
Als am Sonntag um 17.02 Uhr Schiedsrichter Florian Lechner aus Hornstorf in Schleswig-Holstein in der Würzburger Flyeralarm Arena in seine Pfeife blies, lief in Unterfranken das erste Mal seit 8. März wieder ein Fußballspiel. Doch die Premieren-Partie nach der 84-tägigen Corona-Pause war in vielerlei Hinsicht eine ungewöhnliche. Und das nicht nur, weil die sich gegenüberstehenden Teams vom FC Carl Zeiss Jena und dem Chemnitzer FC wenig begeistert über die Ansetzung der Begegnung in Nordbayern gewesen waren und unterfränkische Akteure an diesem sonnigen Abend nur eine Nebenrolle spielten. Der Grund der Ansetzung des Spiels in Würzburg war ein Politikum gewesen: Weil in Thüringen seitens der Landesregierung derzeit noch keine Sportveranstaltungen zugelassen sind, hatte der Deutsche Fußball-Bund das Ostduell, das Chemnitz am Ende mit 1:0 gewann, kurzerhand an den Main verlegt.
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Zu den Kuriositäten gehörte es auch, dass es sich bei der Drittliga-Partie um ein sogenanntes "Geisterspiel" handelte. Also um eine Partie ohne Zuschauer, was eine Weiterverbreitung des Coronavirus verhindern soll. Die Gegengerade der Flyeralarm Arena war deshalb ebenso leer wie Fanblocks hinter den Toren. Auf der Haupttribüne verloren sich ein paar Dutzendes Menschen mit Mundschutz: Funktionsträger der beteiligten Vereine, Journalisten, Sanitäter.
Auch rund um das Stadion war so ziemlich alles anders als bei einem normalen Drittliga-Spiel in Würzburg. Der Biergarten am Zollhaus, wo sich sonst Fans vor Spielen auf ein Bier oder mehr treffen, war zwar gut besucht, doch gut eine Stunde vor Anpfiff tummelten sich dort zahlreiche Familien, aber kein einziger Fußballanhänger. An der Haltestelle am Dallenberg, wo sonst Straßenbahnen Fans in großer Zahl förmlich ausspeien, herrschte gähnende Leere. Bahnen hielten nur im 20-Minuten-Takt an. Und wenn mal eine kam, stiegen zwei oder drei Menschen aus. Auch der bei Heimspielen sonst so proppenvolle Parkplatz am Dallenberg war, abgesehen von zwei Teambussen aus Jena und ein paar vereinzelten Autos, eine leere Fläche. Geisterstunde am Sonntagnachmittag.
30 Bälle aus Thüringen
Obwohl der FC Carl Zeiss Jena als "Heimverein" wenig begeistert gewesen war von der Ansetzung in Mainfranken, waren die Thüringer dennoch froh über die Unterstützung, die sie hier erhielten: "Dank an die Würzburger, besonders Veranstaltungsleiter Bastian Rossmann", hatte Jenas Pressesprecher Andreas Trautmann die Vorbereitungen für die Begegnungen bereits zuvor kommentiert. Die Thüringer hatten 30 Bälle und Wechseltafeln mit nach Mainfranken gebracht, doch auch Würzburger waren an dem ersten Fußballspiel in Unterfranken beteiligt. Zum Beispiel als Securitypersonal und als Sanitäter.

Bereits zwei Tage vor dem Spiel hatten die Jenaer ihre eigenen LED-Banden in der Flyeralarm Arena aufgebaut. Die aufgestellten Werbemittel im fast leeren Stadion hielten dann die wenigen Anwesenden dazu an, die Dienste des Jenaer Kieferchirurgen Dr. Knut Wege in Anspruch zu nehmen oder Produkte der Firma "Thüfleiwa" zu konsumieren, die im benachbarten Bundesland Fleisch- und Wurstwaren herstellt.
Verkrampfte Angelegenheit
Die sportliche Auseinandersetzung war nicht unbedingt eine kurzweilige Angelegenheit, was sich sicher nicht allein durch die lange Sportpause erklären lässt, die Corona den Kontrahenten aufgezwungen hatte. Auch der Umstand, dass beide Teams gegen den Abstieg kämpfen, dürfte dazu beigetragen haben, dass das Spiel eher eine verkrampfte Angelegenheit war. Am Ende ging Schlusslicht Jena nach dem 0:1 leer aus, während sich Chemnitz durch den Dreier, den Erik Tallig in der 57. Minute mit einem sehenswerten Distanzschuss in die Maschen möglich gemacht hatte, etwas von den Abstiegsplätzen absetzte.
Nach dem Abpfiff war dann durch die Coronaregeln wieder vieles anders als sonst. Bei den Interviews, die die Coaches Rene Klingbeil (Jena) und Patrick Glöckner (Chemnitz) bei Magenta Sport, das die Partie zuvor übertragen hatte, gaben, kamen die Fragen per Bildschirm. Bei den Interviews, die der Mitteldeutsche Rundfunk mit Siegtorschütze Tallig und Jenas Routinier Aytac Sulu führte, stand der Fragesteller in Corona-sicherem Abstand hinter einer Bande, mindestens drei Meter von den Sportlern entfernt. Das zeigt: Es ist eben bei weitem nicht alles normal, auch wenn wieder Fußball gespielt wird.
Am Dienstag Heimspiel der Kickers
Auch nicht dann, wenn am Dienstagabend um 19 Uhr der FC Würzburger Kickers den FC Magdeburg zum nächsten Drittliga-Geisterspiel empfängt. Dann allerdings wird der Anteil der Unterfranken, die an der Partie in der Flyeralarm Arena mitwirken, wieder etwas größer sein als beim Corona-Premierenspiel Jena gegen Chemnitz.