mir alles zu flach gemacht." Das war der Moment als es aus Trares herausbrach: "Also, ich bitte dann schon fair zu sein! Uns haben neun Stammspieler gefehlt! Sorry!" Trares kochte, Anfang blieb ruhig. Er wolle den Gegner nicht schwächer machen "als er ist. Das wollte ich damit sagen und nichts anderes."
Mit dem ungewöhnlichen Disput ist schon viel erzählt über ein außergewöhnliches Spiel, in dem die Gäste sich vom Start weg als Verlierer sahen. Vielleicht noch nicht gleich auf dem Rasen, da wehrten sich die Rothosen nach Kräften und hatten durch Ridge Munsy gar die große Chance zum 1:0 (7.). Wer weiß wie die Partie geendet hätte, hätte er freistehend den Ball an Darmstadts Torhüter Markus Schuhen vorbei gebracht.
Dass aber überhaupt angepfiffen wurde an diesem Samstag im Dezember, erzürnte die Kickers. Als Protest gegen die Ansetzung hatten die Würzburger auf den Plätzen der Reservisten die Trikots des gesperrten Ewerton und der verletzten Douglas und Keanu Staude aufgehängt. Jener Spieler also, die nach der Spielordnung als "zur Verfügung sehend" galten, in Wahrheit aber gar nicht einsatzfähig waren. Die Kickers hatten eine Verlegung beantragt, weil nach wie vor zehn Spieler wegen eines Corona-Falls im Betreuerstab in Quarantäne sind - ohne Erfolg.
Dass Trares kurz vor Schluss auch noch tatsächlich Torhüter Eric Verstappen als Stürmer aufs Feld schickte, mag auch den Grund gehabt haben, mit einem großen Mann in der Schlussphase noch einmal für Verwirrung in der gegnerischen Abwehr zu sorgen. So begründete Trainer hernach die Einwechslung. Verstappens Einsatz war aber auch ein Zeichen dafür, dass die Kickers dieses Spiel für eine Farce hielten.
Dabei hatte die Würzburger Not-Elf ihre Sache gar nicht einmal schlecht gemacht. "Ich bin wirklich stolz", sagte Trares hernach mit Pathos in der Stimme. Geschenkt hatte Darmstadt die drei Zähler nämlich weiß Gott nicht bekommen. Auch das mag SV-98-Trainer Anfang gemeint haben. Die Kickers spielten nicht schlechter als in den fünf vorangegangenen Auswärtspartien. Auf den ersten Zähler in der Fremde müssen sie aber weiter warten.
Sie hat dem Gegner wertvolle Sekunden gebracht.
Den Kickers hat sie wertvolle Sekunden gekostet...
...und das in der Nachspielzeit und nur mit einem Tor hinten.
Wenn Protest wichtiger als Punkte ist, dann hat er ja keinen Fehler gemacht.