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Kraftdreikampf
Powerlifting Würzburg: Warum Gewichtheben wie klassische Musik und Kraftdreikampf wie Heavy Metal ist
Kraftdreikampf ist dem Gewichtheben zwar ähnlich, aber nicht dasselbe. Der Vorstand von Powerlifting Würzburg stellt seinen Verein vor. Warum ihnen wohl ein Umzug bevorsteht.
Sind der Vorstand von Powerlifting Würzburg: Chris Neubauer (zweiter Vorsitzender), Daniel Härter (erster Vorsitzender), Verena Rehagel (dritte Vorsitzende) und Pascal Behrendt (Öffentlichkeitsarbeit).
Foto: Julien Becker | Sind der Vorstand von Powerlifting Würzburg: Chris Neubauer (zweiter Vorsitzender), Daniel Härter (erster Vorsitzender), Verena Rehagel (dritte Vorsitzende) und Pascal Behrendt (Öffentlichkeitsarbeit).
Jürgen Sterzbach
 |  aktualisiert: 22.03.2023 03:02 Uhr

Schweres Gerät steht in der von außen unscheinbaren Halle im Gewerbegebiet in der Äußeren Aumühle in Würzburg. Metall klirrt drinnen auf Metall. Training in der "Kathedrale". So nennen die Mitglieder des Vereins Powerlifting Würzburg ihre funktional eingerichtete Halle.

Mehr als zwei Tonnen Gewichte, mit denen 15 Stangen bestückt werden können, ergeben das nach eigener Aussage "stärkste Gym Würzburgs". Powerlifting heißt auf Deutsch Kraftdreikampf. Die Athletinnen und Athleten stemmen, drücken oder heben Gewichte. Gewichtheben also?

Gewichtheben und Kraftdreikampf sind ähnlich, aber nicht das gleiche

"Es sind viele Gemeinsamkeiten, aber auch zentrale Unterschiede", erklärt Daniel Härter, der Vereinsvorsitzende, der ihn 2017 mit Cathrin Silberzahn gegründet hat. Gewichtheben sei von der Technik her anspruchsvoller, wohingegen es beim Powerlifting noch mehr auf die Kraft ankomme. "Gewichtheben ist eher wie klassische Musik und Kraftdreikampf wie Heavy Metal", vergleicht Härter.

Chris Neubauer bei der Kniebeuge: Er geht unter die Hantel, nimmt das Gewicht aus dem Ständer, macht eine Kniebeuge bis zum tiefsten Punkt und steht wieder auf.
Foto: Julien Becker | Chris Neubauer bei der Kniebeuge: Er geht unter die Hantel, nimmt das Gewicht aus dem Ständer, macht eine Kniebeuge bis zum tiefsten Punkt und steht wieder auf.

Im Kraftdreikampf messen sich die Sportlerinnen und Sportler in ihrer Gewichts- und Altersklasse in drei Disziplinen: Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben. Sie teilen sich dabei in die Varianten Classic oder Raw, wobei keine unterstützende Ausrüstung zulässig ist, und Equipped, wofür es eine offizielle Liste an zulässigen Hilfsmaterialen wie Gürtel, Bandagen oder Anzüge gibt, auf.

Raw oder Equipped, das zeigt sich auch beim Maximalgewicht: So bewegt Dominik Boras rund 260 Kilogramm ohne, Tony Reimringer rund 310 Kilogramm mit Unterstützung beim Kreuzheben. Beide halten damit einen Vereinsrekord.

Im Schnitt drei bis fünf Tage pro Woche trainieren die Athletinnen und Athleten in der Halle zwischen eineinhalb und drei Stunden. Auf die Ernährung achten sie nicht nur, um Gesundheit und Leistung zu unterstützen, sondern auch um ihre Gewichtsklasse nicht zu verlassen.

Topathleten bestreiten nur drei bis vier Wettkämpfe in einem Jahr

Idealerweise bewege man sich dabei am oberen Ende der zulässigen Spanne, sagt Verena Rehagel, die im vergangenen Jahr bei den Masters-Weltmeisterschaften in Kanada den zweiten Platz erreichte. "Je mehr Körpergewicht, desto mehr Kraft hat man", laute eine einfache Regel.

Wer mit Kraftdreikampf anfängt, benötige "ungefähr zehn Jahre, um sein Potenzial auszureizen", sagt Härter. Weil viele aber nicht so bald mit einer Kraftsportart starteten, würden viele "Ende 20, Mitte 30" ihren Höhepunkt erreichen. Wer neu sei, beginne nicht gleich mit 100 Kilo auf der Stange, sondern taste sich langsam an höhere Gewichte heran. "Der Körper passt sich dann mit an", sagt Rehagel.

