Schwer zu erreichen war der Jubilar – und das lag nicht nur an seinem 70. Geburtstag Mitte November. Der Unterfranke Wolfgang Münzel weilte in New York, wie so oft um diese Jahreszeit. Was er dort genau machte, dazu später mehr.
Will man etwas über Wolfgang Münzel erfahren, gibt es außer ihm selbst noch eine andere Anlaufstelle. Eine, die quasi eine eigene "Münzel-Enzyklopädie" erstellt hat: seinen Bruder Karl Münzel. Von den sportlichen Leistungen seines älteren Bruders fasziniert wurde er im Laufe der Zeit zum Chronisten, und das erst mal gegen den Willen des Protagonisten.
"Wolfgang wollte das am Anfang überhaupt nicht, dass ich die Artikel sammle", erinnert er sich an den Beginn und lacht. Den ersten Artikel hat er im Jahr 1977 aufgehoben, und seitdem kamen unzählige hinzu. "Aber das passt auch. Er ist einfach ein sehr bescheidener Mensch, der nie groß Aufhebens um sich selbst gemacht hat."
Auch als Basketballer talentiert, doch beim Laufen war Münzel erfolgreicher
Dass er eines Tages sowohl über Mittel- und Langdistanzen als auch im Berglauf überaus erfolgreich sein würde, war in Wolfgang Münzels jungen Jahren schon erkennbar. Karl erinnert sich: "Schon in der Schule ist er zum Beispiel beim Hochsprung unwahrscheinlich hoch gesprungen. Und mit Anfang, Mitte 20 war er als Center beim Basketball in Karlstadt aktiv. In einem Spiel hat er 47 Punkte erzielt, also auch da hatte er einiges an Talent."
Dass er sich letztendlich für den Laufsport entschied, hatte wohl auch mit seiner Statur zu tun: Bei 1,89 Metern Körpergröße brachte es das Sporttalent aus Erlenbach am Main (Lkr. Miltenberg) auf 65 Kilogramm, und war auf dem Platz gegen oft massigere Gegenspieler unterlegen.
So nahm seine Karriere sprichwörtlich ihren Lauf. Bereits beim ersten Berglauf zeigte sich sein Talent. Münzel, selbsternannter "Flachlandtiroler", ließ beim Lauf in Waldkirch im Breisgau durchaus prominente Konkurrenz hinter sich und stellte einen neuen Streckenrekord auf, an dem sich bis heute alle Teilnehmenden die Zähne ausbeißen.
Für den Berglauf begeisterte sich Wolfang Münzel anschließend intensiv: "Dieses Gefühl, wenn du dann oben stehst und nach unten auf den zurückgelegten Weg schaust, das ist einfach Wahnsinn!" Daneben trat er auch bei zahlreichen Marathonläufen an. Besonders angetan hatte es ihm dabei die Austragung in Singapur, wo er siebenmal am Start stand.
Bronze bei der Weltmeisterschaft in England war Münzels größter Erfolg
Die dort hohen Temperaturen, gepaart mit extrem hoher Luftfeuchtigkeit, seien außergewöhnliche Belastungen gewesen, die trotzdem sehr viel Spaß gemacht hätten. Oft verband er die Ausflüge rund um den Globus mit Urlauben, um Land und Leute kennenzulernen. "Das war eine fantastische Zeit als Leistungssportler", resümiert er freudestrahlend.
Nach seinem größten sportlichen Erfolg gefragt, muss der Topathlet einige Zeit nachdenken, nennt schließlich die Bronzemedaille bei der Weltmeisterschaft in England, wo er trotz einer langen, beschwerlichen Anreise per Auto und Fähre auftrumpfen konnte: ein Lauf wie ein Paradebeispiel für Münzels Karriere, der sich durch keine Hindernisse von seinen Zielen abbringen ließ.
Mit diesem Engagement hat er seinen Bruder nicht nur zum Sammeln von Artikeln, sondern auch selbst zum Laufen inspiriert. "Dafür bin ich ihm sehr dankbar, er war mir da wirklich ein Vorbild. Aber natürlich war er mit seiner Geschwindigkeit in einer anderen Liga unterwegs." Wenn Karl Münzel das sagt, schwingt kein Neid, sondern aufrichtige Anerkennung mit. Mit Marathonzeiten von 2:20 Stunden sei Wolfgang einfach sehr schnell gewesen, so Karl Münzel.
Es wären sogar noch schnellere Zeiten möglich gewesen, ist er überzeugt: "Für Wolfgang war der Marathon immer so ein bisschen eine Nebenbeschäftigung, hatte ich den Eindruck. Wenn er sich voll darauf vorbereitet und fokussiert hätte, wäre mit Sicherheit auch eine Zeit um die 2:12 Stunden drin gewesen." Doch die Zeitenjagd ist inzwischen vorbei. Heutzutage führt der Jubilar öfter mal die Hunde der Nachbarn aus und joggt mit ihnen durch die Nachbarschaft.
Umweltschutz ist dem passionierten Bergläufer Wolfgang Münzel wichtig
Daneben engagierte sich Wolfgang Münzel schon während seiner aktiven Karriere auch als Trainer und Funktionär. Fast drei Jahrzehnte lang stand er an der Spitze des Berglauf-Weltverbandes. In dieser Funktion reiste er quer um die Welt, um beispielsweise die Strecken für Weltmeisterschaften abzunehmen.
Wenn Münzel über das Erlebte spricht, redet ein Mann, der mit sich und seinem Leben im Reinen ist. Einen großes Anliegen ist ihm nach wie vor der Umweltschutz. Sein Bruder Karl ergänzt: "Wolfgang war das Thema schon wichtig, bevor es zum Trend wurde. Er war auch früher schon sehr rücksichtsvoll mit seiner Umwelt."
Bei Wettkämpfen ist Wolfgang Münzel heute nicht mehr als aktiver Läufer am Start. Stattdessen begleitet er seit mittlerweile fast drei Jahrzehnten andere Hobbyläufer im Rahmen von Laufreisen. Dies führte ihn in einer Gruppe von rund 300 Personen zuletzt wieder nach New York. Münzel coacht dort mit Harald Steffny, EM-Bronzemedaillen-Gewinner im Marathon, die Teilnehmenden.
Dabei tragen die beiden Routiniers ihre ganze Erfahrung weiter und geben ihnen wertvolle Tipps. Auch im nächsten Jahr will Wolfgang Münzel wieder als Betreuer dabei sein. Auch mit 70 Jahren ist für ihn also noch lange nicht Schluss.