Die Topathleten des Würzburger Vereins bestritten "drei bis vier Wettkämpfe pro Jahr", dazwischen sei das regelmäßige Training nicht darauf ausgelegt, neue Höchstwerte zu erzielen. "Es ist nicht wie beim Fußball, wo jedes Wochenende ein Spieltag stattfindet", vergleicht Chris Neubauer, der zweite Vorsitzende des Vereins. Und noch ein Unterschied: Schwere Verletzungen kämen "eher selten" vor, gute Technik könne Verschleiß vorbeugen.

Seit Juli 2020 ist die Halle in der Äußeren Aumühle das Zuhause der Würzburger Kraftdreikämpfer. In Eigenleistung haben sie den Boden ausgebaut – eine Treppe führt unters Dach, wo Billy-Regale, Kisten und eine gemütliche Sitzgruppe stehen.

Verein wächst durch neue Mitglieder und will noch einmal umziehen

"Wir haben lange nach passenden Räumen gesucht, die wir uns als junger Verein auch leisten konnten, als wir damals noch weniger Mitglieder hatten", sagt Rehagel. Die 42-Jährige aus Veitshöchheim ist derzeit als dritte Vorsitzende aktiv. "Wir wollen den Sport in Würzburg voranbringen", erklärt Härter ein Motiv, einen eigenen Verein zu gründen. Mitglied in einem Verein zu sein, ist zudem notwendig, um an Wettkämpfen teilzunehmen.

Pascal Behrendt beim Bankdrücken: Er senkt die Hantel bis auf die Brust und drückt das Gewicht nach oben, bis die Arme gestreckt in der Ausgansposition sind.
Foto: Julien Becker | Pascal Behrendt beim Bankdrücken: Er senkt die Hantel bis auf die Brust und drückt das Gewicht nach oben, bis die Arme gestreckt in der Ausgansposition sind.

Anfang 2021 kamen die Kraftraumfreunde Würzburg dazu. Die Mitgliederzahl wuchs inzwischen auf über 60. "Was wohl auch daran liegt, dass wir uns deutschlandweit einen guten Namen gemacht, Wettkämpfe ausrichten und erfolgreiche Athletinnen und Athleten im Verein haben", sagt Rehagel. In Rottendorf richtete der Verein 2022 die deutschen Meisterschaften für Jugend und Junioren aus.

Deswegen sind die Kraftdreikämpfer auch schon wieder auf der Suche nach einer neuen größeren Halle. Die in der Aumühle ist ihnen zu klein geworden – eine neue "Kathedrale" muss her, 300 bis 500 Quadratmeter sollen es schon sein.

Drei von sechs deutschen World-Games-Startern kamen aus Würzburg

Erfolge sind das eine, Gemeinschaft das andere, worauf die Vorstandsmitglieder stolz sind: "Jeder kann irgendwas, und es packen immer alle mit an. Es ist uns sehr wichtig, dass sich jeder einbringt, sodass es nicht immer die selben sind, an denen alles hängen bleibt", sagt Rehagel.

Verena Rehagel beim Kreuzheben: Sie hebt das Gewicht, bis sie aufrecht steht, und wartet dann auf das Zeichen des Kampfrichters, es wieder ablegen zu können.
Foto: Julien Becker | Verena Rehagel beim Kreuzheben: Sie hebt das Gewicht, bis sie aufrecht steht, und wartet dann auf das Zeichen des Kampfrichters, es wieder ablegen zu können.

"Wir trainieren zusammen, unterstützen uns gegenseitig als Team, obwohl wir Einzelsportler sind. Wem das gefällt, für den ist es einfach, hier zu bleiben und mitmachen zu wollen." Ein Fitnesstudio empfindet sie dagegen als "zu anonym, keiner interessiert sich für die anderen, jeder macht für sich sein eigenes Ding."

Ob sie ihren Verein im deutschlandweiten Vergleich vorne dabei sehen? Da halten sich die Würzburger zurück, verweisen aber auf die Bundesliga-Runde, die sie im vergangenen Jahr als Zweite beendeten. "Wir stehen schon ganz gut da", sagt Rehagel vorsichtig. Mehr als gut: Mit Lisa Schlagbauer, Cathrin Silberzahn und Valérie von Gleichen kamen drei von sechs deutschen Teilnehmenden an den World Games in den USA aus Würzburg.

 
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